Die Wolf. Jan-Hillern Taaks

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Die Wolf - Jan-Hillern Taaks

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       Impressum neobooks

      1. Kapitel

      Jan-Hillern Taaks

      Die Wolf

      oder

      Otto Mundt und seine Familie

      Kennen Sie die Wolf? Nein? Die meisten kennen sie nicht. Im Straßenbild fällt sie trotz ihrer Größe nicht auf. Fragt man allerdings Leute von der Hamburger Staatsanwaltschaft, so hört man:

      "Die Wolf? Ja, die kennen wir. Die ist gefährlich."

      Nicht alle sagen so, aber es gibt kaum einen Staatsanwalt, der nicht nervös wird, wenn sie auf der anderen Seite sitzt, als Verteidigerin zum Beispiel. Und es gibt auch einige Psychologen, die mit ihr nichts zu tun haben wollen. Wer ist "die Wolf?"

      Frau Dr. Helene Wolf, 1965 als Helene Marquart geboren, war mehrere Jahre Mitarbeiterin der Kanzlei Abelt, Abelt, Rossmer und Partner, und sie ist dort immer noch. Wenn man ihr in späteren Jahren begegnete, so schien sie eine nüchterne, schmucklose Person zu sein, die aber auch im reiferen Alter Menschen durch unerwarteten Charme gefangen nehmen konnte. Sie war schlank, fast hager, und über 1,80 cm groß. Meistens trug sie ein graues Kostüm und eine weiße Bluse, dazu einfache Schuhe mit flachen Absätzen. Ihr längliches Gesicht war ausdrucksstark, und wenn sie lächelte, so lächelte das ganze Gesicht. Die sanften, braunen Augen, die gerade, lange Nase, der breite Mund wirkten sympathisch, aber auch abweisend. Die mit Grau durchsetzten Haare trug sie streng in einem Knoten gebunden. Es war auffallend, dass sie keinen Schmuck trug. Es gab keine Kette, keine Brosche, keinen Ring, auch keinen Ehering.

      Helenes Mutter war Louise Marquart, die einen Ralf Boring geheiratet hatte, als sie bereits im fünften Monat schwanger war. Der Mann, den sie heiratete, war nicht der Vater des Kindes, und so war auf der Geburtsurkunde zu lesen, dass der Vater unbekannt sei. Später wurde bekannt, dass sowohl Louise als auch Ralf sehr wohl wussten, wer der Vater gewesen war, aber sie hatten aus Gründen, die nicht ganz klar waren, darüber geschwiegen. Beide, Louise als auch Ralf liebten das Mädchen, sie waren mit ihr glücklich. Die kleine Helene war der Mittelpunkt der kleinen Familie. Weitere Kinder kamen nicht.

      Die Religion spielte in diesen Jahren keine große Rolle. Ralf kam aus einem protestantischen Elternhaus, aber er war in jungen Jahren aus der Kirche ausgetreten. Louise Marquardt kam aus einem katholischen Haushalt, aber die Bindung zur Kirche hatte sich sehr früh gelockert. Sie und Ralf waren nicht kirchlich getraut worden. Allerdings war Helene nach katholischer Konfession getauft worden, und in den ersten Jahren ging Louise regelmäßig mit der Kleinen zum sonntäglichen Gottesdienst.

      Louise war an den Folgen eines Unfalls gestorben, als Helene gerade sieben Jahre alt gewesen war. Ralf hatte es dann übernommen, das Kind allein zu erziehen, was zunächst gar nicht so einfach gewesen war. Ralf war ein vielbeschäftigter Mann, denn als Filialleiter eines Supermarktes hatte er für das Mädchen nicht so viel Zeit, wie es vielleicht erforderlich gewesen wäre. Es half, dass Helene sehr ruhig war. Es war, als würde Helene verstehen, dass ihr Stiefvater sich alle Mühe gab, ihr ein Zuhause und Geborgenheit zu bieten. Für den Haushalt gab es noch eine Reinigungskraft, die natürlich kein Ersatz für die Mutter war.

      Der Abschied von der Mutter war für Helene sehr schwierig

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