ABGRÜNDE. Peter Splitt
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу ABGRÜNDE - Peter Splitt страница 6
„Angekettet wie ein Tier hat man mich“, schoss er ihr durch den Kopf. Sie zerrte und zog an der Kette. Nichts passierte. Als nächstes rollte sie sich wie eine Schnecke in einer Ecke zusammen, aber auch das half ihr nicht wirklich. Sie war in diesem Loch gefangen. Mit einem Mal schrie sie laut auf und lauschte. Doch das, was sie hörte, war nur ihr eigenes Echo. Und sie wurde wütend. Mit geballten Fäusten schlug sie auf den harten Fußboden. Das nützte auch nichts. Ihre Hände schmerzten. Sie legte sich wieder auf den Boden und wimmerte. Die Erinnerung baute sich langsam auf, wie ein Puzzle, das sich nach und nach zusammenfügte. Sie war auf dieser Party gewesen…, und dann früher gegangen, weil sie noch ein Stück zu Fuß gehen wollte. Da waren die Autos, ihr Handy, das nicht funktionierte, das Funkloch... Auf einmal fiel ihr alles wieder ein. Bis zu dem Moment, als sie endlich eine Verbindung bekam und telefonieren wollte. Ab da war völliger Filmriss. So sehr sie sich auch konzentrieren wollte, es kam nichts mehr. Verzweifelt zerrte sie so lange an der Kette, bis sie erschöpft zusammen brach.
Als sie sich wieder aufrappelte, schien bereits eine Ewigkeit vergangen zu sein. Zum ersten Mal schaute sie sich ihr Gefängnis genauer an. Der weitgehend leere Raum sah aus wie eine schäbige Gefängniszelle, nur unwesentlich größer, als ein Taubenschlag. Fenster gab es keine, dafür einen winzigen Schacht, aus dem ein geringer Lichtspalt und etwas Luft zu ihr hineingelangten. An einem Ende führte eine Holzleiter steil nach oben. Dahinter musste sich eine Tür befinden. Sehnsüchtig blickte sie nach oben.
Auf einmal zuckte sie zusammen. War da nicht etwas gewesen? Ein Geräusch?
Der Klang von Schritten ließ sie zusammenzucken. Sie wollte unter die Leiter kriechen, aber es gelang ihr nur zum Teil. Die Metallfessel störte gewaltig. Ein Schlüssel wurde umgedreht, dann vernahm sie wieder Schritte und sah, wie ein Paar schwarze Stiefel die Leiter hinunter stiegen. Der Mann, es konnte nur ein Mann sein, trug eine Tasche sowie eine Lampe bei sich und fand sie auf der Stelle. Das Licht, dass ihr ins Gesicht schien, war viel zu hell. Ihre Augen brannten. Sie blinzelte einmal, zweimal, aber es wurde nicht besser. Also hielt sie sich schützend ihre Hand vor ihr Gesicht.
„Na, endlich ausgeschlafen?“, fragte eine emotionslose Stimme hinter dem Licht.
Sie kam ihr irgendwie bekannt vor. In ihrem Zustand vermochte sie jedoch nicht erinnern, zu wem sie gehörte.
„Durst“, krächzte sie. Wie von Zauberhand wurde ihr eine Plastikflasche an den Mund gesetzt. Gierig ließ sie das köstliche Nass in ihre Kehle laufen. Diese war so geschwollen und trocken, dass es beim Schlucken weh tat. Überhaupt schien ihr Körper überall zu schmerzen und ihr war schwindelig. Ihr Kopf dröhnte wie ein Kraftwerk.
„Das Schwein muss mir ein Betäubungsmittel verabreicht haben, aber immerhin lebe ich noch!“
„W…was wollen Sie von mir?“, fragte sie ängstlich. Anstelle einer Antwort trat ein dunkler Schatten auf sie zu. Sie wischte sich die Augen. Die Stiefel traten noch näher an sie heran. Der Mann stand jetzt direkt vor ihr und blickte auf sie herab. Erschrocken fuhr sie zurück und schlug mit dem Rücken gegen eine Wand. Ein klirrendes Geräusch ertönte und erinnerte sie daran, was ihr Bein festhielt. Zitternd versuchte sie sich über ihre Situation klar zu werden. Der Geruch in ihrem Verlies war schlecht, aber sie konnte ihn nicht zuordnen. Sie fühlte sich eingeengt und merkte, dass sie keine Luft bekam. Sie wollte um Hilfe rufen, doch ihr Mund schien wie der Rest ihres Körpers überhaupt nicht auf ihre Befehle zu reagieren. Der Mann bemerkte ihr Bemühen.
„Versuch es erst gar nicht. Hier kann dich niemand hören“, sagte er kalt. Erst jetzt versuchte sie sich ihn genauer anzuschauen. Was sie zu sehen bekam war eine schwarze Hose, ein schwarzes Hemd und ein Gesicht, das von einer schwarzen Maske verdeckt wurde. Feigling, dachte sie, fragte aber nochmals: „Was wollen sie von mir…?“
„Das wirst du noch früh genug erfahren. Hier, ich habe dir eine Decke mitgebracht, damit du nicht auf dem kalten Boden liegen musst.“
„Sie sind ja rührend um mich besorgt“, konterte sie ironisch. „Wenn es Geld ist, das Sie von mir wollen, ich geb ihnen alles was ich habe, wirklich.“
Sie hörte wie er höhnisch lachte. „Geld interessiert mich schon lange nicht mehr Diana. Ich darf dich doch Diana nennen?“
„Das Schwein kennt meinen Namen. Woher? Hatte ich schon einmal mit ihm zu tun? Zählt er gar zu meinen Kunden?“
Sie nickte schwach, während sie sich an der rauen Wand abstützte und einmal mehr spürte, wie der Metallring in ihren Knöchel schnitt. Aber sie durfte nicht aufgeben. Wenigstens noch nicht. Mit der freien Hand vor den Augen versuchte sie gegen das grelle Licht der Taschenlampe zu blinzeln. Sie bemerkte, dass ihr Entführer einfach da stand und sie beobachtete.
„Bitte….“ Ihre Stimme war ein trockenes krächzen, dass sie selbst kaum wiedererkannte. Sie schluckte.
„Warum tun sie mir das an? Wenn es Sex ist, was Sie wollen? Nun darüber können wir reden. Es lässt sich doch alles arrangieren.“
Seine Stimme änderte sich sofort.
„Nun hör endlich auf zu winseln, du billige Nutte. Ich hab absolut kein körperliches Interesse an dir. Am besten, du gewöhnst dich so bald wie möglich an die neue Situation.“
„Dann sagen Sie mir doch endlich, wer Sie sind und was Sie von mir wollen!“
Sie stellte sich vor, wie er hinter der Maske hämisch grinste, als er sagte: „Ich denke die erste Frage erübrigt sich, und was die zweite angeht? Na schön. Ein wenig will ich dir vorab schon mal verraten. Du musst eine Prüfung bestehen, das ist alles. Dann lasse ich dich wieder frei.“
Diana blickte ihn ungläubig an. „Was denn für eine Prüfung? Und warum ausgerechnet ich?“ Sie vermutete, dass er wieder grinste. Sofort lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
„Sagen wir einfach, weil ich dich ausgesucht habe. Darauf kannst du dir fast schon etwas einbilden. Alles Weitere erkläre ich dir später. Und wenn du brav mitspielst, dann kannst du sicher sein, dass dir kein Haar gekrümmt wird. Rohe Gewalt lehne ich ab.“
Der Mann war ihr ein Rätsel. „Und meine Entführung?“ fragte sie erbost. „Nennen Sie so etwas keine rohe Gewalt anwenden? Sie sind ein Verbrecher.“
Wieder änderte sich seine Stimme. „Nun mach aber mal halb lang. Was weißt denn du schon von Verbrechen und Gerechtigkeit? Nichts weißt du, gar nichts! Aber ich werde dir eine gewisse Zeitspanne zugestehen, bis du bereit sein wirst deine Prüfung anzutreten. Und damit es dir in der Zwischenzeit nicht langweilig wird, habe ich dir noch etwas mitgebracht. Er kramte in der Tasche, die er mitgebracht hatte, zog ein kleines Diktiergerät heraus und legte es vor ihr hin auf den Boden. „Das ist für dich. Ich möchte, dass du mir deinen Werdegang auf das Band sprichst. Alles, was dir dazu einfällt. Angefangen von deiner Schulzeit, deinem Studium, deine Karriere. Und lass nichts aus! Davon hängt letztendlich auch der Schwierigkeitsgrad deiner Prüfung ab. Also: je mehr du mir von dir erzählst, desto früher lasse ich dich wieder laufen, kapiert? Und versuch erst gar nicht von hier abzuhauen. Du kommst hier nicht raus, es sei denn ich will es so. Also spar dir deine Kräfte für die wichtigen Dinge auf.“
Diana spürte wie sie zornig wurde.
„Was geht Sie eigentlich mein Leben an?“, schrie sie ich an. „Sie…Sie gehören in die Klapsmühle. Ich werde