ABGRÜNDE. Peter Splitt

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ABGRÜNDE - Peter Splitt

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es und schenkte wieder ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem Computer. Bernadette bedankte sich und verließ den Raum. Sie war ratlos und enttäuscht. Diana hat ihr Studium an den Nagel gehängt. Was zum Teufel soll das nun wieder bedeuten? In einem unserer letzten Telefonate hat sie sich noch über die schweren Klausuren beklagt. Dann macht es auch keinen Sinn, wenn ich weitere Studenten nach ihr befrage. Diana ist nicht mehr an der Uni. Aus und fertig. Damit muss ich mich wohl oder übel abfinden.“

      Blieb noch Kommissar Gereon. Nach den mageren Ergebnissen, die Bernadette bisher gesammelt hatte, kam der Begegnung mit ihm eine ganz besondere Bedeutung zu. Außerdem war es an der Zeit, dass die Polizei endlich etwas tat. Diana schien wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Handeln war angesagt, bloß wie?! Als die unerschütterliche Bernadette Meyfarth, ja genauso wollte sie auftreten. Warum bloß gelang es ihr nicht diese verdammte Nervosität in den Griff zu bekommen? Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend stieg sie in ihren Wagen und fuhr in Richtung Innenstadt.

      Das Polizeipräsidium in Köln sah anders aus, als wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte angenommen, dass der Polizeiapparat in einem historischen Prachtbau untergebracht sein würde. So etwas wie das alte Bankgebäude, mit seinen kunstvoll gemeißelten Pfeilern, die den Platz zweier Ladenfronten auf dem Marktplatz einnahmen, doch dem war nicht so. Die Kriminalhauptstelle befand sich in einem hypermodernen Gebäudekomplex, dessen Mittelbau über einen gläsernen Sockel mit Panoramafenster verfügte. Darüber streckten sich vier Vollgeschosse in die Höhe und mündeten in ein leicht geneigtes und deutlich über die Fassade reichendes Flachdach. Seitlich begrenzt wurde der Bau von der Barcelona-Straße und der Geschwister-Katz- Straße sowie rückwärtig vom Walter-Pauli-Ring. Der mit einer Sicherheitsschleuse versehene Eingang im erhöht liegenden Erdgeschoss war über eine Freitreppe zu erreichen. Auch wenn dieser Komplex den Charme historischer Gebäude vermissen ließ, so war er dennoch ziemlich beeindruckend. Um Schaulustige fernzuhalten und Platz für die Einsatzfahrzeuge zu schaffen, hatte man einen Bereich von gut dreißig Metern in beide Richtungen abgesperrt. Bernadette sah die Einsatzfahrzeuge der Polizei und etwa noch mal so viele Zivilfahrzeuge. Sie parkte den Fiat 500 in der zweiten Reihe und stieg die Treppenstufen zum Eingang des mit Steinplatten verkleideten Gebäudes hinauf. Der Empfang befand sich auf der rechten Seite. In dem gläsernen Kasten saß ein Mann mittleren Alters hinter einem großen Pult und begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Kann ich etwas für Sie tun?“ fragte er. Bernadette versuchte selbstbewusst aufzutreten. Sie lächelte kurz zurück.

      „Ich möchte zu Kommissar Gereon“, sagte sie bestimmt.

      „Dürfte ich Ihren Namen wissen?“

      „Bernadette Meyfarth.“

      „Sind Sie angemeldet?“

      „Nein, aber der Kommissar weiß, wer ich bin.“

      „Prima, dann werde ich schnell nachfragen, ob er da ist. Wenn Sie sich in der Zwischenzeit bitte hier eintragen wollen.“ Er reichte ihr eine Liste auf der bereits mehrere Namen standen. Bernadette fügte den ihren hinzu und beobachtete, wie der Mann telefonierte. Nachdem er aufgelegt hatte, nickte er ihr freundlich zu.

      „Sie können hinaufgehen. Der Kommissar erwartet Sie in seinem Büro. Kennen Sie sich aus?“

      Bernadette schüttelte den Kopf. „Nein, sagte sie leise.

      „Dritter Stock, zweites Büro auf der rechten Seite“, erwiderte der Mann immer noch freundlich. „Der Aufzug befindet sich gleich da vorne.“ Er deutete in die entsprechende Richtung. Bernadette bedankte sich und machte sich auf den Weg zum Aufzug. Im Gang an der Wand hing eine Pinnwand. Eine junge Polizistin war gerade dabei Fotos aufzuhängen. Bernadette sah genauer hin. Unter den Fotos standen irgendwelche Namen und Daten. Daneben hing ein Plakat mit fünf kleineren Fotos. Darüber stand ein Wort in großen, schwarzen Buchstaben geschrieben: Vermisst. Bernadette schauderte.

      „Also gibt es noch mehr Personen, die vermisst werden“, dachte sie, als sie in den Aufzug stieg. Während dieser nach oben fuhr, versuchte sie ihre Nervosität unter Kontrolle zu kriegen, hatte sie doch gehört, wie Polizisten reagierten, wenn man nicht sicher genug auftrat. Sie fand das Büro des Kommissars ohne Probleme. Die Tür stand offen. Trotzdem klopfte sie vorsichtig an.

      „Kommissar Gereon?“ fragte sie mit sanfter Stimme. Der Mann hinter dem großen Schreibtisch blickte zu ihr hin und lächelte. Er war etwa fünfzig. Sein dunkles Haar wurde langsam grau und sein Gesicht war fein geschnitten. Über einem wohlgeformten Mund trug er einen kleinen Oberlippenbart.

      „Er sieht verdammt gut aus“, entschied sie auf der Stelle, auch wenn sie den Ausdruck seiner Augen nicht richtig deuten konnte, und ihr sein Lächeln ein wenig zu professionell vorkam.

      „Genau der bin ich, junge Dame. Was kann ich für Sie tun?“

      „Mein Name ist Bernadette Meyfarth, ich komme wegen meiner Schwester..., Sie erinnern sich sicher...“

      Sein Lächeln wurde ein Tick schmaler.

      „Ah, Frau Meyfarth. Das nenne ich eine Überraschung.“

      Seine Hand deutete auf einen der freien Besucherstühle, die an der Wand standen. „Bitte treten Sie ein, in mein bescheidenes Büro und nehmen Sie Platz. Möchten Sie etwas trinken?“ Er griff automatisch zum Telefon.

      „Danke nein“, erwiderte Bernadette kurz angebunden. „Ich möchte lieber gleich zur Sache kommen. Sie wissen warum ich hier bin!“

      Gereon schaute in ihre Augen, dann senkte er seinen Blick. „Sicher weiß ich das! Ich fürchte nur, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Es gibt keine neuen Erkenntnisse bezüglich dem Verschwinden ihrer Schwester. Aber das hätte ich Ihnen auch am Telefon sagen können. Dafür mussten Sie sich nicht extra her bemühen.“

      „Aber meine Schwester verschwindet doch nicht einfach so!“

      „Ach nein? Und wo bitte schön steckt sie dann?“

      Bernadette bemerkte, wie sie wütend wurde. „Das herauszufinden ist doch Ihre Aufgabe, oder etwa nicht?“

      Gereon tat gelassen. „Hören Sie, hier bei uns gehen fast täglich Vermisstenanzeigen ein und die meisten tauchend dann später irgendwann wieder auf. Manche gönnen sich einfach eine Auszeit, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

      „Wie bitte?“ Bernadette empfand seine Antwort als blanken Hohn. Sie bemerkte wie ihre Hände zitterten. Sie legte sie in ihren Schoß und presste die Schenkel zusammen. „Und wenn ihr etwas zugestoßen ist?“

      Gereon sagte erst einmal nichts, sondern sah sie nur an. Fast kam es ihr so vor, als wollte er sie mit seinem Blick durchlöchern. Ihr fröstelte.

      „Na ja“, sagte er schließlich. „Die Möglichkeit, dass ihre Schwester einen Unfall hatte, ziehen wir durchaus in Betracht. Ich habe einen Taucher an die Stelle geschickt, wo das Kanu zuerst gesichtet wurde, aber da war sie nicht. Danach hat ein Kollege telefonisch alle Krankenhäuser der Stadt abgeklappert. Auch nichts. Es gibt keine Leiche und keinen Hinweis darauf, wo sie abgeblieben sein könnte. Das einzige was wir haben, sind die Aussagen eines Passanten, ein Kanu, einen Mantel sowie die Handtasche ihrer Schwester mit ein paar persönlichen Gegenständen. Sehen Sie selbst, die Sachen gehören doch ihrer Schwester, nicht wahr?“

      Er bückte sich und nahm etwas aus der untersten Schublade seines Schreibtischs hervor. Bernadette erkannte sofort was es war: Dianas Handtasche und ihr Ausweis mit ihrer Geldbörse. Alles war ordentlich in separaten Plastikbeuteln verpackt. Und da war auch

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