Professor Dr. Ingo Quantenstein und das Geheimnis des silbernen Mondlichts. Ingrid Neufeld

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Professor Dr. Ingo Quantenstein und das Geheimnis des silbernen Mondlichts - Ingrid Neufeld

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      Da wurde unter dem Applaus der Menge etwas aus dem Krater gezogen, das einem Autositz ähnelte, aber aus einem völlig unbekannten Material war. Aus der Ferne sah Quantenstein nur, dass es glitzerte. Gerne hätte er gewusst, was das wohl war, aber er erkannte, dass er auf keinen Fall nahe genug herankommen könnte, um dieses „Ding“ richtig einordnen zu können. Deshalb wollte er schnellstens nach Hause und sich die Nachrichten im Fernsehen anschauen. Kein Zweifel, die Bergung des Teils war wichtig genug, um in den Abendnachrichten gesendet zu werden.

      Endlich hatte die Polizei dafür gesorgt, dass die Autos den Krater weiträumig umfahren konnten. Quantenstein hatte sich mühsam einen Weg durch die Menge zu seinem Auto gebahnt und fuhr so schnell er konnte nach Hause.

      Dort stellte er den Wagen in der Garage ab, kletterte hinaus, öffnete die hintere Tür, um wie jeden Abend seinen Aktenkoffer herauszuholen und erstarrte mitten in der Bewegung. Was,….was war das?! Prof. Dr. Ingo Quantenstein schaute wie hypnotisiert auf ein kleines, sich leicht hin und herbewegendes Etwas.

      Vorsichtig berührte er es und zuckte elektrisiert zurück. Es war tatsächlich ein lebendiges Wesen, genauer gesagt, es sah aus, wie ein Kind. Doch wie um alles in der Welt sollte ein Kind in seinen Wagen gekommen sein?

      Das Kind schlief. Es streckte sich im Schlaf und murmelte etwas vor sich hin. Ratlos betrachtete der Professor dieses Kind. Die Haut schimmerte blau und der Professor tippte sofort auf Unterkühlung. Quantenstein war kein Unmensch. Behutsam hob er das Kleine aus dem Auto und trug es vorsichtig in seine Wohnung.

      Dort legte er es auf das Sofa, deckte es gut zu und kochte inzwischen einen heißen Tee. Bestimmt braucht es etwas Warmes, wenn es aufwacht, dachte er mitleidig. Der Tee verbreitete einen Hauch von Zimt und Weihnachten. Da wurde das Kleine unruhig. Es gähnte und streckte sich und schlug die Augen auf. Ein solches Blau habe ich ja noch nie gesehen, durchfuhr es den Professor. Ein Blau, wie der tiefe, geheimnisvolle Grund eines klaren Bergsees und grüngesprenkelt, wie kleine Algengewächse.

      Verwundert schaute es sich um. Es gab ein paar unverständliche Laute von sich und der Professor überlegte, ob es sich um ein ausländisches Kind handelte.

      Vorsichtig fragte er:

      „Kannst du mich verstehen?“

      Fragend schaute ihn das Kind an. Es hatte halblanges, sehr helles fast durchscheinendes Haar, Sommersprossen und einen kleinen süßen Mund. Auf sehr eigenartige Weise war es hübsch, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne. Sie war im Gegenteil eher überirdisch schön. So eine aufregende, wunderschöne Erscheinung hatte der Professor noch nie gesehen. Nun ja, Quantenstein befasste sich mit Formeln, mit Mathematik, mit Zahlen, Kinder gehörten nicht gerade zu seinem täglichen Umgang. Trotzdem glaubte er, noch nie ein Kind gesehen zu haben, das so aussah. Auch seine eigenen Kinder sahen irgendwie anders aus. Auch wenn er das nicht so genau wusste, er hatte sie nämlich schon eine Zeitlang nicht mehr gesehen. Seit seine Frau sich von ihm getrennt hatte, sah er die Kinder nur sehr selten.

      Das Kleine antwortete nicht. Es kauerte sich stattdessen zusammen wie ein kleiner Igel und zitterte am ganzen Körper.

      Mitleidig betrachtete Quantenstein das kleine Ding. Bestimmt war ihm kalt. „Hier trink schon.“ Er hielt ihm die Tasse hin. Noch immer gab das Kleine keinen Laut von sich und machte auch keine Anstalten den Tee zu trinken.

      „Wer bist du?“ der Professor war sich jetzt ziemlich sicher. Das Kind konnte ihn nicht verstehen, es musste aus dem Ausland sein.

      Trotzdem versuchte er es noch einmal.

      „Wie heißt du?“

      Ganz langsam, jeden Buchstaben betonend setzte er hinzu: „W i e i s t

      d e i n N a m e?“

      Da setzte das Kind zu einer Antwort an, genauso langsam wie der Professor sagte es: „M e i n N a m e i s t A s t r o n i a.“

      Quantenstein seufzte erleichtert auf. Das war ja wenigstens etwas. Anscheinend verstand ihn das Kind ja doch.

      Immer noch sehr langsam formulierte er:

      „ W o w o h n s t d u?“

      Wie elektrisiert zuckte die Kleine zusammen. Gehörte dieser Mann auch zu den Menschen mit den Fotoapparaten, die sie verfolgt hatten?

      „I c h b i n n i c h t v o n h i e r.“ Astronia zuckte die Schultern und beobachtete den Professor misstrauisch.

      “Nicht von hier?”, da vergaß der Professor langsam zu reden.

      Doch Astronia schien ihn trotzdem zu verstehen.

      „Nein.“

      „Wie heißt du mit Nachnamen?“, wollte Quantenstein von ihr wissen.

      „Weiß nicht.“, war die kurze Antwort.

      Immerhin, das Kind sprach akzentfreies Deutsch. Das war ja schon mal was. Er konnte sich zumindest mit ihm verständigen.

      „Wie bist du in mein Auto gekommen?“ Der Professor sah die Kleine so streng an, wie er nur konnte. „Es gehört sich nicht in fremde Autos zu steigen.“

      „Oh“, entfuhr es Astronia verdutzt, „das wusste ich nicht.“

      „Das wusstest du nicht?“ So eine dumme Ausrede hatte Quantenstein nicht erwartet.

      „Gehört denn nicht alles allen?“, fragte das Mädchen.

      Der Professor lachte trocken.

      „Nein!“, antwortete er barsch. „Auch wenn du es vielleicht nicht glaubst, aber jeder hat das Recht, etwas nur für sich allein zu besitzen. Wo kämen wir denn sonst hin. Da würde es ja mit unserer Wirtschaft völlig den Bach runter gehen!“ Er hatte sich richtig in Rage geredet.

      Astronia schaute ihn verständnislos an.

      „Für sich allein? Du meinst, das Auto gehört nur dir?“

      Der Professor runzelte die Stirn. Dass Astronia ihn so ohne weiteres duzte, gefiel ihm auch nicht.

      „Ich habe den Eindruck, deine Erziehung lässt noch einiges zu wünschen übrig. Natürlich gehört das Auto nur mir. Außerdem verbitte ich mir, dass du mich duzt.“

      „Was verbittest du dir?“ Astronia setzte sich jetzt ganz auf und schaute den Professor mit ihren unergründlichen Augen an. Sie hatte inzwischen zu zittern aufgehört und nippte vorsichtig an dem Tee.

      Der Blick verwirrte den Professor und er stotterte herum:

      „Na ja, du sollst Sie zu mir sagen!“

      „Wann?“

      Quantenstein fühlte sich zum Narren gehalten. Wusste denn nicht jedes Kindergartenkind, dass man einen fremden Erwachsenen mit „Sie“ ansprechen sollte? Offensichtlich nicht, gab er sich selbst die Antwort.

      „Immer wenn du mich ansprichst.“

      „Gut.“, Astronia nickte ernsthaft. Dann meinte sie: „Hol Sie mir bitte was zu essen.“

      „Das heißt: Holen Sie mir“, verbesserte sie der Professor.

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