Jochen Klepper - Dichter und Zeitzeuge. Jochen Klepper

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Jochen Klepper - Dichter und Zeitzeuge - Jochen Klepper

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dies dem König bewusst wird und er entdeckt, dass Friedrich der Kronprinz Schulden gemacht hat, dass sich in der Bibliothek des Sohne kein Neues Testament befindet, wird Friedrichs Musikunterricht eingeschränkt, die „geliebten französischen Romane“ weggeschlossen (413), der Sohn wird stattdessen auf die Jagd geschickt und hart angefasst. Durch diese Erziehungsmethoden gewinnt der König nicht unbedingt das Herz seines Sohnes.

      Vater und Sohn entfernen sich immer mehr voneinander (477) und sind am Ende geradezu tödliche Feind geworden (535).

      Der König selbst wird immer strenger und verhärtet sich. Er lässt sich sogar zu Tätlichkeiten hinreißen, schlägt seine Untertanen, (570) prügelt sie, wenn es sein muss, auch mal mit dem Stock, selbst den Kronprinzen traktiert er auf diese Weise. Gleichzeitig steigert sich seine Schwermut ins Unerträgliche (573). Als er entdeckt, dass der Sohn das Land verlassen wollte, er nennt es desertieren, will er den Sohn sogar hinrichten lassen. Am liebsten hätte er auch seine älteste Tochter, die in Friedrichs Pläne eingeweiht war, vors Gericht gestellt. Eine Mitwisserin Friedrichs wird öffentlich ausgepeitscht (639) und Leutnant von Katte, ein enger Vertrauter des Prinzen, zum Tode verurteilt und unter dem Fenster des Thronfolgers hinrichtet. (661) „Aber da war kein Zorn in ihm, und er war nur vom Schmerz übermannt.“ (649)

      Der König hatte in seinem Sohn „den Gefährten in der Schwere des Amtes“ gesehen, er hatte versucht, ihn in die erkannte Gottesordnung zu zwingen. Die Flucht war Ausbruch aus dieser Ordnung, die Strafe ihre Wiederherstellung. Davon handelt vor allem das Kapitel „Der Gott von Geldern“. Hier hat Klepper den ansonsten in strenger Konsequenz und historischer Verantwortung nachgezeichneten Lebensweg Friedrich Wilhelms I. verlassen. Am 19.August 1937 schreibt er an die befreundete Familie Meschke: „Der Gott von Geldern ist für mich die einzige Lösung gewesen, Theologie in Epik umzuwandeln und in der Bildersprache zu bleiben, das irre Herumfahren auf dieser Reise ist historisch, die Begegnung mit dem Gott von Geldern aber Erfindung, an der ich schwer laborierte.“

      Klepper schildert, wie Friedrich Wilhelm in Geldern während eines Gottesdienstes auf die Pièta des schmerzensreichen Vaters stößt, deren Anblick ihn „ins innerste Herz“ trifft. (631) Der Vater hält den toten Sohn auf den Knien, der sich im Gehorsam opferte, den der Vater aus Liebe geopfert hat.

      Angetan von den „Leiden des ewigen Vaters“ wendet sich Friedrich Wilhelm an den Gemeindepastor, der sein Anliegen jedoch genau so wenig begreift wie die daraufhin um Rat gefragten Kantoren und Lehrer. Einzig der Erzbischof von Köln erfasst, „was in dem König vorgegangen war“ und gibt ihm den Rat: „Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber lass deine Seele nicht bewegt werden, ihn zu töten.“ (632) Doch beim König vollzieht sich noch keine innere Wandlung, für ihn ist der Sohn schuldig geworden, weil er desertieren wollte. Dazu kommt noch ein weiteres „Verbrechen“, das den Vater wohl am meisten trifft. Es ist der „Hochverrat, der an seinem Herzen verübt worden war. „Er ist für mich tot“, sagt der König. (633) Die Oberhofmeisterin von Kameke warnt ihn: „Bis jetzt taten Sie sich etwas darauf zugute, ein gerechter, frommer König zu sein, und dafür segnete Sie Gott. Nun wollen Sie ein Tyrann werden – fürchten Sie sich vor Gottes Zorn. Opfern Sie Ihren Sohn Ihrer Wut; aber seien Sie dann auch der göttlichen Rache gewiss.“ (634)

      „Unabänderlich ist das Gesetz“, sprach der König, „und um der ewigen Ordnung willen muss es bestehen; denn alle Ordnung spiegelt Gottes ewiges Maß.“ (637) „Einer muss um der verletzten Ordnung willen sterben.“

      Um der Gerechtigkeit und der Ordnung willen ist der Preußenkönig bereit, seinen Sohn zu opfern, so wie einst Abraham seinen Sohn Isaak.

      Der in der Bibel lesende König – Klepper arbeitet die Bedeutung der Heiligen Schrift für den König immer wieder klar heraus – meint aus der Schrift entnehmen zu müssen, das zur Wiederherstellung der „verletzten Ordnung“ ein Opfer von ihm gebracht werden müsse. Seine Krone war ihm zur Dornenkrone geworden und sein Zepter zum Kreuz. (651) Der König meint, es sei besser, dass ein Mensch stirbt, als dass die Justiz aus der Welt komme. Das Kriegsgericht entzieht sich indessen der Aufgabe, den Sohn zum Tode zu verurteilen und hinrichten zu lassen. Es ist der von Gott gegebene Auftrag an die Könige, dass sie das staatliche Recht in dieser Welt hochhalten, glaubt der König lange Zeit und erkennt dann doch, nach vielen Qualen und inneren Kämpfen, dass Gott sein Opfer nicht wollte. Durch den Versuch, seinen Sohn nach seinem Bilde zu formen, hatte er seinen Königsauftrag, Diener Gottes zu sein, aus den Augen verloren. Ganz allmählich wird dem König bewusst, dass er zu weit gegangen war, er ist „zu Tode erschrocken“, als er merkt, dass er versucht hat, sich mit Gott zu messen, statt ihm zu dienen. (669) Er erkennt: Der König ist nicht Gott, und die Ordnung ist zuletzt nicht sein Werk, sondern Abbild, irdisches Gefäß und bleibt offen für Gottes unbegreifliche Freiheit, Neues zu schaffen.“ (670)

      „Gott ließ sich nichts abtrotzen. Gott allein vermochte Menschen zu machen nach seinem Bilde.“

      Später heißt es: Der König richtete seinen Sohn nicht, er betete für seinen Sohn.“ (706) Ganz deutlich wird der Wandel des Königs: Am Anfang des mit „Der Gott von Geldern“ überschriebenen Kapitels lässt Klepper den Preußenkönig über seinen Sohn sagen: „Er ist für mich tot. Ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen, als das Gericht über ihn einzusetzen.“ Am Ende dieses Kapitels aber steht ein Gebet. (670)

      Als Gnadengabe Gottes empfängt der König seinen Sohn zurück und sieht in ihm erneut den vorbestimmten Nachfolger.

      Die Versöhnung zwischen Vater und Sohn bahnt sich an, als der Kronprinz in den Oderbruch kommt und überrascht ist, wie weit das Werk des Vaters dort gediehen ist, weil er die besten seiner Beamten dorthin geschickt hat. (679)

      Durch kleine Episoden und Begegnungen wird dem Kronprinzen nach und nach klar, dass sein Vater kein Unhold ist, dass der Vater ihn liebt und ihn auf das schwere Königsamt vorbereiten möchte.

      Die Veränderung beim Kronprinzen liegt in dem Satz, den er dann ausspricht: „Ich hatte bisher nie geglaubt.. dass mein Vater die geringste Regung von Liebe für mich hätte. Nun bin ich davon überzeugt. Kurz, der Teufel selbst muss ins Spiel kommen oder diese Aussöhnung ist ewig.“ (709)

      Es dauert allerdings eine geraume Zeit, bis Friedrich in dieser Weise zu seinem Vater findet, aber dann ist mir das Beisammensein der beiden gar zu harmonisch geschildert. In der Realität hat der spätere Friedrich II. sicherlich immer noch einen Stachel im Herzen gegen seinen Vater gehabt. Hören wir noch einmal von Krockow: „Friedrich ist wirklich und lebensbestimmend vom Kampf mit dem Vater geprägt worden. Noch der weltberühmte König und Feldherr wurde in seinen Träumen wieder und wieder von der prägenden Gestalt, vom gespenstischen Über-Ich des Vaters heimgesucht, der Rechenschaft verlangte.“

      Erwähnt werden muss auch, dass der König Emigranten aufgenommen hat für seine menschenarmen Länder im Osten, vor allem die aus dem Salzburgischen vertriebenen Ketzer.

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       Empfang der Salzburger Protestanten in Berlin am 30. April 1732

       Von Konstantin Johann Franz Cretius – www.artnet.de, gemeinfrei https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2318223

      Litauen wird das neue Kanaan. (747) Auch ihnen, den bedrängten Salzburger Glaubensbrüdern, will der König Fürst und Vater sein. Die Begegnung Friedrich Wilhelms schildert der Autor in einem friedvollen Bild. Der Herrscher fährt den Flüchtlingen entgegen und stimmt das Lied an: „Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not.“ – „Der König sang in die Ewigkeit, und einen Augenblick war er, vor allem Volk singend, doch allein vor Gott mit seinem Königslied.“ (748) Zum Schluss heißt es: „Es war alles voller Bibel!“ (749) Später folgten auch noch böhmische Exulanten. (783)

      Klepper

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