Der junge Reformator Luther - Teil 2 – ab 1518. Heinrich Boehmer

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Der junge Reformator Luther - Teil 2 – ab 1518 - Heinrich Boehmer gelbe Buchreihe

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gegen uns üben.“ Cajetan war also so unvorsichtig gewesen, gegen Staupitz etwas von dem Haftbefehl Gabriel Voltas verlauten zu lassen, der ja durch das päpstliche Breve vom 11. September nicht ausdrücklich aufgehoben war und daher jederzeit vollstreckt werden konnte. Danach zweifelte Staupitz nicht, dass er sowohl ihn wie Luther zu verderben entschlossen sei, und traf demgemäß seine Anstalten. Während die kleine Eminenz im Fuggerhause über einem neuen Aufsatz gegen Luther brütete, lief er in der ganzen Stadt herum, um ein Darlehn für Dr. Martinus aufzutreiben, denn in Deutschland, meinte er, könne Luther nicht mehr bleiben. Er müsse vielmehr jetzt sogleich sich nach einem Orte wenden, wo ihn der Arm des Papstes nicht erreichen könne, nämlich nach Paris. Es fand sich jedoch leider unter seinen Bekannten in Augsburg keiner, der so viel Geld, als er begehrte, bereitliegen hatte. Gleichwohl hielt er es doch für gut, Luther jetzt schon, damit er ohne Rücksicht auf den Orden tun und lassen könne, was er wolle, aus seiner Obedienz zu entlassen, d. h. ihn von allen Pflichten gegen den Orden förmlich zu entbinden. Alsdann verschwand er am 16. Oktober, ohne sich von Cajetan zu verabschieden, mit Bruder Wenzel aus Augsburg. Am selben Tage legte Luther in St. Anna mit Wissen und Rat der beiden sächsischen Räte in aller Form Rechtens vor Notar und Zeugen Berufung ein von dem schlecht unterrichteten an den besser zu unterrichtenden Papst (a papa male informato ad papam melius informandum), d. h. er lehnte die beiden in der Vorladung vom Juli genannten römischen Richter Ghinucci und Prierias wegen Befangenheit und mangelnder Sachkenntnis ab und ersuchte um Vernehmung durch gelehrte päpstliche Kommissare an einem sichereren Ort als Rom, wo sogar der „beste Papst“ Leo voriges Jahr beinahe einem Mordanschlag zum Opfer gefallen wäre. Auch sei es ihm schon wegen seiner schwachen Leibesbeschaffenheit nicht möglich, jetzt eine so weite Reise zu unternehmen. Am 17. Oktober schrieb er dann in dem ihm von Staupitz und Link empfohlenen Sinne an Cajetan. Dieser Brief machte mit einem Schlage den frohen Erwartungen des Kardinals ein Ende, denn er bekennt darin frank und frei, sein Gewissen erlaube ihm nicht, zu widerrufen; weder durch das Gebot noch den Rat eines anderen noch durch die Rücksicht auf eine andere Person könne und dürfe er aber sich bestimmen lassen, etwas wider das Gewissen zu reden oder zu tun. Da man inzwischen auch im Fuggerhause erfahren hatte, dass Staupitz und Link spurlos aus Augsburg verschwunden seien, so war Cajetan jetzt allem Anschein nach völlig im unklaren, was er tun solle. Er machte es daher wie alle Leute in solcher Lage und Stimmung: er tat vorläufig gar nichts. Auch auf seinen zweiten Brief vom 18. Oktober, in dem Luther sich in aller Form von ihm verabschiedete und seine bevorstehende Abreise ankündigte, gab er keinen Laut von sich. Dies Stillschweigen ward den sächsischen Räten und Luthers Augsburger Freunden allmählich unheimlich. Am 20. Oktober beschlossen sie daher, ihren Schützling schleunigst aus Augsburg fortzuschaffen. Als die Nacht hereingebrochen war, öffnete ihm der Domherr Langenmantel ein Pförtchen der Stadtmauer, durch das er unerkannt entkommen konnte. Draußen wartete auf ihn schon ein alter städtischer Ausreiter mit einem zweiten Pferd, auf das er sich, so, wie er war, nur in Kniehosen, Socken, ohne Messer, Wehr und Sporen, schwingen musste. Da das Ross unglücklicherweise ein sehr harter Traber war und sein Begleiter unterwegs nicht ein Wort sprach, so dachte er noch nach Jahren mit Schrecken an diesen Ritt zurück. In Monheim, wo er zuerst haltmachte, konnte er zwar absteigen, aber nicht stehen, und fiel daher gleich wie tot in die Streu. Am 22. Oktober ritt er dann weiter nach Nürnberg, wo er von Willibald Pirckheimer mit großen Ehren bewirtet wurde und unter anderen auch den berühmten Albrecht Dürer kennenlernte.

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       Willibald Pirckheimer, porträtiert von Albrecht Dürer (1503)

       Willibald Pirckheimer (auch Bilibald Pirkheimer, lateinisch Bilibaldus; * 4. Dezember 1470 in Eichstätt; † 22. Dezember 1530 in Nürnberg) war ein deutscher Renaissance-Humanist. Er war ein Freund Albrecht Dürers und Berater Kaiser Maximilians I.

       https://de.wikipedia.org/wiki/Willibald_Pirckheimer

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      Noch vor seiner Abreise erreichte ihn hier ein Brief Spalatins mit einer Kopie des päpstlichen Breve vom 23. August, das seine sofortige Verhaftung befahl. In dem Gefühl, einer großen Gefahr entronnen zu sein, ritt er dann am 24. Oktober weiter gen Norden. Etwa am 26. Oktober begegnete er bei Gräfenthal unweit Saalfeld dem Grafen Albrecht von Mansfeld (Albrecht VII., Graf von Mansfeld war ein deutscher Adliger aus dem Haus der Grafen von Mansfeld, der aufgrund seines Eintretens für die Reformation über die Grafschaft Mansfeld hinaus von Bedeutung war.). Der lachte nicht wenig seiner Reiterei und lud ihn gleich freundlich zu Gaste. Von da ging die Reise dann das Saaletal abwärts nach Weißenfels und Leipzig. Hinter Leipzig verirrte er sich, fand sich aber doch schließlich wieder zurecht, so dass er am Jahrestage der Thesen, Sonntag, den 31. Oktober, morgens glücklich Kemberg erreichte, wo er sogleich – „so heilig war er damals noch“ – eine Messe las. Von da gelangte er dann im Laufe des Nachmittags nach Wittenberg. „Mir ist so froh und friedvoll zumute“, schreibt er am Abend an Spalatin, „dass ich mich wundere, was für ein Wesen so viele große Leute von meinen Kämpfen und Leiden machen.“ Wenige Tage später hatte er schon einen für die Öffentlichkeit bestimmten Bericht über das Augsburger Verhör mit urkundlichen Beilagen (Acta Augustana) fertig, der aber erst Anfang Dezember erscheinen durfte. Indes, er war eigentlich heimgekehrt, um Abschied zu nehmen. Sobald die erwartete Bannbulle eintraf, wollte er, wie ihm Staupitz geraten hatte, fort nach Frankreich. Seinem Fürsten wünschte er dann jedenfalls unter keinen Umständen mehr zur Last zu fallen.

      Inzwischen hatte aber auch Cajetan endlich gesprochen.

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      Friedrich der Weise am Scheidewege

      Kurz nach Mitte November langte am kurfürstlichen Hoflager zu Grimma ein schon am 25. Oktober verfasstes eigenhändiges Schreiben Cajetans an den Kurfürsten an. Der Legat schildert darin kurz die Augsburger Verhandlungen, für deren Misserfolg er natürlich allein Luther verantwortlich macht. In seinen Thesen, erklärt er dann, hat Luther seine neuen Anschauungen nur disputative d. h. nur als erwägenswerte Meinungen, vorgetragen, in den Sermonen über den Ablass und die Kraft des Bannes aber affirmative et assertive, d. h. als Ausdruck seiner persönlichen Überzeugung. Da dieselben teils gegen die Lehre des Heiligen Stuhles verstoßen, teils offenkundig häretisch sind, so wird der Kurfürst, wenn er seiner Ehre nichts vergeben und der Stimme seines Gewissens gehorchen will, nicht umhin können, „den schäbigen Bettelmönch“ (fraterculus) entweder nach Rom auszuliefern oder aus seinen Landen zu verjagen. In Rom wird man nicht zögern, diese pestilenzialische Sache gerichtlich weiterzuverfolgen.

      Der Kurfürst ließ Luther schon am 19. November eine Kopie dieses Schreibens zustellen mit dem Bemerken, sich darüber zu äußern. Luther antwortete ihm noch am selben Tage mit einem mehr als einen Druckbogen füllenden Briefe, in dem er die Behauptungen und Forderungen des Legaten einer eingehenden Kritik unterzieht. Mit außerordentlichem Geschick hebt er hervor, dass er nicht wegen der von dem Legaten gebrandmarkten Sermone, sondern nur wegen der von ihm ausdrücklich als nicht unzulässig anerkannten Thesen in Anklagezustand versetzt worden sei. Fast noch bewunderungswürdiger ist der Scharfsinn, mit dem er alsdann die schwächste Stelle in Cajetans Beweisführung aufdeckt, nämlich die Unterstellung, dass die von Luther bekämpfte Auffassung des Ablasses von der Kirche schon in aller Form angenommen und anerkannt worden sei. Dieses Mankos war sich der gelehrte Kardinal selber sehr wohl bewusst. Daher hatte er inzwischen schon von Augsburg aus in Rom den Erlass einer offiziellen Lehrdeklaration über den Ablass beantragt und gleich den Entwurf zu einer solchen beigelegt, so dass diese Deklaration (Cum postquam) bereits am 9. November veröffentlicht werden konnte. Sehr eindrucksvoll legt Luther sodann dar, dass Cajetan die Versprechungen, die er dem Kurfürsten gegeben, nicht gehalten habe, gleichwohl aber ihm zumute, ihn, Luther, auszuliefern, ohne auch nur den Versuch zu machen, die Irrtümer, die er ihm vorwerfe, genau zu bezeichnen, geschweige denn als ketzerisch zu erweisen. Dem Fürsten befehlen, ihn nach Rom

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