Der junge Reformator Luther - Teil 2 – ab 1518. Heinrich Boehmer
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Luther mit Gewalt zu vertreiben oder gar an Händen und Füßen gefesselt nach Rom auszuliefern, daran hat Friedrich in der Tat sicher nie gedacht. Denn dass dieser Mann, für den fast alle seine Räte und seine ganze Universität so warm eintraten, ein Ketzer sei, das ließ er sich nicht einreden. Aber er glaubte Luther nicht vor den Folgen des Bannes schützen zu können. Darum wäre es ihm lieb gewesen, wenn er gar nicht erst wieder nach Sachsen zurückgekehrt wäre. Doch ist sichtlich am 30. November ein Wandel in seiner Stimmung eingetreten. Luther führt diesen Umschwung später auf die Verhandlungen Friedrichs mit dem päpstlichen Nuntius Miltitz zurück.
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Karl von Miltitz war päpstlicher Nuntius und verhandelte mit Martin Luther. Er wurde Kanonikus in Mainz, Trier und Meißen, 1515 päpstlicher Notar und Kämmerer in Rom und wurde 1518 als päpstlicher Nuntius nach Sachsen gesandt, um ein Stillhalteabkommen mit Luther auszuhandeln und den Kurfürsten Friedrich den Weisen davon abzubringen, Luther weiterhin zu schützen. Er hatte im Januar 1519 mit Luther eine Unterredung in Altenburg, im Oktober desselben Jahres auch in Liebenwerda und ein Jahr darauf im Antoniterkloster Lichtenberg bei Prettin, doch blieben diese erfolglos.
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_von_Miltitz
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Aber Miltitz ist erst am 28. Dezember in Altenburg eingetroffen. In dieser Form kann also die Nachricht nicht ganz richtig sein. Wohl aber ist möglich, dass der kurfürstliche Rat Pfeffinger, bei dem Miltitz sich damals aufhielt, Friedrich in jenen Tagen mitteilte, dass Miltitz die Lage sehr optimistisch ansehe und dass dies dann beruhigend auf den Fürsten gewirkt hat. Immerhin hielt Friedrich es für nötig, in den ersten Dezembertagen in Altenburg die Frage, ob er Luther ausliefern solle, seinen Räten vorzulegen. Diese waren nun schon damals fast alle „gute Lutherer“. Sie erklärten sich nach einer humorvollen Ansprache des von Luther wegen seiner natürlichen Klugheit besonders geschätzten vogtländischen Edelmannes Fabian von Feilitzsch einstimmig gegen die Auslieferung. Danach entschloss sich auch Friedrich, Cajetans Forderungen abzulehnen und seinen Kanzler anzuweisen, eine in diesem Sinne gehaltene Note an den Kardinal zu entwerfen. Damit war freilich die Frage, ob Luther dauernd in Sachsen bleiben könne, noch nicht entschieden, aber die Lage doch so weit geklärt, dass er Spalatin beauftragen konnte, Luther nach Schloss Lichtenberg bei Pretzsch, wo niemand sie stören konnte, zu zitieren und ihm dort den Stand der Dinge darzulegen. Diese Zusammenkunft fand zwischen dem 3. und 6. Dezember statt. Über ihren Verlauf sind wir nicht unterrichtet. Fest steht nur, dass Spalatin im Auftrage des Kurfürsten Luther empfahl, seine Abreise nach Frankreich nicht zu übereilen, Luther aber bei seinem Entschlusse beharrte, Wittenberg zu verlassen, sobald die erwartete Bannbulle eintreffe, und erneut darum nachsuchte, ihm die Herausgabe seiner Acta Augustana und seiner Appellation an ein künftiges Konzil zu gestatten, von der der Kurfürst bisher nichts hatte wissen wollen. Diese Bitte lehnte der Kurfürst, wie Spalatin ihm sogleich meldete, auch jetzt wiederum ab. Inzwischen hatte Luther aber die beiden Schriftstücke, ohne die Antwort des Kurfürsten abzuwarten, schon am 8. Dezember veröffentlicht, weil er, wie er am 9. Dezember an Spalatin schreibt, sich mit diesen wie mit allen Dingen jetzt beeilen müsse. Der Kurfürst war hierüber nicht wenig aufgebracht. Er ließ ihm am 12. Dezember schreiben, dass er den weiteren Verkauf der Acta nur gestatten könne, wenn die böse Stelle des Nachworts, in dem das päpstliche Breve vom 23. August als eine Fälschung bezeichnet wird, mit Druckerschwärze überzogen werde; das ist denn auch sogleich geschehen.
Friedrich der Weise – Cranach
Am 18. Dezember ließ dann Friedrich endlich das nach seiner Gewohnheit „Wohl zehn, ja zwanzig und mehrere Male“ von ihm durchgesehene und geänderte Schreiben abgehen, in dem er Cajetans Anträge ablehnte. Luthers Brief vom 19. November legte er bei, aber wohl auch erst, nachdem er ihn sorgfältig geprüft und hier und da verbessert hatte.
Damit war die Entscheidung über Luthers Zukunft gefallen, denn Friedrich gehörte zu den langsamen Naturen, die sehr viel Zeit brauchen, um zu einer bestimmten Meinung über eine Person oder Sache zu gelangen, aber von dieser Meinung dann kaum je sich wieder abbringen lassen, sondern mit größter Zähigkeit an ihr festhalten. So hat er auch seitdem, obwohl ihm das nicht nur durch Luthers Feinde, sondern auch durch Luther selbst oft recht schwergemacht wurde, unentwegt an Luther festgehalten.
Luther war über das kurfürstliche Schreiben, das ihm sofort mitgeteilt wurde, sehr erfreut. Den Plan, Wittenberg zu verlassen, gab er aber auch jetzt noch nicht ganz auf. „Ich werde hier sicher die Bannbulle abwarten“, schreibt er am 26. Dezember, „hoffe aber, dass man sich damit in Rom jetzt nicht überstürzen wird.“ Wir wissen nicht, wie er zu dieser Hoffnung gekommen ist. Jedenfalls hat sie ihn nicht betrogen.
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