Für immer Shane ~2~. Simone Lilly
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Er nickte. „Danke, das habe ich vor.“
Die Glocke über der Tür bimmelte und kündigte neue Kundschaft an. Für einen Moment nahmen beide Männer Haltung an, um wichtig zu wirken, doch Malls‘ Erscheinen ließ sie sofort in sich einfallen.
„Mall, hallo.“, sagte Matthew und reichte ihr schüchtern die Hand.
Wann immer die beiden aufeinander trafen und Shane es sah musste er grinsen. Beide wollten etwas vom andern. Das konnte er sehen, das konnte sogar ein Blinder sehen.
Auch Mall begrüßte ihn und knickste sogar.
Peinlich.
„Shane, kommst du? Mom wartet mit dem Essen.“
„Ja. hier, die hab‘ ich für Britney, gefällt sie dir?“
Gespannt zog er eine gepolsterte Schatulle aus seiner Manteltasche, wischte kurz über den schmutzigen Tisch, ehe er sie darauf abstellte und öffnete sie behändig.
„Darf ich?“
„Bitte.“
„Die Kette ist wunderschön. Sie gefällt ihr bestimmt.“
Das hoffte er auch. Erleichtert atmete er tief ein und zwinkerte zu Matthew hinüber. Als wolle er sagen: Kauf‘ auch soetwas für meine Schwester.
Einhundert Euro hatte er für die relativ schlichte Kette ausgegeben. Von seinem hart erspartem Geld. Mit leeren Händen aufkreuzen wollte er aber auch nicht. Das Band sowie auch der Anhänger waren silbern, der Anhänger bildete ein kleines Hufeisen, was um ein ebenfalls silbernes Herz geschlungen war. „Glück in der Liebe“ sollte es heißen. Die Kette ließ sich trennen. Man konnte Hufeisen und Herz separat tragen. Ein Anhänger für jede Person. „Ich liebe dich“ stand auf dem Herz und „Für immer“ auf dem Hufeisen. Das perfekte Geschenk.
„Süß“, säuselte Mall und warf einen verstohlenen Blick zu Matthew hinüber, legte die Kette vorsichtig in ihre Verpackung zurück und verließ mit Shane zusammen den Laden.
„Er ist zu alt für dich.“, stichelte Shane und putzte sich die gefrorene Nase. „Viel zu alt.“
„Quatsch. Er ist doch nur sechs Jahre älter.“
„Eben.“
„Du bist auch zu alt für Britney. Schon achtzehn.“
„Na und?“
Beide lachten. Beide bogen in die „ ST. Mantans‘ Road“ ein und beide saßen wenig später am reichlich gedeckten Tisch. Es gab Truthahn. Britney feierte Thanksgiving, das wusste Shane. Wann immer es Truthahn gab, musste er sich daran erinnern. Und jedes Mal hoffte er, es eines Tages mit ihr zusammen feiern zu können.
2.
Liebe Britney,
ich vermisse dich so sehr, das kann ich dir gar nicht sagen. Noch dazu vermisse ich es, dir SMS zu schreiben, was viel einfacher war, als diese dämlichen Briefe. Ich hoffe dein Handy ist bald wieder repariert?
Wie geht es dir?
Bei mir hat sich nicht sehr viel getan. Ich arbeite immer noch bei Billy & Sons, worüber ich sehr glücklich bin. Niemals hätte ich gedacht eines Tages wirklich zu Malen.
Das Bild hing an ihrer Wand. Obwohl sie schon vor gut einem Jahr von Tennessee nach New York City gezogen waren, hatte sie es immer an der selben Stelle angebracht. Über ihrem Bett. „Damit es meine Träume bewacht“, hatte Britney ihrem Bruder gesagt, der daraufhin gelacht hatte. Ob es nun lustig war oder nicht, sie empfand es so.
Joan hatte ein neues Angebot bekommen als Arzt in New York anzufangen, was er natürlich sofort angenommen hatte. Britney störte es nicht. Sie liebte New York, mehr sogar, als ihre alte Heimat, mehr als ihren Geburtsort.
„Wie ist die Antwort?“
Rasch klappte sie ihr Biologie Buch über dem Brief zusammen und versuchte vorzutäuschen, dem Unterricht gefolgt zu sein. Gelang es ihr wirklich gut? Sie hoffte es. Seitdem Shanes Brief eine Woche zuvor bei ihr eingetroffen war, hatte Britney ihn nicht mehr aus der Hand legen können. Er war schon ganz zerlesen und abgegriffen. Doch gerade das, so fand sie, machte ihn attraktiv.
… es macht mir Spaß und ich kann mir nicht vorstellen, jemals in einem Büro zu sitzen.
Jedesmal wenn ich Lea mit Mac sehe, werde ich ganz wehmütig. Warum können sie zusammen sein, sich jeden Tag sehen und wir nicht?
Aber vielleicht hat es auch seinen Grund. Du lachst bestimmt, aber ich denke, dass Gott uns eine Aufgabe stellt.
… Oh ja, Shane war sehr gläubig. Sie musste lachen. Eine Aufgabe stellen? Wohl eher foltern.
Möglicherweise will er uns damit testen, uns auf die Probe stellen.
… „oder uns foltern.“, flüsterte sie in Gedanken und verbarg den Brief erneut vor den Augen ihres Lehrers. Es war die letzte Stunde vor den Weihnachtsferien, konnte er nicht einfach sagen, er wolle sie gehen lassen und es auch tun?
Sie seufzte, rümpfte die Nase und las heimlich weiter. Umständlich, denn sie konnte das Buch nur zur Hälfte öffnen, sonst wäre es zu auffallend.
Aber soll ich dir was sagen? – er tut es umsonst. Ich weiß, dass ich dich immer lieben werde.
Hinter dem Satz war ein kleines Herzchen gemalt worden. Es war schön, was Britney nicht wunderte, denn wenn Shane eines konnte, dann war es Malen.
Ungewöhnlich war, dass der Brief harmlos weiterging, normalerweise – besonders bei SMS – schrieb Shane gerne anzüglichere, schmutzige Sachen. Schon wieder musste sie lachen. Was er während er das schrieb tat, wollte sie lieber nicht wissen. Doch ihr gefiel es. Manchmal, abends, klingelte das Handy unaufhörlich. Er schrieb ihr, was er tun würde, wäre sie bei ihm. Sie schrieb ihm, was er denn ihrer Meinung nach tun sollte.
Manchmal vermisse ich dich so sehr, dass es richtig schmerzt. Geht es dir auch so?
… Natürlich.
Ich hoffe es, denn wir werden uns – wenn du es willst – wiedersehen. Ich kann zu dir kommen – noch dieses Jahr – wenn du es möchtest.
Britney war an diesem Morgen nicht zur Schule gegangen, sie war krank gewesen. Joey hatte sie davon überzeugen können, ihr dabei zu helfen ihrem Vater zu sagen, sie hätte sich erkältet und könnte nicht in die Schule. Die Wahrheit war aber gewesen,