Piraten, Gouda und Genever. Claus Beese

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Piraten, Gouda und Genever - Claus Beese

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schnaubte sie verächtlich und fing an, um mich herum die Wasserlachen aufzuwischen.

      Ich kaufte Fingerhüte en gros, schnitt aus dickem Leder Handballenschützer und griff schließlich sogar zum äußersten Mittel: Nachdem die Hände meines holden Weibes zu fast nichts mehr zu gebrauchen waren, begann ich selber zu nähen. Ja, wirklich! Man musste schon bereit sein Opfer zu bringen. Meter um Meter kämpfte ich mich durch den Stoff, und wenn auch die Nähte nicht unbedingt die schönsten waren, so würden sie doch für die Ewigkeit halten. Zwischendurch steckte ich die verpflasterten Finger immer wieder in den Zehn-Liter-Eimer mit Eiswasser, den mir mein treusorgendes Eheweib hingestellt hatte.

      Dann kam der große Moment. Mit Freudentränen in den Augen und Händen, die aussahen als hätte ich mit einem Stachelschwein gerungen, machte ich den letzten Stich am letzten Polster.

      »Jjjjja! Geschafft!«, jubelte ich und fühlte mich unendlich gut. Die Tür flog auf und meine beiden Meerjungfrauen stürmten herein.

      »Hurra, hurra, hurra!« rief unser Leichtmatrose und schwenkte die Gläser, während mein holdes Weib den Draht vom Hals der Sektflasche tüddelte. Mit lautem Knall flog der Proppen aus der Flasche, sauste als Querschläger durch die ganze Garage und traf… mich!

      »Ohhhh! Nich schon wieder…«, säuselte ich und verdrehte die Augen. »Ndu mist immer scho drassssdischhhhh…!« Es hieb mir die Beine unter dem Achtersteven weg und die Bootspolster bestanden ihre erste Bewährungsprobe. Sanft bremsten sie meinen Fall, als ich mitten in sie hineinschlug.

      »Mama! Ich glaube, Papa verträgt keinen Sekt. Der fällt ja schon um, bevor er was getrunken hat!«

       »Muss wohl an der Marke liegen!«, murmelte mein weiblicher Barmixer erstaunt. »Reich mir mal den Eimer Wasser da rüber, Claudia!« ......

      Spuklichter und Podderaale

      »Irgendwie bin ich froh, dass euch die Polster auf eurem ersten Kahn damals denn doch noch gelungen sind«, meinte Heinz und schob die Kirchentür hinter sich zu. »Ohne die Dinger wären wir doch damals nie zum Poddern rausgefahren und die ganze Sache wäre katastrophal ausgegangen.«

      Der Verdener Dom war schon ein imposantes Bauwerk und auch die Innenarchitektur des Gotteshauses konnte sich sehen lassen. Wir hatten beschlossen, uns die Innenstadt ein wenig näher anzusehen. Als unsere Frauen zum Generalangriff auf den Verdener Einzelhandel geblasen hatten, war für uns Männer der Zeitpunkt zum Absetzen günstig gewesen. So waren wir also durch die malerische Altstadt des Ortes geschlendert, durch Gassen und Gässchen in denen die Zeit still zu stehen schien, und waren irgendwann am Dom gelandet. Es sprach für uns, dass unsere Wissbegier in kulturellen Dingen groß genug war, hineinzugehen um uns das Bauwerk auch von innen anzusehen.

      »Macht sich immer gut, wenn wir unseren Frauen nachher erzählen können, dass wir in der Kirche waren«, behauptete Wolfgang und Kurt lachte: »Bist du sicher, dass sie uns das auch glauben werden?«

      »Genug Kultur!«, entgegnete Kalli und zog die Tür vom „Goldenen Anker“ auf. »Ich brauch jetzt was Feuchtes. Und außerdem: welche Sache? Und was ist Poddern?«

      Kallis Idee, uns alle auf ein kühles Blondes einzuladen, fand großen Anklang. Kultur und Bildung konnte ja soooo durstig machen. Nicht umsonst hieß es „Wissensdurst“. Und den gedachten wir hier ausgiebig zu löschen.

      »Poddern?«, merkte der Wirt hinter Theke auf. »Kennst das nich, mien Jung? Kiekbusch, da hast nen langen Knüppel mit’m Bindfaden an. Und unten kommt ein Gewicht und ein Knäuel Würmer drrran, die du vorhäär aufn Wollfaden gezogen hast. Das Ganze lässte bis auf’n Grrrund rrrunnäär, un wenn die Aale da rrreinbeißen, värhäddäärn se sich mit die Zähne innen feinen Wollfaden. Na, und denn kannst se rrrausziehen. Feine Sache! Mach ich auch immäär!«

      Wir waren alle in Reih und Glied stehen geblieben und lauschten ergriffen und mit offenem Mund den Ausführungen des Wirtes. Der musterte uns der Reihe nach und fing breit an zu grinsen.

      »Sssteht da nich rrrum wie die Orgelpfeifen, setzt euch anne Theke oder annen Tisch und macht ne Ansage!«

      Erst jetzt merkten wir, dass wir sauber gestaffelt nach Größe in einer Reihe vor der Theke standen und den Herrn über die Fässer anstaunten wie das siebte Weltwunder.

      »Äh! Fünf Bier!«, stammelte Kalli und hatte Mühe sich zu sammeln. Der Wirt starrte einen Moment an Kurt empor und ließ dann seinen Blick über die Reihe bis zu mir hinabgleiten.

      »Große oder kleine?«, fragte er mit einem scheelen Grinsen.

      »Große«, beeilte ich mich zu sagen.

      »Kleine«, meinte dagegen der Lange.

      »Kein Problem«, grinste der Wirt. »Setzt Euch, Jungs! Der Grrroße kricht `n kleines, der Lütte da hinten kricht `n grrroßes und die andern kriegen ein nulldrrrei, alles klar!«

      Da kein Widerspruch erfolgte, griff er sich die entsprechenden Gläser und fing an sie zu füllen, während wir uns wortlos an einen der Tische setzten.

      »So, was war nun mit Poddern?«, fragte Kalli noch immer irritiert. Ich deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung Theke, wo mit leisem Zischen der kühle Gerstensaft aus dem Hahn in die Gläser floss.

      »Haste doch gehört! Dem ist absolut nichts hinzuzufügen«, lachte ich.

      »Blödmann! Das hab ich ja mitgekriegt. Aber was war damals in besagter Nacht?«

      »Los, Heinz. Du bist dran!« Heinz wehrte entschieden ab.

      »Nee, nee, Jungs. Ich kann das nicht! Lasst Claus man erzählen!«

      »Oh! `ne Geschichte übers Poddern? Moment, Frrreunde! Hier kommt das Biäär! Hähä! Wenn der Lütte dor hinten der Geschichtenerzähler is, sind die Getrrränke ja rrrichtig verteilt!«

      Damit stellte der Wirt die Gläser vor uns auf den Tisch und tatsächlich bekam ich als einziger einen halben Liter.

      »So!«, forderte der Herr der Zapfhähne. »Nu öl man schnell und denn fang an!« Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu uns an den Tisch. Fünf Augenpaare richteten sich erstaunt auf den Mann mit dem nördlichen Akzent. Der legte den Zeigefinger auf die Lippen, machte: »Psssst!« und deutete dann auf mich. Kalli fing verdächtig an zu glucksen, und auch wir anderen schmunzelten oder kicherten leise vor uns hin. Schließlich dröhnte lautes Gelächter durch die Schankstube und wir klopften uns vor Vergnügen auf die Schenkel.

      »Also gut!«, willigte ich ein und wischte mir die Lachtränen aus den Augen. »Dann hört mal alle her! Es war Hochsommer und die Schwüle kaum noch auszuhalten. Heinz und ich saßen auf dem Steg und badeten unsere Köder. Irgendwie war es aber selbst den Fischen zu warm. Sie dachten gar nicht daran, sich die Bäuche vollzuschlagen. Ich konnte das verstehen, denn bei der Hitze war selbst das Essen eine anstrengende Angelegenheit.

      »Ich glaube, heute beißt eh nix«, murmelte Heinz schlaff.

      »Komisch, früher haben wir bei solchem Wetter die dicksten Brocken gefangen.«

      Trotz der Hitze war mein Verstand noch in der Lage, derartige Anstrengungen auf sich zu nehmen und die Erinnerungen an bessere Zeiten aus dem hintersten Winkel der Gehirnwindungen hervorzukramen.

      »Wäre eigentlich bestes Podderwetter«, gähnte der PINGO-Skipper. »Deine DODI wäre zum Poddern auch bestens geeignet.

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