Der heilige Bürokratius. Anno Dazumal

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Der heilige Bürokratius - Anno Dazumal

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ein bißchen was für ihr viel zu hohes Gehalt zu tun. Während also Ulrike mit einem Tuch den Staub von den Computern wischte, jammerte Bertram: „Einmal nur möchte ich Chef sein.“ „Na ja, solltest Du Deine Alte tatsächlich losbringen, dann bist Du es wenigstens zuhause“, tröstete ihn Gerhard. „Schon. Aber so ein Betthäschen hätte ich auch gerne.“ „Mach halt beim nächsten Gespräch mit dem Chef den Vorschlag, daß wir auch was zum Naschen kriegen!“ „Du redest Dich leicht. Der lacht mich aus und zwingt mich am Ende noch zum Arbeiten.“ „Oh nein! Das wäre ja fürchterlich! Lassen wir das lieber bleiben. Mensch Ulrike, muß das denn sein? Du wirbelst ja den ganzen Staub auf!“ „Tut mir leid, aber irgendwann muß es halt sein. Wißt Ihr eigentlich, warum wir diese Computer hier stehen haben?“ „Keine Ahnung. Der Chef hat mal gesagt, die sollten uns die Arbeit erleichtern“ antwortete Bertram. „So ein Quatsch. Das können die gar nicht, weil wir überhaupt nicht arbeiten“, stellte Gerhard klar. Inzwischen hörte man aus dem Zimmer des Chefs heftiges Stöhnen. „Hört nur! Sie sind wieder beim Diktat. Meine Güte, die Tussi kann sich wohl überhaupt nicht an die neue Rechtschreibung gewöhnen“, vermutete Ulrike. Ein wenig verdutzt wurde sie von ihren männlichen Kollegen angestarrt. „Sag mal, bist Du etwa eine verkappte Blondine, oder was?“ wunderte sich Bertram. „Nein, wieso?“ „Du glaubst doch selber nicht, daß der ihr da drin was diktiert. Na gut, höchstens wie er es gern hätte.“ „Das kannst Du vergessen. Der bringt doch gar keinen mehr hoch.“ „Braucht er auch nicht. Das geht auch anders.“ „Meinst Du?“ forschte Gerhard und begab sich dann ans Schlüsselloch, um Näheres herauszufinden. „Und? Was siehst Du?“ fragte Bertram. „Nichts. Alles dunkel.“ „Trottel. Die haben wahrscheinlich den Schlüssel stecken.“ „So eine Schweinerei. Das sollte man doch gleich melden.“ „Vergiß es. Seit die Fünf an der Macht sind, ist alles anders. Da können sogar alte Säcke wieder stehen.“ „Ja, seit wir in einem richtigen Bürokratenstaat leben, hat sich Einiges getan“, stellte Ulrike fest.

      Die Fünf, das waren die neuen Machthaber in Deutschland. Vier Männer und eine Frau. Sie hatten das Parlament aufgelöst, die Justiz gleichgeschaltet und somit eigentlich alles unter Kontrolle. Das war nicht weiter schwer gewesen, da auch die Politiker, die es früher gegeben hatte, im Grunde nichts Anderes als Bürokraten gewesen waren, so daß der Machtwechsel ziemlich problemlos funktioniert hatte. Günther Tecker, Heinz Kurz, Erich Schaukle, Rüdiger Zwink und Judith Elesser waren die fünf obersten vom Volk gewählten Bürokraten und konnten so oft sie wollten neue Gesetze verordnen, die dann von Millionen Bürokraten in die Wirklichkeit umgesetzt wurden. Doch bevor sie das machten, hielt Erich Schaukle eine kleine Rede: „Meine lieben Freunde! Endlich ist Deutschland ein Staat, der nun vollkommen von uns Bürokraten beherrscht wird. Wir sind mit unserer Bewegung am Ziel angelangt und werden von nun an den Menschen in unserem Land das Leben mit Gesetzen und unsinnigen Verordnungen zur Hölle machen. Damit wir das in aller Ruhe tun können, haben wir über fünf Millionen Polizisten, Grenzschützer und Soldaten, sowie einige Spezialeinheiten zur Verfügung, die uns den Mob vom Leib halten werden. Als Erstes schlage ich vor, wir sollten Deutschland in Bürokratien umbenennen. Jeder von uns hat zwei Privatsekretärinnen rund um die Uhr zur freien Verfügung, wobei wir alle im Umgang mit denen ein bißchen vorsichtig sein sollten.“ Im Anschluß an jene Worte teilte er Packungen mit Kondomen aus. „Gut, das wäre es eigentlich erst einmal von meiner Seite. Ich wünsche uns allen eine schöne Zeit an der Spitze Deutschlands und vergeßt nicht: Jeder Tag ohne neue Schikane für die Bürger, ist ein verlorener Tag.“ Beifall kam auf und Schaukle verbeugte sich artig. „Also, das mit Bürokratien ist ja ein toller Vorschlag, aber wir sollten damit noch ein bißchen warten, bis alle Leute im Land kapiert haben, daß wir es ernst meinen“, schlug Zwink vor. „Rüdiger hat Recht. Das mit der Umbenennung hat noch Zeit. Wir sollten uns eher darüber unterhalten, wie wir mit unseren wohlhabenden Freunden aus der Wirtschaft umgehen. Die werden nämlich bestimmt das Land verlassen, wenn wir noch mehr Gesetze machen“, glaubte Kurz. „Das ist ein Problem. Ich hab’s! Wer mit seiner Firma Deutschland verläßt, dem entziehen wir die deutsche Staatsbürgerschaft!“ entschied Tecker. Damit waren sie alle einverstanden. Auch Elesser wollte sich zu Wort melden, jedoch wurde sie abrupt unterbrochen. „Judith, halten Sie den Mund! Seien Sie froh, daß wir Sie hier als Quotenfrau akzeptieren, aber erwarten Sie nicht, daß wir Ihnen das Rederecht erteilen“, meldete sich Schaukle zu Wort. „Und was ist mit der Meinungsfreiheit?“ wollte Elesser wissen. „Du bist genial. Jetzt weiß ich, was unsere erste Amtshandlung sein wird. Wir verbieten das Grundgesetz“, verkündete Zwink. „Das ist es. Und den Polizisten erteilen wir von heute an eine Schlagerlaubnis“, fiel Kurz ein. „Genau! Und den Soldaten erteilen wir den Schießbefehl!“ rief Tecker. So sprudelte es nur so heraus aus den fünf obersten vom Volk gewählten Bürokraten, was natürlich nur ein Titel war. Niemand hatte diese fünf Leute gewählt, aber so hörte es sich natürlich besser an. Sie hatten Deutschland auf verwaltungstechnischem Weg in ihre Gewalt gebracht und es war nicht zu erwarten, daß sie sich ihre Befehlsherrschaft je wieder nehmen lassen würden. In Deutschland hatte eine neue Epoche begonnen. Nämlich die Epoche der Bürodiktatoren. Millionen von Schreibtischtätern wurden darauf vorbereitet, das gesamte deutsche Volk zu unterdrücken. Das war nicht weiter schwer, denn das hatten sie schon gelernt, als Tausende von Politikern in der Scheindemokratie über die Deutschen entschieden hatten. Nun würde es aber noch viel schlimmer werden. Nachdem die Machtübernahme geglückt war, sollte so schnell wie möglich der zweite Teil des Vorhabens beginnen. Geplant war die totale Niederwerfung aller Deutschen unter den Kugelschreiber, der fortan drohend über ihren Köpfen schweben sollte. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Nun würden zweifellos die schlechten beginnen, doch davon ahnten nur wenige Deutsche etwas. Ruhe vor dem Sturm.

      „Guten Tag. Ich hätte gerne eine Auskunft“, teilte eine ältere Frau mit, als sie das Büro eines Rathauses betrat. „Das macht fünf Euro“, ließ der Beamte hinter dem Schreibtisch verlauten. „Aber Sie wissen doch noch gar nicht, worum es geht.“ „Na und? Jede Auskunft muß in Zukunft bezahlt werden. So werden wir die Schulden abbauen.“ „Wenn das so ist, dann geh ich wieder.“ „Einen Augenblick.“ Der Beamte schaute auf seine Uhr. „Nach meiner Zeitrechnung haben Sie eine halbe Minute meiner kostbaren Arbeitszeit in Anspruch genommen. Das macht drei Euro, die sofort zahlbar sind.“ „Aber Sie haben mir ja nicht einmal eine Auskunft gegeben.“ „Das macht demnach acht Euro.“ „Wissen Sie was! Sie können mich mal!“ „Das würde Ihnen wohl so passen. Nein, da müssen Sie sich schon an einen Playboy wenden, am besten an einen blinden. Halt, das war ja eine Beamtenbeleidigung, das macht alles in allem 30 Euro und eine Anzeige.“ „Ich werde mich über Sie beschweren.“ Auf einmal war auf dem bisher mürrischen Gesicht des Beamten ein glückliches Lächeln zu sehen. „Eine hervorragende Idee. Ich habe doch gleich gewußt, daß Sie eine Frau mit Verstand sind. Wenn Sie mir bitte folgen wollen“, bat er sie und führte sie in das Büro seines Chefs. Bevor sie das betraten, läutete er mit einer großen Kuhglocke, weshalb auf einmal alle Beamten in der näheren Umgebung munter wurden. „Hat man denn hier nie seine Ruhe!“ schimpfte einer und steckte seinen Kopf dann wieder unter einen großen Papierhaufen. Wenig später befand sich die Frau im Büro des Chefs, um sich zu beschweren. „Ihr Mitarbeiter hier will mir nur eine Auskunft erteilen, wenn ich dafür bezahle“, erzählte sie. „Sehr richtig. Schließlich sind wir hier ein Dienstleistungsbetrieb. Da gehört sich das so. Gute Frau, wenn Sie wollen, können Sie dieses Rathaus hier auch mit einem Bordell vergleichen. Man bekommt nur was man will, wenn man zahlt“, erläuterte der Beschwerdeempfänger. „Ach so ist das. Trotzdem war das Verhalten Ihres Mitarbeiters äußerst unfreundlich. Immerhin gehe ich zu den Wahlen und zahle Steuern.“ „Das kann man ja auch von Ihnen verlangen. Dafür dürfen Sie ja in diesem tollen Land leben.“ „Ach so, wenn das so ist, dann muß ich mich ja entschuldigen.“ „Nein nein, gute Frau, Sie wollten sich über mich beschweren“, warf der Beamte ein. „Stimmt. Ich kann nicht dulden, wie mich dieser Mann behandelt hat“, entschied sie. „Gut, Ihre Beschwerde habe ich zur Kenntnis genommen und ich kann Ihnen versprechen, daß dieser Mann dafür zur Rechenschaft gezogen wird“, verkündete sein Chef. Der Beamte brachte die Frau wieder hinaus und bedankte sich dann bei ihr, was sie schon ein wenig verwunderte. „Hören Sie mal! Ich habe Sie soeben bei Ihrem Vorgesetzten angeschwärzt und Sie tun so, als ob man Ihnen damit einen Gefallen getan hätte“, stellte sie überrascht fest. „Ach,

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