START WORSE. Jack Riekmanz
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу START WORSE - Jack Riekmanz страница 4
„Nuke! Nuu-uuke!“
Eine schrille Frauenstimme durchdrang den alkoholumnebelten Schlummer des jungen Mannes und zerfetzte dessen überaus angenehmen Traum, in dem einige mit hauchdünnen Gazetüchern bekleidete junge Damen die Hauptrolle spielten, in tausend kleine Stücke.
„Nuke!“
Ein ungeduldiges Pochen begleitete die Stimme nun aus einer Richtung, in der der schlaftrunkene schmächtige Jüngling die verschlossene Tür seiner persönlichen Müllhalde vermutete, welche keine Mutter der Welt mit der hochtrabenden Bezeichnung „Zimmer“ bedacht hätte.
„Es ist längst Zeit zum Aufstehen, Nuke!“, drang die Stimme erneut durch die robuste Nirosta-Stahltüre hindurch.
„Du musst deinem Onkel nachher auf den Schlafmohn-Feldern helfen und außerdem müsst ihr heute noch auf dem Flohmarkt einen neuen Drogiden kaufen gehen!“
Nuke Swinewhacker gähnte herzhaft. Er öffnete ganz leicht die vom Flash der letzten Nacht geröteten Augen. Zum Glück war es finster in dem Raum, der gleich neben der Werkstatt der Farm lag.
„Nuke! Hast du gehört, Junge? Gib deiner alten Tante doch wenigstens eine Antwort!“
Seine brennenden Augen reibend stieg der junge Mann mit unsicheren Beinen aus dem Bett und rief: „Ich komme gleich, Tante Bong!“
„In zehn Minuten gibt es Frühstück, Nuke! Entweder bist du rechtzeitig da, oder du gehst eben ohne Frühstück und hungrig zur Arbeit! Wenn du mit deinen Kumpeln die halbe Nacht lang in der Kneipe Bier trinken kannst, dann kannst du am nächsten Tag auch arbeiten!“
„Ist ja schon gut, Tante Bong!“, rief der junge Mann mürrisch und stieß sich auf seiner Wanderung durch den dunklen Raum den großen Zeh an einem herumliegenden 20er Maulschlüssel. Der von einem grässlichen Kater geplagte blässliche junge Mann unterdrückte einen Fluch. „Ich bin gleich bei euch!“
„Das will ich dir auch geraten haben, Nuke! Dein Onkel Sniff und ich haben hier auf der Farm jede Menge zu tun, und du schlägst dir die Nächte mit deinen so genannten Freunden um die Ohren! Glaubst du etwa, ich wüsste nicht, wohin die ganzen Probierpäckchen mit unseren neuesten Kreationen verschwinden? So geht das nicht weiter, Nuke!“
„Ich werde mich bessern, Tante Bong, ehrlich! Stell‘ mir doch bitte schon einen dreifachen schwarzen Kaffee auf den Tisch, ja?“
„Also gut, Nuke, belassen wir es für heute dabei“, tönte die Stimme seiner Tante von draußen. „Ich werde deinem Onkel einstweilen nichts davon erzählen, dass du deine Freunde regelmäßig mit unseren Gratisproben aushältst, aber du musst mir dafür versprechen, dass das aufhört!“
Mit zitternden Fingern tastete Nuke nach dem Lichtschalter an der Wand.
„Ich verspreche es, Tante Bong!“, brachte der junge Mann heraus und bemühte sich um einen ehrlich klingenden Tonfall. Mist, dachte er bei sich, wie um alles in der Welt hat sie das bloß rausgekriegt?
„Dann bis gleich, Nuke!“, sprach Tante Bong und entfernte sich.
Nukes nervös umher wandernde Finger trafen endlich auf den altmodischen Kippschalter und betätigten ihn. Damit weckte Nuke die uralten und stroboskopisch flackernden Leuchtstoffröhren, die das Zimmer aus der gnädig verhüllenden Dunkelheit rissen. Die altersschwachen Leuchten tauchten den Raum nun in blassbläuliche, kalte Lichtschauer, die ihn fast so anheimelnd wirken ließen wie einen OP-Saal. Überall auf dem schmierigen Linoleumboden türmten sich zerlesene technische Handbücher, Elektronikschrott, ölige Werkzeuge und Putzlappen voller Schmierfett. Dieses schmutzige Durcheinander wurde hier und da durch einige leere Bierdosen und alte Pizzaschachteln aufgelockert. Ein paar wagemutige kleine Krabbeltiere, die in diesen Schachteln gerade die wenigen schimmeligen Überbleibsel vertilgten, wurden von der plötzlichen Helligkeit erschreckt und huschten leise zirpend in die dunkleren Gegenden des Raums. Spätpubertäre Poster, von denen muskelstrotzende Helden und vollbusige Heldinnen aus kitschigen Tridvids herabgrinsten, verunstalteten die freien vertikalen Flächen des Zimmers. Immerhin vermochten die Plakate die zahlreichen Flecken an den Wänden der völlig verwahrlosten Bruchbude zu verdecken. Auf einem wackligen Schreibtisch neben Nukes Bett lagen verschiedene Schreibutensilien und fleckige Briefbögen. Ein paar Raumschiffmodelle, die Nuke in seiner Freizeit aus Drogidenschrott zusammenbastelte, zierten ein billiges Regal aus Sperrholzplatten. Ein schmaler Kleiderschrank aus billigstem Holzimitat und ein gleichartiger Klappstuhl komplettierten das verlotterte Interieur.
Nuke wankte in die Nasszelle seines Zimmers und gönnte sich eine ausgiebige heiße Dusche.
Wasser war auf Tattoo-Dirn eine besondere Mangelware, neben den vielen anderen Mangelwaren, die es hier gab. Mangel war eigentlich das einzige, was auf diesem öden Planeten im Überfluss vorhanden war. Üblicherweise wurde Frischwasser mindestens zehnmal für den Eigenverbrauch eines Haushalts wiederaufbereitet, bevor man es anderen Zwecken zuführte. Und selbst Abwasser war noch zu kostbar, um es einfach wegzukippen. Sobald die Wiederaufbereitung des Wassers für den Haushalt zu aufwändig wurde, wurde es speziellen Anlagen zugeführt, die der schmutzstarrenden Brühe die flüssigen Bestandteile entzogen. Am Ende des Dehydrierungsprozesses erhielt man einen knochentrockenen, extrem reichen und extrem leichten Dünger, und mit dem gewonnenen Restwasser wurden Nutzgärten oder Felder bewässert.
An all dies musste Nuke in diesem Moment denken, als er sich unter dem dünnen Rinnsal einseifte, das aus dem hoffnungslos verkalkten Duschauslass rieselte.
Nach ein paar Minuten fühlte sich Nuke so weit wiederhergestellt, dass er aus der Dusche treten und sich ankleiden konnte. Danach öffnete er die Tür seines Zimmers und betrat einen Korridor, der von einigen trüben Energiesparlampen erleuchtet wurde. Über eine Treppe erreichte er den an der Oberfläche des Planeten liegenden Teil des Farmgebäudes.
Onkel Sniff saß bereits am Frühstückstisch und biss gerade mürrisch in ein altbackenes Brötchen, als Nuke ins Esszimmer trat.
„Ah, unser Herr Neffe beehrt uns endlich mit seiner Anwesenheit“, brummte Nukes Onkel undeutlich und verstreute dabei Brötchenkrümel auf dem Tisch.
„Auch dir einen guten Morgen, Onkel Sniff“, erwiderte Nuke kaum freundlicher.
„Hier ist dein Kaffee, Nuke“, mischte sich nun Tante Bong diplomatisch ein und stellte einen großen Kunststoffbecher mit einer schwarzen dampfenden Flüssigkeit auf den Tisch. Kaffee schwappte über den Becherrand und formte langsam einen bräunlichen Ring auf der Tischoberfläche.
„Danke, Tante Bong“, erwiderte Nuke, ergriff den Becher und verbrannte sich mit dem ersten Schluck Lippen, Zunge und Gaumen.
„Wisst ihr, ich habe mir etwas überlegt“, eröffnete Nuke etwas, was auf Tattoo-Dirn als Gespräch durchgehen mochte, während er den Kaffeebecher wieder abstellte.
Onkel Sniff kaute lustlos sein trockenes Brötchen und trank einen Schluck Kaffee. Tante Bong bereitete in der Kochnische geschäftig ein paar belegte Brote für ihren Ehemann und für ihren Neffen zu. Niemand sagte etwas.
„Also,