ABGRÜNDE. Peter Splitt
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Gereon bemerkte ihren fragenden Blick und versuchte versuchte ein paar tröstende Worte zu finden. „Sehen Sie, manchmal sind es gerade die Menschen, die uns am nächsten stehen, die wir am wenigsten kennen“, sagte er.
Bernadette dachte kurz über seine Worte nach. Darin steckte eine Menge Wahrheit, das ließ sich nicht leugnen Bis vor kurzem hatte sie noch fest daran geglaubt, Diana würde in Köln studieren, doch ihr Besuch in der Universitätsverwaltung, hatte sie eines Besseren belehrt und Gereon legte noch einen drauf.
„Haben Sie einmal daran gedacht, dass ihre Schwester überhaupt nicht mit Ihnen in Kontakt treten möchte?“
Das saß! Bernadette schenkte ihm einen frustrierten Gesichtsausdruck. „Das kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Sicher, wir waren nicht immer einer Meinung, aber…“
„Sehen Sie, genau das wollte ich sagen. Wenn ihr etwas zugestoßen wäre, wo sind dann die Blutspuren, und wo ist ihre Leiche? Wir haben keinerlei Kampfspuren gefunden. Es tut mir sehr leid, aber im Moment können wir nicht mehr tun als abwarten. Warten darauf, dass sie sich meldet oder irgendwo wieder auftaucht.“
Das war deutlich genug. Gereon wollte nichts unternehmen. Erst jetzt fielen Bernadette die Fotos wieder ein, die unten im Foyer an der Wand hingen. Sie alle zeigten Personen, die irgendjemandem als vermisst gemeldet hatte. Da war es wieder, dieses schreckliche Wort vermisst. Sie schluckte ihren Ärger hinunter.
„Herr Kommissar, ich habe unten im Foyer die Fotos gesehen. Meine Schwester ist also nicht die einzige Person, die in Köln verschwunden ist?“
Gereon zuckte mit den Achseln. „Das sagte ich doch bereits. Jeden Tag gehen bei uns Vermisstenanzeigen ein und die Personen tauchen dann irgendwann und irgendwo wieder auf. Natürlich gehen wir jeder einzelnen Sache nach und selbstverständlich legen wir auch für jede Person eine eigene Akte an.“
„Gilt das auch für meine Schwester?“
„Selbstverständlich! Wir haben ihre Daten im Computer gespeichert.“
„Aber Sie wollen nichts unternehmen?“
Gereon wurde ungeduldig. „Doch, verdammt noch mal! Liefern Sie mir Beweise dafür, dass ihrer Schwester wirklich etwas zugestoßen ist und ich schwöre Ihnen, ich setzte diesen ganzen verflixten Polizeiapparat in Bewegung, um die Angelegenheit aufzuklären.“
„Also gut“, sagte Bernadette und erhob sich von ihrem Stuhl. Sie wusste, dass sie ihre Chance vertan hatte.
„Ich werde Sie beim Wort nehmen, Herr Kommissar. Ich bin fest entschlossen, meine Schwester zu finden.“
Sein Mundwinkel verschob sich nach unten. „Na dann viel Glück. Ich bewundere ihre Ausdauer. Nur bezweifele ich, dass sie Ihnen in diesem Fall nützen wird. Schließlich arbeite ich ja nicht erst seit gestern bei der Polizei…
„Ich werde Sie auf dem laufenden halten“, erwiderte Bernadette cool. Sie versuchte sich nach außen hin emotionslos zu geben. Innerlich jedoch machte sich eine tiefe Verzweiflung in ihr breit, während sie sich von Kommissar Gereon verabschiedete und aus dem Zimmer ging. Sie war keinen Schritt weitergekommen. Missmutig stieg sie in den Aufzug und fuhr nach unten. Eigentlich wollte sie schnurstracks bis zum Ausgang marschieren, doch etwas zog sie magisch zu der Pinnwand mit den Fotos hin. Irgendetwas war ihr aufgefallen. Ganz tief in ihrem Unterbewusstsein. Sie sah sich die Fotos genauer an. Bei den abgebildeten Personen handelte es sich ausschließlich um Frauen. Und die angegebenen Daten bezogen sich auf einen Zeitraum, der bereits längere Zeit zurück lag. Die Fotos auf dem Plakat jedoch zeigten Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Und die Daten darunter waren aktuell. Das war es, was sie stutzig gemacht hatte. Hastig notierte sie sich die Namen der fünf Personen. Möglicherweise bot sich ihr hier etwas, womit sie etwas anfangen konnte. Der Mann am Empfang plauderte mit der jungen Polizistin, die vorhin die Fotos aufgehangen hatte. Beide grüßten freundlich, als Bernadette an ihnen vorbeikam und durch die Ausgangstür nach draußen ging.
Kapitel 6
Der Mann zog einen Schlüsselbund aus seiner Jackentasche, fingerte nach einem ganz bestimmten Schlüssel, steckte ihn, nachdem er ihn gefunden hatte, in das Sicherheitsschloss und schloss die Tür auf. Die Tür ließ sich leicht öffnen. Das war wichtig für ihn. Gerade wenn neue Gäste kamen oder gehen sollten, was bisher allerdings noch nicht geschehen war. Er stieg eine ausgetretene Steintreppe hinunter und betrat einen schmalen Gang, der ihn zu einer zweiten Tür führte. Diese hatte er, wie einige andere auch, aus besonders hartem Stahl anfertigen lassen. Er musste grinsen, als er an den Schmied dachte, dem er etwas von Türen für Pferdeboxen erzählt hatte, die er komplett erneuern wollte. Die Sicherheitsschlösser hatte er in mühevoller Kleinarbeit selbst eingebaut. Er schloss die zweite Tür auf und stand vor dem Eingang eines kurzen Tunnels, der ihn zu dem eigentlichen Hauptgebäude, einen alten Militärbunker führte. Er liebte dieses alte Gemäuer mit seinen dunklen Gängen und dem Geruch nach Feuchtigkeit und Fäulnis. Bereits in seiner Kindheit hatte er hier gespielt. „Wie viele Soldaten mochten hier Unterschlupf gefunden haben? fragte er sich. Beim Umbau hatte er Patronenhülsen, Kartuschen, sowie alte Militärhelme gefunden. Die hütete er seitdem wie einen geheimen Schatz. Inzwischen war die Anlage völlig in Vergessenheit geraten. Dazu befand sie sich auf seinem eigenen Grund und Boden, denn er hatte das Waldgrundstück vor ein paar Jahren zu einem Spottpreis gekauft. Freigegeben zur Nutzung als Freizeit, -und Erholungsgrundstück. So stand es jedenfalls im Kaufvertrag. Und genau aus diesem Grund war er jetzt hierhergekommen. Um seiner Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Er hatte er die alte Anlage nach und nach mit sehr viel Fantasie zu seinem, wie er es nannte „Labyrinth“ umgebaut. Im Einzelnen bestand das System aus verschiedenen Zellen, die durch Türen und Gänge miteinander verbunden waren, wovon die meisten Türen auf Flure führten, die dann schließlich im Nichts endeten, beziehungsweise wieder zurück in den Hauptgang führten, ohne jemals einen Ausgang zu haben. Der befand sich in Wirklichkeit ganz woanders. Die eigentlichen Zellen hatte er im untersten Stockwerk, möglicherweise im ältesten Teil des Bunkers, angelegt. Von jeder Zelle führte eine kleine Leiter hinauf in den zweiten Stock und mittels Stahltür in die unterschiedlichen Flure und Gänge. Eine geniale Konstruktion, denn befand man sich in der Zelle und blickte nach oben, sah es so aus, als würde die Tür direkt in die Freiheit führen. Genau diese kleine Täuschung hatte der Erbauer bewusst eingebaut. Außerdem gab es noch einen Überwachungsraum, von wo aus er das Labyrinth mittels Videokamera überwachen konnte. Er war so etwas wie eine kleine Asservatenkammer, vollgestopft mit Gerätschaften, die er hier und da benötigte. Unter anderem standen hier ein mit diversen Lebensmitteln gefüllter Kühlschrank, sowie eine Schlafcouch, für den Fall, dass er hier einmal übernachten musste. Er hatte wirklich an alles gedacht.
Im Gang war es dunkel und modrig, aber er kannte den Weg im Schlaf. Hinter dem Überwachungsraum gab es eine raffinierte Falltür, durch die man direkt in den Zellentrakt gelangte. Der Mann vergewisserte sich, dass alle Kameras einwandfrei liefen, dann zog er sich einen schwarzen Umhang über und setzte die Maske auf. Jetzt konnte er vor seine Gäste treten.
Der Raum, in dem er sie gefangen hielt, war dunkel und kalt. Diana träumte davon in einem Fluss gefangen zu sein. Ihr bleicher Körper wurde in die Tiefe gezogen und als sie flüchten wollte, drückten kräftige Hände sie nieder.
„Es ist deine Schuld“, sagte der Besitzer der Hände, und als sie aufblickte, sah sie ihn über sich. Der Mann war maskiert und presste eine Hand gegen ihren Kopf. Sie sank tiefer und tiefer und vermochte nicht mehr zu atmen. So wachte sie schweißgebadet auf und hatte keine Ahnung wo sie war. Angekettet, wie ein wildes Tier, zerrte sie so lang an der Metallkette, bis sie sich ihren Knöchel wundgerieben hatte. Sie sackte zurück. Jetzt wurden andere