Donnerschlag und Rattenschiss!. Heike Rau

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Donnerschlag und Rattenschiss! - Heike Rau

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Hinkebein lachte. „Da musst du schon den Anton fragen, sein Großvater ist schließlich Hexenjäger.“

      „Was! Hexenjäger? Stimmt das?“ Ich wusste nicht, ob sie das ernst meinte oder ob ich ihr gerade auf den Leim ging. Bestimmt hatte Anton das mal erfunden, um anzugeben.

      „Natürlich!“, antwortete Frau Hinkebein, denn Anton war stumm geblieben. „Aber Herr Schrotkorn hat noch keine gefangen.“

      Schließlich erfuhr ich die ganze Geschichte: Herr Schrotkorn war nur nach Hexaloz gezogen, weil er der Ansicht war, dass es hier Hexen geben müsse. Er hatte Nächte in Archiven zugebracht und sämtliche alte Zeitungen und Bücher studiert. Er besaß sogar eine Ausgabe des gefürchteten „Hexenbuchs“. Herr Schrotkorn wollte hier jedenfalls tatsächlich Anzeichen für Hexen entdeckt haben und er hoffte, dass ihm eines Tages eine in die Falle gehen würde.

      „Dann werden ich und mein Großvater berühmt, dann hört ihr endlich auf zu lästern“, fauchte Anton.

      „Ich lästere doch nicht“, protestierte Frau Hinkebein. „Ich glaube an Hexen.“

      Na ja, Mama hatte mich ja gewarnt, auf dem Land ist alles anders. Die Menschen sind abergläubisch. Aber Hexen? Ich musste noch mal fragen. „Woran erkennt man denn nun eine Hexe? Ich meine, ich komme aus der Stadt und habe noch nie eine gesehen.“ Ich schaffte es, bei dieser Frage völlig ernst zu bleiben.

      „Du musst die betreffende Person genau beobachten, mein Kind! Hat sie dieses unergründliche Glühen in den schwarzen Augen? Hat sie Leberflecke? Warzen? Kichert sie hinterlistig, isst ohne Besteck und schmatzt dabei? Hexen, die sich unter Menschen trauen, müssen eine Perücke tragen, weil man sie sonst an ihren verfilzten Haaren und den Kopfschuppen erkennen würde.“

      Also, für mich klang das ja wie ein Märchen. Trotzdem spürte ich, wie mir die Angst langsam den Rücken hochkroch. Frau Hinkebein hatte selbst zwei der Merkmale! Oder nicht?

      „Und wie kann man sich vor Hexen schützen?“ Ich wollte nämlich alles tun, um nachts ruhig schlafen zu können.

      „Nun, das beste Mittel ist der Holunder“, seufzte Frau Hinkebein. Die Zweige, Blüten und Früchte sind magische Abwehrmittel gegen Hexen.“

      Habt Ihr jemals solchen Mist gehört? Da wollte ich nicht drauf reinfallen.

      4. Wo wohnt Anton?

      Das Landleben war anstrengend. Jeden Tag musste man sehr früh aufstehen. Aber nicht etwa wegen der Hühner oder dem Ziegenbock. Die konnte man auch später füttern. Der Ziegenbock hatte sogar die Angewohnheit, auf die Veranda zu kommen und mit seinen Hörnern an die Tür zu wummern, wenn er etwas anderes als Heu fressen wollte. Das tat er meist um die Mittagszeit. Wenn er dann fraß, war das der einzige Moment, wo er sich lieb verhielt und keine Anstalten machte, auf jemanden loszugehen. Sonst war er ein richtiges Biest. Reagierte keiner auf sein Klopfen, trabte er zum Briefkasten, angelte nach der Zeitung und fraß sie. Auch ließ er Mama nicht das Auto in die Scheune fahren, die sie eigentlich als Ersatz für eine Garage nutzen wollte. Der Bock postierte sich am Tor und kratzte mit den Hufen wie ein wütender Stier. Nur das Schnauben fehlte. Da wir uns aber kein neues Auto leisten konnten, musste Mama wieder einmal nachgeben.

      Aber ich wollte euch ja eigentlich erzählen, wieso ich schon beim ersten Sonnenstrahl aus den Federn musste. Das Bäckerauto machte, wie ihr ja schon wisst, am Montag Punkt sieben den Anfang. Dienstag kam der Fleischer, Mittwoch und Freitag kam der fahrende Supermarkt und am Donnerstag der Fischhändler. Echt erschreckend, denn jeder hoffte, dass wir was kaufen würden. Sie hörten nicht auf zu hupen, bis sich jemand blicken ließ und sie ihre Waren anpreisen konnten. Ach, eins habe ich ja noch vergessen. Zweimal im Monat, aber nachmittags, kam die fahrende Bücherei. Auch das kostete Geld, war aber nicht übel.

      Ansonsten brauchten wir dann doch dies oder das und eine Geldausgabe folgte auf die nächste. Mama musste mir deshalb einen Teil der versprochenen gemeinsamen Freizeit schuldig bleiben und gleich wieder mit ihrer Arbeit anfangen, um Geld zu verdienen. Und das, wo doch Schulferien waren. Aber Hauptsache sie war immer in meiner Nähe. Außerdem hatte ich den ganzen Tag genug zu tun. Anton zeigte mir die Gegend. Wir fingen Schmetterlinge, um sie wieder freizulassen. Wir trieben uns am See herum oder suchten Steine im Bach. Ich kannte mich bald überall gut aus, nur bei Anton zuhause war ich noch nie gewesen. Nicht mal in den Garten konnte man einen Blick werfen. Da waren überall dicke Holunderbüsche. Vielleicht wegen der Hexen. Ha, ha!

      Anton hatte immer andere Ausreden: Der Garten wäre voller Unkraut, das Haus nicht aufgeräumt, die Kuh krank und außerdem mochte der Großvater keine Fremden.

      Ich spielte einen Tag lang die beleidigte Leberwurst und ließ mich nicht vor dem Haus sehen. Anton ließ sich damit erpressen und wir verabredeten uns für den nächsten Nachmittag. Da wollte Herr Schrotkorn in den Wald. Bestimmt auf Hexenjagd, ich lach mich kaputt.

      Vergnügt hüpfte ich die Treppe hinunter. „Mama, ich gehe zu Anton!“ Aber der Satz war umsonst. Mama saß am Tisch und arbeitete. Und sie ließ sich wie immer von nichts ablenken. Ich stellte mich vor den Tisch und rief: „Huhu!“ Aber nichts. Sie war voll konzentriert auf ihren Text. Dieser Zustand würde sich die nächsten zwei Stunden garantiert nicht ändern. Das kannte ich schon. Ich konnte beruhigt gehen. Anton wartete schon. Er half mir wie ein Kavalier über den Zaun und dann durch die Büsche.

      „Du meine Güte, ihr habt ja eine komische Art, Holz zu stapeln?“ Die Holzscheite lagen fein säuberlich im Kreis zum riesigen Haufen aufgestapelt. „Äh, wie sammeln es für den Winter, der ist hier wirklich ziemlich kalt“, war die Antwort.

      „Den Kamin möchte ich sehen, der muss ja riesig sein.“

      „Sei nicht so neugierig“, fauchte Anton mich an.

      „Na, gut“, sagte ich, „aber zeig mir endlich das Haus“

      Das Haus war steinalt und ziemlich armselig. Eine uralte Bauernhütte eben. Noch 100 Jahre älter als unser Haus und sehr viel kleiner. Natürlich ließ ich mir nichts anmerken. „Hm, schöne Möbel“, brummte ich vor mich hin, während ich drei Schritte auf und ab lief.

      „Die habe ich alle selber zusammengeklopft“, erklärte Anton. Aber als ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah, fügte er noch hinzu: „Na ja, mein Großvater hat mir ein bisschen geholfen. Überhaupt musst du die Unordnung entschuldigen. Ich mache hier fast alles alleine, einer muss sich ja um den alten Mann kümmern.“

      Wahrscheinlich ist der alte Mann im Rollstuhl in den Wald gefahren, dachte ich bei mir.

      Anton wischte sorgfältig den Staub von einem Hocker und bot mir einen Platz an.

      Das Haus bestand eigentlich nur aus einem Raum. Die rechte Seite war mit einem Vorhang abgeteilt. Ich vermutete dahinter ein Bett. Gleich neben dem Vorhang saß ich dann mit Blick auf das spärliche Mobiliar. Aber die Schnitzereien an den Schränken und Regalen gefielen mir. Dann gab es noch einen großen alten Küchenherd, der mit Holz zu beheizen war. Davor stand ein Tisch mit Stühlen. Überall von der Decke baumelten getrocknete Sträuße von einst blühenden Holunderzweigen. Es roch wie im Teeladen.

      „Hier oben ist mein Reich.“ Anton deutete mit dem Finger nach oben. „Willst du es sehen?“

      Ich wollte. Eine Treppe gab es nicht, aber die Leiter genügte vollkommen. Hier oben war es gemütlicher. Anton hatte sogar für Blumen gesorgt. An den schrägen Wänden hingen bunte Landschaftsbilder, Postkarten und kleinere Poster. Man musste sich etwas

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