Das Dunkel der Hölle. Orelinde Hays
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"Wie lieb von deiner Mum!", fand Carol. "Ich kann mir direkt vorstellen, wie schwer es ihr gefallen sein muss, sich nicht zu verraten."
"Allerdings!", lachte Brandon vor sich hin. "Sie amüsiert sich heute noch königlich, wenn sie sich daran erinnert. Und ihr werdet es nicht glauben: Die kleine Tonvase, die ich damals ausgegraben habe, die habe ich immer noch. War schließlich mein erster "archäologischer" Fund! Das Teil ist irgendwie so was wie mein Talisman geworden."
"Und dein Vater, was hat der dazu gesagt?", wollte Carol wissen.
Brandon zuckte mit den Schultern. "Meinen Vater habe ich leider nie kennen gelernt."
"Oh, tut mir leid, das wusste ich nicht!", entschuldigte sich Carol.
"Ach, macht doch nichts."
"Deine Mutter weiß aber schon, wer dein Vater ist?", hakte Nat nun nach.
"Jetzt lässt er wieder den Cop raushängen!", wies Carol ihren Mann zurecht und stupste ihn in die Seite. Nat schien die Stichelei gewöhnt zu sein.
"Doch, das weiß sie natürlich!", ging Brandon bereitwillig auf seine Frage ein. "Ganz genau sogar, hat sie gesagt, weil nur ein Einziger in Frage käme. Wie auch immer: Jedenfalls war sie keine, die mit vielen rumgemacht hat. Im Gegenteil, sie muss wegen mir ganz schöne Schwierigkeiten auf sich genommen haben, weil sie zu ihrer Schwangerschaft stand. Sie war damals gerade mal zwanzig, aber sie wollte mich unbedingt und ist dafür von ihren Eltern rausgeschmissen worden..."
Das machte Carol neugierig. "Und später, hat sie sich wieder mit ihren Eltern versöhnt?"
"Nein, ich habe sie leider nie kennen gelernt. Es gab immer nur Mum und mich. Na ja, und manchmal einen Freund, den sie hatte..."
"Lebt sie auch hier, in San Francisco?"
"Nein, sie ist nach Atlanta gezogen, konnte dort einen besseren Job bekommen..."
Es war noch etwas später geworden, sie hatten sich über alles Mögliche unterhalten. Brandon hatte sich wirklich wohl gefühlt bei Nats Familie, dachte lächelnd an die kleine Lucy, die ihm noch eine Gute-Nacht-Geschichte abgerungen hatte.
Als er an diesem Abend im Bett lag, hatte Brandon zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, an einem Ort zu Hause zu sein und richtige Freunde gefunden zu haben.
"Ach, der ist aber sooo süüüß!"
Die junge Dame am anderen Ende der Theke schien schon reichlich getankt zu haben und kicherte noch ausgelassener als ihre beiden Freundinnen. Diese ermahnten sie bereits: "Sarah! Sei ruhig, er guckt schon!"
Brandon hatte natürlich längst mitbekommen, dass sich das Gespräch der drei Ladies dort um ihn drehte und schmunzelte amüsiert. Er wartete im Skylab auf Nat, der sich zu verspäten schien.
Plötzlich stand besagte Sarah auf wackeligen Füßen neben ihm und zwei unternehmungslustige Augen funkelten ihn an: "Hi!"
"Hi", erwiderte er höflich, während er versuchte, nicht zu grinsen.
Schon kam ihre Frage: "Was macht denn ein so netter Mensch wie du ganz alleine hier an der Theke?"
"Ach, das ist einfach: Ich warte auf meinen Freund!", erklärte er ihr vertrauensvoll mit freundlicher Miene, worauf ihr prompt herausrutschte:
"Och, schade... Bist du schwul?"
Jetzt konnte er sich ein amüsiertes Grinsen aber doch nicht mehr verkneifen: "Nee... nur verabredet!"
Ihre Freundinnen hatten mittlerweile schon beschlossen, dieser "Romanze" ein Ende zu setzen.
"Sarah, jetzt komm! Du hast genug für heute!... Entschuldige, sie hat ihren Einstand etwas zu ausgiebig gefeiert!"
"Schon gut!", lächelte Brandon ihnen hinterher. "Hauptsache, ihr bringt sie heil nach Hause!"
Kurz bevor die Frauen die Kneipe verlassen hatten, war Nat hereingekommen.
"Hi, Lenny! Was waren das denn für drei Grazien?", fragte er neugierig nach.
Brandon erzählte ihm amüsiert, was passiert war.
Dass die Geschichte noch nicht zu Ende war, konnte er in diesem Augenblick nicht wissen. Und so betrat er am nächsten Morgen ahnungslos das Einführungsseminar für die Erstsemestler, das sie ihm mal wieder aufgebrummt hatten.
"Einen wunderschönen guten Morgen! Mein Name ist Dr. Brandon Lennard. Ich bin Ihr Dozent für den Fachbereich Archäologie und speziell für den südamerikanischen Kulturraum..."
Sein Blick ging durch die Runde und prompt entdeckte er ein bekanntes Gesicht. Freundlich nickte er Sarah zu und fuhr mit seiner Einführung fort.
Sie saß unten in der ersten Reihe des Hörsaals und war puterrot angelaufen. Am liebsten wäre Sarah Burns an diesem Morgen im Erdboden versunken. Da war der Typ, mit dem sie im Skylab geflirtet hatte, auch noch ausgerechnet ihr Dozent! Na, das fing ja gut an! Gott, war das peinlich!
Im Stillen amüsierte Brandon sich königlich. Doch er war einfach nicht der Typ, der jemanden vor versammelter Mannschaft durch den Kakao zog.
"Sag mal", wurde Sarah prompt von ihrer Banknachbarin angesprochen, "kennst du den Typen etwa? Und woher?"
Sarahs Gesicht hatte inzwischen wieder normale Farbe angenommen. "Ach, was heißt kennen... Der war gestern Abend in derselben Kneipe wie ich, daher kennt er mich."
"Ach, der ist süß, oder? Ich meine, so einen Dozenten kann man sich doch nur wünschen, habe ich Recht? Ich heiße übrigens Angie... Angie Chang!"
"Sarah Burns. Und du hast Recht. Ach", seufzte Sarah still vor sich hin, "der ist wirklich süß!"
Angie erkannte gleich die Lage. "Dich hat's ja richtig erwischt, was?"
"Hey!", zischte ihr Nachbar ärgerlich. "Seid mal ruhig, man kriegt ja gar nichts mit!"
So vertagten die beiden ihr Gespräch auf später.
Am nächsten Morgen lag ein Zettel in Brandons Postfach. Er war vom Direktor, der ihn um 15 Uhr zu einer Besprechung bat.
"Hi, Mrs. Marshall! Ist er da?"
Miles Farnhams Sekretärin begrüßte ihn: "Ja! Er erwartet Sie schon. Gehen Sie ruhig durch, Dr. Lennard!"
Er klopfte höflich, dann betrat er das Zimmer des Direktors. Dort saß bereits ein junger Mann. Brandon konnte sich direkt denken, wer es war.
"Dr.