Wo du hingehst, will ich nicht hin!. Wilma Burk
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Читать онлайн книгу Wo du hingehst, will ich nicht hin! - Wilma Burk страница 16
Ziemlich bedrückt war ich danach schlafen gegangen.
Oben polterte es. Das holte mich aus meinem müden Dahindämmern. Julchen sprang erschrocken aus ihrem Körbchen. Türen knallten, im Bad begann Wasser zu rauschen. „Ich war zuerst dran!“ Das war Dani, die sich vor der Badezimmertür beklagte. Ich seufzte. Die beiden Großen hatten sich wieder einmal nicht einigen können.
Eine Tür wurde geöffnet. „Pssst! Macht nicht solchen Krach. Vielleicht will Kati noch schlafen.“ Das war Susanne.
Jetzt sausten eilige Schritte über den Flur. „Vati!“, jauchzte Petra laut, und rumps! Nun war sie wohl zu ihm ins Bett gesprungen. Ein dunkles Lachen schien dies zu bestätigen.
Wie soll man dabei noch schlafen? Das war die erste Veränderung in meinem Leben, nicht mehr erwachen zu können, wann ich wollte, sondern etwas unsanft von einer lebhaften Familie geweckt zu werden. Also stand ich auf. Ich machte mich fertig, nahm die Hundeleine vom Haken und ging mit Julchen hinaus in die kühle Morgenluft.
Kurz vor dem Wald begegneten wir wieder dem einen Hund mit seinem Herrchen. „Sie haben Einquartierung?“, fragte er und deutete auf die beiden Autos vor meinem Haus.
„Ja, meine Nichte mit ihrer Familie“, antwortete ich.
„Ich habe gesehen, drei Kinder. Da ist es wohl vorläufig mit der Ruhe vorbei“, lachte er mir freundlich zu.
Dann zogen uns unsere Hunde weiter. Wie man so beobachtet wird. Dabei fand ich das keineswegs lästig. Wenn man sich kannte, so war fast nie unangenehme Neugier dahinter. Man war einfach an den Menschen um einen herum interessiert. Das war eben der Vorteil oder der Nachteil eines kleinen Ortes gegenüber einer Großstadt. Ich glaube, in einer Großstadt, könnte man sich viel einsamer fühlen als hier.
Als ich mit Julchen von meiner Morgenrunde zurückkam, roch es im Haus nach Kaffee. Der Frühstückstisch war in der Küche gedeckt und alle sahen mich erstaunt an. „Wir dachten du schläfst noch“, sagte Susanne.
„So ein Quatsch! Habe ich doch gleich gesagt, dass sie nicht mehr da ist. Sonst hätte Julchen gebellt. Und wir sind hier herumgeschlichen …“, gab Christine missgelaunt von sich.
„Und warum habe ich das nicht von dir gehört, Fräulein Naseweis?“, fragte Robert und setze sich wie selbstverständlich ans Kopfende des Tisches. „Komm, Kati, setz dich zu mir. Du brauchst nichts mehr zu tun, alles ist fertig“, forderte er mich auf.
„Nun setzt euch endlich!“, ermahnte Susanne die Kinder, während sie Kaffee eingoss. Dann sah sie sich suchend um. „Wo ist Petra?“
„Na, wo schon!“, meinte Christine.
„Ich weiß!“, rief Dani und lief hinaus.
Ich wollte auch aufstehen, um nach Julchen zu sehen, aber Robert hielt mich fest. „Lass nur, Dani macht das schon. Keiner kann mit dem Wildfang so gut umgehen wie Dani“
Da kam Dani auch bereits mit Petra an der Hand zurück. „Sie war in deinem Zimmer, Kati, wollte unters Bett kriechen, wo Julchen sich verkrochen hatte“, erzählte sie. Susanne nahm Petra und bugsierte sie so auf die Bank, dass sie so leicht nicht mehr ausbüchsen konnte.
Dani aber nahm eine Scheibe Wurst vom Tisch und verschwand erneut damit. Es dauerte nicht lange, bis sie wieder erschien mit Julchen im Schlepptau. Noch näherte sich Julchen zögernd. Dicht an meine Füße legte sie sich unter die Bank. Armes Julchen, dachte ich, das wird eine schwierige Zeit für dich werden.
Und ich? Ich saß in einem Kreis lebhafter Menschen, die den Verlauf des Tages besprachen, manchmal aufbegehrten, dann wieder zur Ordnung gerufen wurden, und dachte daran, dass hier sonst beim Frühstück mein Gegenüber nur leere Stühle gewesen waren. Ich deckte nie mehr Geschirr für mich auf, als unbedingt nötig war. Wer interessierte sich dafür, ob ich den Kaffee schlürfte oder darin ein altes Brötchen eintunkte.
„Ist der Bäcker von dir weit entfernt?“, holte mich Susanne aus meinen Gedanken.
„Nein! Gleich um die Ecke in der nächsten Straße.“
„Du magst doch frische Brötchen?“
„Ja!“
„Dann werdet ihr ab jetzt abwechselnd morgens Brötchen holen“, forderte sie ihre beiden Großen auf.
„Dani fängt damit aber morgen an“, verlangte Christine sofort.
„Warum ich?“, begehrte Dani auf.
„Ihr schafft mich noch!“, stöhnte Susanne.
Beruhigend legte Robert seine Hand auf ihren Arm. „Ihr werdet auslosen, wer als Erste Brötchen holt“, bestimmte er.
Inzwischen war Petra mit dem Essen fertig und versuchte in einem unbemerkten Augenblick unter den Tisch zu rutschen. Doch Robert hielt sie im letzten Moment fest. „Du bleibst sitzen, bis wir alle aufgegessen haben“, wies er sie zurecht.
Maulend malte Petra mit ihren Brotkrümeln Kreise auf ihrem Teller.
Julchen war noch tiefer unter die Bank gekrochen. Ich hoffte nur, dass Petra irgendwann das Interesse an ihr verlieren würde.
Nach dem Frühstück polterten alle wieder die Treppe hinauf. Jeder holte seine Sachen und raus ging es aus dem Haus, hinein in Roberts Mercedes und los, zu den Hausbesichtigungen nach Harzerode.
Ich lauschte dem wegfahrenden Auto nach. Dann Stille! Wirklich, absolute Stille. So lebte ich sonst? Nur die Spuren des Frühstücks verrieten, dass hier eben reges Leben geherrscht hatte. Ich ging in mein Wohnzimmer. In der Tür blieb ich stehen. Was hatte sich hier ereignet? Während ich mit Julchen draußen war, mussten die Mädchen sich hier niedergelassen haben. Da lag der arme Stoffhund von Petra am Boden umgeben von den Rückenkissen meiner Couchgruppe, womit wohl eine Hundehütte angedeutet werden sollte. Die Zeitschriften aus dem Ständer waren gleichmäßig verstreut. Es hatte sich wohl nichts geändert. Vom Aufräumen hielt Susanne bereits nichts, als sie noch in einem Zimmer bei uns in Berlin gewohnt hatte und mit ihrem Studium begann. Das hatte sie aber abgebrochen, als sie mit Christine schwanger war. Ich seufzte, daran musste ich mich wohl wieder gewöhnen. Ich räumte also alles an seinen Ort, ging in die Küche und machte auch dort wieder Ordnung. Dann setzte ich mich an den Schreibtisch in meinem Zimmer. Julchen trödelte durch den Garten. Sie genoss es wohl, dass Petra eine Weile nicht hinter ihr her war. Und ich? Na, so schlimm ist das auch wieder nicht, schalt ich mich. Es war mir doch nicht neu, dass Susanne nie ein Talent zur Hausfrau gehabt hat. Vieles hatte Robert früher bei ihnen erledigt, als er noch studierte.
*
Eifrig debattierend kamen sie gegen Mittag wieder zurück. Jedem gefiel ein anderes Haus. Das eine hatte ein spitzes Dach und oben Zimmer mit schrägen Wänden. Das fanden die Kinder einfach toll und romantisch. Der Garten aber war zu klein, und es lag an einer viel zu befahrenen Straße. Das andere, das zu mieten war, hatte einen zu großen Garten und das Haus ein Flachdach. „Da zieh' ich nicht nach oben. Im Sommer ist es dort viel zu heiß“, protestierte Christine sofort. Es sei im Ganzen auch viel zu klein, fand Susanne.
„Bleibt also nur die dritte Möglichkeit. Doch dieses Haus müsstet ihr ja kaufen oder nach einem Jahr wieder ausziehen“, stellte ich etwas ratlos fest.
„Es ist aber auch wert, gekauft zu werden!“ Robert