Quo Vadis Caput Mundi. Ann Bexhill
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„Essen, bei Merkur, noch nicht einmal dunkel und schon wieder ans Essen denken! Der Junge frisst mir noch die Haare vom Kopf“, schreit mein Vater. Er sitzt mit hochgezogener Tunika in der Küche auf der Latrine und macht sein Geschäft. „Du mußt xylospongio kaufen die sind wieder alle. Wer verbraucht nur immer die ganzen Schwämme? Soll ich mir den Hintern mit der Hand abwischen?“, fragt er.
Unser Domus ist an das öffentliche Wassernetz angeschlossen und die Latrine in der Küchenecke dient zugleich, als allesfressender Müllentsorger. Nachdem er sich den Allerwertesten mit dem letzten Xylospongio saubergemacht hat, steht er auf und schrubbt seine Finger im Wasser, dessen Leitungsabschluss, neckisch aus der Wand guckt.
Attilus mein Vater ist altmodisch, er isst nur zweimal am Tag, gegen Mittag und dann abends. Aber er sitzt so oft auf dem Abort, als würde er die Luft, die er so im Laufe des Tages einatmet, aus’m Hintern wieder ausscheiden.
„Hab eben einen Hunger“, sage ich und hefte den Blick aus dem Fenster auf die Nachbarn. Die stehen vor ihren Läden und tratschen. Mir fällt auf das unsre Fensterläden, beim geringsten Wind klappern, ich muß die reparieren, wer weiß, wann ich sonst dazu kommen werde. Zum Heulen ist mir zumute, komisch wegen einer blöden Fensterklappe.
„Geht’s dir nicht gut, Junge?“, fragt Vater. Er und Hermes haben mich allein großgezogen, als mir meine Mutter gestorben ist. Statt das zu tun, was die Meisten an Vaters Stelle praktizieren, den Knirps vor einem Tempel abstellen und die Beine in die Hand zu nehmen, haben die Beiden mich erzogen.
Heutzutage kann man seine ungewollten Kinder einfach vor den Tempeln ablegen, weil Menschenopfer sind offiziell vom Gesetzgeber als barbarische Unsitte verboten. Vor zwei Jahrzehnten war es noch nicht so und die Priester wussten immer nicht ob das ausgesetzte Baby auf dem Opfertisch sollte, oder wohin damit.
Vater versetzt mir einen Klatscher auf meinen Hinterkopf. „Was ist Quintus?“
Ich antworte sehr diplomatisch und verschlucke die Flüche die auf meiner Zunge liegen. „In Hinblick auf die Cicero Sache gehe ich nach Rom, Vater“, sage ich. Ja ich muß, ist eben ein Befehl von oben, da gibt‘s nichts daran zu rütteln. Es ist auch klug, wenn ein Haufen Optimaten versucht einen in die Nekropole zu befördern, etwas Urlaub zu machen.
Vaters Augen glänzen gerührt. „Der liebe Graccus hat dich, also nach Rom geschickt, das ist doch wunderbar. Und was sollst du da tun, vielleicht wirst du ja Kommandant von der römischen Stadtwache?“, vermutet er in völliger Verkennung aller Gesetze. Er sieht mich schon im Purpur der Senatoren. Regel hin oder her, dass nur Söhne von Freigeborenen mit einer Million Sesterzen in der Truhe und Landbesitz die Senatsbänke mit ihrem Hintern wärmen dürfen. Sorg und achtlos als wäre der Senat eine öffentliche Latrine und der Dreck, den die verzapfen wird vom Strom der Cloaca maxima weggespült.
Hermes stellt mir eine Schüssel mit Hühnersuppe, sogar mit Hühnerschenkel vor die Nase und daneben den frischgebackenen Dinkelfladen. Ich tunke den Fladen in die Suppe, köstlich, ich werde seine Kochkunst vermißen. Er ist der Einzige Mensch in Italia, der aus dem Mehl zuerst die Mehlkäfer sammelt.
Vater erwartet noch meine Antwort, er kann es nicht leiden, wenn ich lautlos für mich selbst denke und dann aussehe, als träume ich mit offenen Augen. Dabei ist mein Hirn immer hellwach, nur denke ich gerade im Moment an etwas anderes.
„Was ich dort tun soll? Nun Primus Pilus vom Praetor sein eben, nehme ich an. Ihr wisst schon für Recht und Ordnung sorgen, damit die Römer wieder ruhig schlafen können.“
Vater setzt sich neben mich. „Es ist deine Chance, Quintus. Versaue sie uns bloß nicht“, ermahnt er mich ohne einen Hauch von Abschiedsschmerz in seinem Gesicht. Der Mann war Sklave und hat es zwangsläufig gelernt seine Gefühle und Frustrationen mit einem Gesicht, aussagefähig wie ein Stein zu überspielen.
„Was hat denn der Konsul wollen?“, brüllt nun auch Hermes der offiziell Vaters Sklave ist. Er fasst es als große Beleidigung auf, nicht bis ins allerkleinste Detail informiert zu sein. Sobald er beleidigt ist, schmeckt sein Essen nicht. Er nimmt zu wenig Garum, Liebstöckel und Minze, er nimmt sogar zu wenig Nahrungsmittel zum Essen machen. Und weil ich ja nicht will, dass mein Vater vom Fleisch fällt, während ich in Rom bin, solange bis mir was einfällt wie ich nach Capua versetzt werde erkläre ich die Neuigkeiten.
„Das ist wunderbar, Quintus“, schreit nun Hermes. Die Nachbarn auf der Straße drehen die Köpfe zu uns hin und die Gespräche auf der Via Capua verstummen in Erwartung auf meine Neuigkeiten. Selbst die Urlauber die unter der Kolonnade an unserem Küchenfenster spazieren, bleiben auf einmal stehen.
„Rom! Da muß man sich ja nicht mehr schämen in dem Domus hier, so ganz ohne einen Cursus Honorum!“, brüllt er.
Mein Vater runzelt seine buschigen, grauen Augenbrauen, doch er schimpft den Hermes nicht, erstens würde er es sowieso nicht hören und zweitens sonnt sich mein Vater geradezu in den neidischen Blicken der Nachbarn. Zudem hat er vor dem griechischen Koch einen Mordsrespekt. Ich weiß woher das kommt. Wenn die Beiden sich streiten, sagt Vaters Sklave wie schnell Mal ein giftiger Pilz ins Essen plumpst. Sofort ruft Vater, falls ein Giftpilz in die Suppe fällt, dass ich das blitzschnell herausfinden werde und als nächstes geht‘s für alle Sklaven im Haus ab zur Kreuzigung. Der Hermes fragt dann immer, als wär‘s weniger ein moralisches, als ein mathematisches Problem – und sofern sich halt lohnt, Attilus? Mein Vater versteht das, als ehemaliges Besitztum vom Craccus sehr gut. Wie oft wohl stellen sich Sklaven die gleiche Frage, beim rasieren vom Besitzer zum Beispiel.
Der Turillios, ein Sklave des Merkurtempels hat‘s genauso gemacht. Ihm ist plötzlich die Göttin Venus erschienen und da ist er aus Schreck mit dem Rasiermesser abgerutscht, gerade wie er den Oberpriester die Kehle vom Bartwuchs befreien tut. Aber was will man da machen, gegen den Willen der Götter, wem sie sich offenbaren dem Erscheinen sie und da kann auch das Strafgesetz nichts dran ändern. Der Tempelsklave ist noch einmal vom Kreuz gehüpft, keiner kreuzigt in Capua einen Mann, dem eine wichtige Göttin erschienen ist, mit der Mahnung mehr Spiele zu ihrem Ehrentag zu geben. Unser Prätor, der oberste Richter des Gerichtshofes für Meuchelmord und Giftmischerei, war zu der Zeit gerade Lucullus Maximus und er hat auf eigene Kosten neue Sitzbänke für unseren schönen Circus gestiftet. Sein Bruder Flavianus war zu der Zeit Augur und erklärte vor dem Prozess, er möchte nicht in der Haut des Geschworenen stecken, der dem Boten der Venus den Sklaven Turillios des Mordes an seinem Herren für schuldig spricht. Er meinte, wer so wahnsinnig ist soll es wegen seiner tun, aber er möchte nicht dabei zusehen, wie er den ewigen Fluch auf sich und seine gesamte Verwandtschaft zieht.
Wir verfügen über drakonische Strafen, die verhindern sollen, das Besitztümer auf zwei Beinen ihre Herren umbringen. Hat einer seinen Besitzer ermordet, werden nach dem Zwölftafelgesetz, ohne Unterschied der Schuld ausnahmslos alle Sklaven jeden Alters und Geschlechts, aus dem Haus gekreuzigt. Die drastische Rache ist grausam und verständlich. Es gibt eben eine ungeheure Masse an Sklaven und seit dem Spartacus sitzt uns die Angst vor einem neuen Aufstand tief in den Knochen.
So oft wie zu mir verängstigte Menschen kommen, um zu erzählen sie vermuten ihre Sklaven planen sie zu ermorden, kann ich nicht mehr zählen.