ABGRÜNDE. Peter Splitt

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ABGRÜNDE - Peter Splitt

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verschwand.

      Sie blickte hinter ihm her und kam sich irgendwie selten dämlich vor. „Jetzt leide ich schon unter Halluzinationen“, murmelte sie zu sich selbst, behielt aber das Handy fest in ihrer Hand. Sie ging schneller und überquerte die Straße. Genau dort, wo der Wagen zuvor angehalten hatte. Ihre Füße brannten, doch sie drosselte ihr Tempo nicht. Auf der linken Straßenseite lag das neue Einkaufszentrum mit Filialen von Lidl und Aldi. Tagsüber tummelte sich hier das wahre Leben, jetzt jedoch lag alles verlassen da. Sie fröstelte. Endlich nahm sie das Handy hervor und wählte die Nummer der Taxizentrale. Nichts rührte sich.

      „Ein Funkloch! So ein Mist!“ Sie musste noch etwas weiter gehen. Jetzt beschlich sie wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie ging noch schneller. Am Rande des Einkaufzentrums war niemand, bloß ein Wagen. „Komisch, der ist mir zuvor noch gar nicht aufgefallen. Großer Gott, ist das etwa derselbe Wagen von vorhin?“

      Diana rannte los. Der Wagen kam näher. Mit der linken Hand wählte sie den Notruf und hielt sich das Handy ans Ohr. „Verdammt, immer noch nichts!“ Da war kein Piepton, kein Freizeichen, nichts. Das Display zeigte Netzsuche an. Jetzt war der Wagen auf ihrer Höhe und fuhr langsam neben ihr her. Der Fahrer spielte ganz offensichtlich mit ihrer Angst. Sie hielt sich das Handy ans Ohr und tat so, als ob sie telefonierte. Da beschleunigte der Wagen und verschwand in der Dunkelheit vor ihr. „Nur noch ein kleines Stück weiter! Hinter dem Einkaufszentrum bauen sie ein paar hohe Gebäude. Wenn ich daran vorbei bin, bekomme ich bestimmt wieder eine Verbindung.“

      Das Licht der Straßenlaterne flackerte. Irgendetwas stimmte nicht mit der Birne. Sie ging immer an und aus. Als sie an der Baustelle vorbei war, piepste plötzlich ihr Handy. Endlich hatte der Apparat ein Netz gefunden. Erleichtert wollte sie die Nummer der Taxizentrale wählen, als sich wie aus dem Nichts, eine Hand um ihr Handgelenk schloss. Es schmerzte. Sie öffnete ihre Hand und das Handy fiel zu Boden. Diana kam nicht einmal mehr zu einem einzigen Schrei, da sich die andere Hand des Unbekannten mit einem stinkenden Etwas darin bereits fest auf ihr Gesicht gepresst hatte. Alles um sie herum drehte sich, ihr wurde schwarz vor Augen. Sie verlor das Bewusstsein und bekam nicht mehr mit, wie der Unbekannte sie auffing, zur Beifahrertür seines Wagens schleppte, hineinzerrte und anschnallte. Genauso wenig merkte sie, wie er den Anlasser betätigte, den Motor startete und losfuhr.

      Kapitel 2

      Polizeihauptkommissar Gereon schlug ärgerlich mit der Faust auf seinen Schreibtisch. Ich möchte mal gerne wissen, wann du endlich in die Gänge kommst? Vor fast zwei Stunden ist die Meldung eingegangen, dass am Fühlinger See ein Kanu kopfüber im Wasser treibt, aber weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist. Kümmere dich endlich darum!“

      Polizeihauptwachtmeisterin Julia Brück versuchte cool zu bleiben. Wenn Gereon einmal in Rage kam, dann ließ man ihn am besten reden. Außerdem schrieb sie gerade an einem Bericht, den sie lange vor sich hergeschoben hatte, und endlich zu Ende bringen wollte. Sie hasste Papierkram.

      „Bin gleich fertig, Chef und dann fahre ich mit Klaus hinaus nach Fühlingen und checke die Lage.“

      „ Schön - das ist ja auch dein Job! Wir können doch nicht seelenruhig zuschauen, wie Bürger aus unserer Stadt verschwinden. Kriminalrat Sengel und der neue Staatsanwalt machen mir die Hölle heiß. Wir müssen jeder verdammten Meldung nachgehen, auch wenn es sich nur um ein umgekipptes Boot handelt. Ansonsten steht morgen wieder im Express, die Polizei würde nichts unternehmen.“

      „Das versteh ich doch, Chef. Wer hat denn den Unfall gemeldet?“

      „Von Unfall habe ich kein Wort gesagt. Das ist reine Spekulation. Der Anrufer hat ausgesagt, er sei mit seiner Freundin am Fühlinger See spazieren gegangen und habe dabei das Boot gefunden. Das ist alles.“

      Julia erhob sich von ihrem Platz. In ihren Händen hielt sie einen Computerausdruck, der gerade frisch aus dem Drucker gekommen war. Sie versuchte ihren Chef ein wenig aufzuheitern.

      „Spazieren gegangen, Chef? Mit seiner Freundin? Wer hat denn heutzutage noch so viel Zeit? Naja, ich sehe mir den Vogel einmal aus nächster Nähe an. Scheiß Bereitschaftsdienst! Ich wäre jetzt lieber zuhause. Na ja, ist sicher nichts Wichtiges.“

      „Nun red nicht so dummes Zeug, Julia! Mach, dass du endlich fort kommst. Kannst mir dann später erzählen, was es gegeben hat. Die Nacht ist noch jung.“

      Sie schnappte sich ihre Lederjacke und verließ das Dienstzimmer. Draußen auf dem Flur atmete sie tief durch. Gereon konnte manchmal ein richtiges Ekelpaket sein. Vor allem, wenn er schlecht drauf war. Sie kannte ihn, seit sie von der Polizeischule gekommen war. Das waren noch Zeiten gewesen. Damals hatte sie sich nur ein winziges WG-Zimmer am Rande der Stadt leisten können, wo es nur sporadisch warmes Wasser und Strom gab. Dafür aber waren die Wände des beinahe schon baufälligen Gebäudes so dünn gewesen, dass sie jedes auffällige Wort ihrer Mitbewohner verstehen konnte. Am Tag waren es Streitigkeiten, die sie sich an den Kopf warfen und Nacht auf Nacht folgte das unaufhörliche Gestöhne aus ihrem Schlafzimmer, wenn sie sich wieder versöhnten. So hatte sie niemals enden wollen, war dann so oft sie konnte zum Blutspenden gegangen, um sich ein paar Cent extra zu verdienen. Eine finanzielle Verbesserung war erst eingetreten, als ihr der Job bei der Kölner Polizei angeboten wurde.

      Sie ging die Treppe hinunter in den ersten Stock. Hier hatten die Kollegen ihren Arbeitsplatz. Ohne anzuklopfen öffnete sie die Tür zum Zimmer Nummer 18 und musste prompt laut loslachen. Wachtmeister Klaus Behringer saß an seinem Schreibtisch und las Zeitung. Seine Füße lagen auf der Tischplatte, sein Stuhl wippte und neigte sich gefährlich nach hinten. Er trug verwaschene Jeans, ein zu großes Polohemd und ausgelatschte Turnschuhe. Sein verlebtes Gesicht benötigte dringend eine Restaurierung.

      „Nix los bei dir?“ begrüßte sie ihn sarkastisch. Klaus blickte von seiner Zeitung auf und strahlte sie an.„Ach du bist das, Julia. Das kannst du wohl laut sagen. Ist fast schon ein bisschen wie bezahlter Urlaub hier. Ich komme sogar dazu, die Zeitung zu lesen.“

      Klaus Behringer war erst vor einem Jahr als Quereinsteiger zur Polizei gekommen. Seitdem arbeitete er als Springer in den unterschiedlichen Dezernaten. Meistens wurde er dort eingesetzt, wo Not am Mann war, was in diesem Augenblick allerdings nicht der Fall zu sein schien.

      „Schluss mit lustig, Klaus. Befehl vom obersten Häuptling. Ich soll dich mitnehmen nach Fühlingen. Es hat eine Meldung gegeben.“

      Klaus blickte auf seine Armbanduhr. Es war bereits nach 22 Uhr.

      „Um diese Zeit noch?“ fragte er. „ Ich meine, was soll denn da draußen los sein? Ja wenn wir Sommer hätten, dann wäre das natürlich etwas anderes, aber so...“

      Julia zuckte mit den Achseln. „Seitdem sich die Vermisstenanzeigen gehäuft haben, ist Gereon ein wenig nervös geworden. Also, was soll`s, tun wir ihm den Gefallen und fahren mal kurz hinaus zum See. Ist wahrscheinlich sowieso nur falscher Alarm. Nimm deine Taschenlampe mit!“ Sie grinste und zog ihn am Ohrläppchen.

      „Au“, sagte Klaus, blickte sie verstohlen an und nahm seine langen Beine von der Schreibtischplatte.

      Sie verließen gemeinsam das Polizeigebäude und gingen auf den Hof, um sich eines der Dienstfahrzeuge zu nehmen, welches die Fahrbereitschaft den Beamten zur Verfügung stellte. Julia betrachtete das Lichtermeer von Köln, das scheinbar nirgendwo enden wollte. Sie mochte diese Stadt, das besonderes Flair und die Lebensfreude der Bewohner. Klaus bewegte sich auf einen blitzblank geputzten Passat zu. Dabei fasste er sich unbewusst an den Bauch. Zu wenig Bewegung und unregelmäßige Mahlzeiten hatten ihm ein chronisches Magenleiden

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