Jochen Klepper - Dichter und Zeitzeuge. Jochen Klepper

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Jochen Klepper - Dichter und Zeitzeuge - Jochen Klepper

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den Zugang zur Ostsee. Aber ansonsten gelang es ihm, Preußen zu seinen Lebzeiten aus allen großen militärischen Konflikten herauszuhalten und den Aufbau seines Riesenheeres und den der armen Ostprovinzen ungestört voranzutreiben.

      Kriege sollten künftig nur noch geführt werden, wenn es sich dabei um eine vor Gott gerechte Sache handeln würde. Der König wird als sehr friedliebend dargestellt, hat er doch erkannt, welchen Schaden Kriege anrichten, welche schlimmen Auswirkungen diese auf Land und Bevölkerung haben. Um die Kriege einzudämmen und sein eigenes Land stark zu machen, baut er ein wehrtüchtiges Heer auf. Innerhalb kurzer Zeit verfügt der König über zahlreiche neu angeworbene Truppen, nicht zuletzt dank seiner unermüdlichen Werber, die sich auch unlauterer Methoden bedienen, um junge Männer für den Soldatendienst zu gewinnen. Potsdam wird Sitz des preußischen Heeres.

      Ständig wächst das Herr. Aber das genügt dem König nicht. Er führt die Wehrpflicht ein und schafft als erster Landesherr in Preußen ein Heer aus rekrutierten Landeskindern, nicht mehr als Söldnern.

      „Das Heer war Schönheit, Wohlstand, Ebenmaß“ heißt es im Buch (791 und 794), ist der ganze Stolz des Königs sowie: „Ein wohl ausgerüstetes Heer von zweihunderttausend Mann ist die beste und einzige Bürgschaft des Friedens.“ Die Hauptsäule eines wohl eingerichteten Regiment jedoch sollte der Gottesdienst sein. (853)

      „Welcher Soldat den allerheiligsten Namen Gottes durch Beschwörung der Waffen, Festmachen oder andere dergleichen verbotene Teufelskünste und Zaubereien missbraucht, Gottes Majestät, Eigenschaften, Verdienst und Sakrament oder heiliges geoffenbartes Wort lästert, schmäht oder schändet, hat nach göttlichen und weltlichen Gesetzen sein Leben verloren“ lautet eine königliche Order. (212)

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       Schwerid Rediwanoff aus Moskau, Grenadier vom Roten Leibbataillon der königlichen Riesengarde. Er gehörte zu den Männern, die Peter der Große im Geschenkaustausch gegen das Bernsteinzimmer nach Berlin schickte

      „Die sichersten Mittel, einem Volk, einem Land, einem Königreich eine dauerhafte Glückseligkeit zu verschaffen, sind ein Heer auserlesener Soldaten und eine gute Wirtschaft der Bürger“ lautet des Königs Wahlspruch, den er aus der Antike von Xenophon bezogen hat.

      Der König ist, wie gesagt, sehr friedfertig, der Krieg als solcher wird in Kleppers Roman sehr in Frage gestellt. Diese Botschaft hat man bei Erscheinen des Buches sicher noch nicht so herausgelesen wie wir es heute tun. Dass er ein stark ausgeprägtes Sündenbewusstsein hat, zeigt sich in den Momenten, in denen er Todesurteile aussprechen muss. Einmal fragt er den Pastor Johann Anastasius Freylinghausen, ob „der lebendige Gott den Soldatenstand segnet, in dem es doch schließlich und immer wieder zum Vergießen von Menschenblut kommt?“ (464)

      Der König hat zudem ein Herz für die Armen, schon als Kronprinz wusste er um die Elendshütten und -viertel in seinem zukünftigen Königreich, Höflinge sind ihm zuwider. Zu seinen Freunden zählt er den Alten Dessauer und Prinz Eugen, den edlen Ritter. „Fürchte Gott“ heißt seine Devise, für seine Untertanen gilt aber auch „Ordre parieren, nicht räsonieren“.

      Dann wieder legt er fast demokratische Tugenden an den Tag. Sein Verhalten gegenüber ledigen Müttern ist geradezu fortschrittlich zu nennen. Der König, der sich als „Sachverwalter Gottes auf Erden“ versteht, kommt zu der Erkenntnis, dass die vormals übliche harte Bestrafung der Mütter unehelicher Kinder Gottes Schöpferwillen widerspricht. Nur Kindsmörderinnen werden bestraft. Der König erneuert die Rechtsprechung. Vieles nimmt er selbst in die Hand. Nicht wenige Richter waren bisher bestechlich, nun ruft Friedrich Wilhelm I. das Volk auf, „mitzuschaffen an dem Rechte seines Landes, mit zu wachen über Preußens Redlichkeit“. (270) Er schafft Einrichtungen, die der Allgemeinheit zum Wohl dienen, zum Beispiel ein Pestlazarett, und gibt Anstöße zur Entstehung des Krankenkassenwesens. Er gründet ein Waisenhaus, verfasst selbst ein Lehrbuch für die Erziehung des neuen Staatsbeamten und Staatsbürgers, (347) gibt dem Land eine neue Verfassung (363) und führt die allgemeine Schulpflicht ein (433).

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      Durch die Abschaffung der Leibeigenschaft und der Prügelstrafe bricht Friedrich Wilhelm die verkrusteten Strukturen auf und legt die Fundamente für eine gerechtere Lastenverteilung, indem er diese gegenüber dem Adel durchsetzt, der wiederum recht unzufrieden ist, sieht er doch seine Rechte mehr und mehr bedroht. Durch Anwerbung von Fachleuten aus anderen Gebieten, Einführung neuer landwirtschaftlicher Geräte verhilft er den verwahrlosten Ostgebieten zum Aufschwung.

      Gegenüber der Königin Sophie Dorothea und der wachsenden Kinderschar (14 an der Zahl), von denen viele in jungen Jahren sterben, ist er, zumindest in den Anfangsjahren, ein liebevoller Gatte und Vater.

      Der König und sein Volk bleiben indes von Schicksalsschlägen nicht verschont. „Ein unheimliches Sterben unter den Regimentern war angebrochen (481), „durch Potsdam ging ...der Würgeengel“ (484), Teuerungswellen kamen über das Land (499).

      Intrigen, Emporkömmlinge und Günstlinge, die sich überschätzen, machen Friedrich Wilhelm I. oft das Leben schwer. Immer wieder findet er unzuverlässige Berater, was ihn wiederum tief verletzt. Der König führt die Briefzensur ein, als er glaubt, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange sei. Schuld an diesem Gerücht ist der Abenteurer Michael Clement, der ihm gefälschte Briefe vorgelegt und ihn in große Unannehmlichkeiten gegenüber den europäischen Höfen gebracht hat. Den König schmerzt dies besonders, weil er Clement persönlich vertraut hatte.

      Am Ende beugt sich der Rebell vor der Königsmacht als Inbild göttlicher Majestät und ist bereit, den Frevel, die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht zu haben, mit dem Tode zu sühnen. Denn Clement erkennt schließlich, nachdem er zum Tode verurteilt ist, Größe und Tragik des Königtums an: „Könige, Majestät, Könige im Glauben, sind wandelnde Gleichnisse unter den Menschen, sind Hüter der heiligen Ordnung Gottes, für die er sich in seinem Sohne hingab. Haushalter seiner Geheimnisse sind die Könige der Erde – auch dort, wo sie morden.“ (332) Der König aber fragte sich: „Was hatte Gott mit einem Menschen vor, den er vom Rebellentum zu solcher Demut vor der Ordnung führte?“

      Könige sind, heißt es an einer Stelle: „Sachverwalter des Glaubens auf Erden“. „Ihr Wandel sei voller Gleichnisse; Tod und Leben, Gnade und Gericht und alle Ordnung sei in ihre Hand gegeben.“ Zu dieser Ordnung gehören freilich auch Folter und Hinrichtungen. (301)

      Frevler, die wie der Abenteurer Clement die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht haben, müssen mit dem Tode sühnen, und daher darf der König nicht wie ein Privatmann einfach vergeben. Er wird darüber schwer krank. Den Prediger Roloff, der von seiner Gemeinde skeptisch betrachtet wird, aber sozusagen als Gewissen des Königs hier auftritt, dem es schwer fällt, „den Menschen die Botschaft von Gottes Gnaden zu bringen, denn vor dem frohen Boten stand das Kreuz“ – wählt sich der König zum Hofprediger. Er steht dem König an den existentiellen Stationen des Königslebens bei.

      Die Beziehung des Königs zu Roloff und anderen Geistlichen (Pater Bruns) findet Klepper vorgezeichnet in der Bibel, in der Beziehung König und Prophet (880): Saul / Samuel 1. Sam 9-15, David / Nathan 2. Sam 12, Ahabs / Elia 1. Könige 17, Jerobeus II. / Amos 2. Sam 12, Ahas / Jesaja Jesaja 7.

      Wie ein roter Faden zieht sich durch Kleppers Roman von Anfang an das tiefe Unverständnis der Königin Sophie Dorothea gegenüber ihrem Mann – und vor allem für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem König und dem Kronprinzen, dem späteren Friedrich dem Großen, der unbedingt eine männliche Erziehung erhalten soll, obwohl seine Neigungen in eine ganz andere Richtung tendieren.

      Mit psychologischer Einfühlsamkeit schildert Klepper die Gefühlswelt Friedrichs,

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