Das Herz der Greakar. Christian Dornreich
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Читать онлайн книгу Das Herz der Greakar - Christian Dornreich страница 8
Aus dem Wald ertönte lautes Brüllen, gefolgt von ohrenbetäubender Stille. Und wieder ein Brüllen. Lautes Wiehern ließ Rohar herumfahren und er sah Tjagar, dessen Pferd gescheut hatte, direkt hinter sich. Der große Greakar bemühte sich, das Tier unter Kontrolle zu halten und zu beruhigen. Er tätschelte ihm etwas unbeholfen den schlanken, braunen Hals und beugte sich vor, als er in leisen Worten mit dem aufgeregten Tier sprach.
»Waldpanther«, flüsterte Rohar seinem Freund zu.
»Hmm«, brummte Tjagar mit seiner tiefen Bassstimme, »aber diese Tiere sind für gewöhnlich scheu und greifen keine berittenen Kriegertrupps an. Es sei denn, sie hätten Hunger ...« Tjagar grinste breit, was die Tätowierungen in seinem Gesicht zucken ließ. »Es sind ja keine Steinlöwen.«
Rohar erlaubte sich ein schmales Lächeln. »Nein, sind sie nicht.«
Möglicherweise...
Steinlöwen galten im wilden Land als überaus gefährlich. Sie waren große und starke Raubtiere, die in Rudeln lebten und jagten und dabei - anders als Waldpanther - weder vor Kriegstrupps noch vor Dörfern oder Siedlungen haltmachten.
Der Truppführer gab ein Zeichen und der Trupp setzte sich wieder in Marsch. Der Weg durch den knarrenden und knirschenden Wald zog sich hin. Immer wieder mussten die Krieger herabstürzenden Ästen ausweichen, die krachend zu Boden fielen.
»Das ist seltsam.« Tjagars Brauen über den Kriegertätowierungen zogen sich zusammen.
Rohar blickte ihn an, wobei sich deutlich eine Furche auf der Stirn des Truppführers abzeichnete.
»Das Brüllen…«, Tjagar wies mit einer Hand unbestimmt in Richtung des tieferen Waldes, »es begleitet uns. Es ist fast als verfolgte es uns.«
Rohar hob die rechte Faust. Der Trupp hielt daraufhin an. Der Anführer legte den Kopf schräg und lauschte. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Und wird lauter«, sagte der Truppführer tonlos.
Gerade als Tjagar etwas erwidern wollte, fuhr eine Sturmböe in die alten Bäume.
»Vorsicht!«, brüllte einer hinten im Trupp.
Einer der hohen alten Bäume begann, sich zu neigen. Die Wurzeln rissen die Erde auf, als der Baum kippte. Dann krachte er mit einem ohrenbetäubenden Knall mitten in den Trupp.
»Verdammte Axt!«, brüllte Rohar über das Chaos aus Lärm, Schreien, Wiehern der Pferde und den Sturm hinweg.
Telrars Schreie übertönten sogar den Lärm des Unwetters. Die Beine des jungen Kriegers lagen zerschmettert unter dem umgestürzten Baum, während der Trupp versuchte, ihn mit vereinten Kräften zu befreien. Es schien sinnlos.
»Hier! Drauf beißen! Und kauen!« Rohar schob dem Jungen ein Stück Peinwell zwischen die Zähne.
Währenddessen lugte Aldrar unter den Baum. Der alte Krieger versuchte irgendwie, an Telrars Beine zu gelangen. Dann warf der Veteran Rohar einen stummen, aber vielsagenden Blick zu. Der Alte schüttelte den Kopf.
Rohar biss die Kiefer zusammen. »Holt ihn raus!«, die Stimme des Truppführers scholl durch den dunklen Wald.
Aldrar nahm Rohar beiseite. »Seine Beine sind zerschmettert, wie ich es noch nie gesehen habe, Rohar. Er wird nie wieder laufen oder reiten können.«
Rohar warf dem Alten einen grimmigen Blick zu.
»Rohar, der Junge wird sterben«, sagte der Veteran.
Eine tiefe Falte zeigte sich an der Stirn des Truppführers. »Was versuchst du mir zu sagen, Aldrar?«
»Du musst eine Entscheidung treffen.«
Die Augen des Truppführers blitzten, wie das Unwetter über ihnen. Rohar wusste, was der Alte sagen wollte.
Verwundete binden Kräfte.
Aldrar hob hilflos die Hände. »Er macht uns noch langsamer, Rohar. Und er kann nicht mehr kämpfen. Du weißt das… Truppführer!«
Rohar mahlte unaufhörlich mit den Zähnen.
Dann sprach Aldrar, der erfahrenste der Krieger, den Gedanken aus, den sein Truppführer sich nicht zu denken gestatten wollte. »Wir müssen Telrar zurücklassen!«
Noch bevor Rohar eine Entscheidung treffen konnte, brach ein gewaltiges Brüllen in seine Gedanken. Düstere Schatten zerrissen die Reihen der Greakar. Pferde scheuten und stoben davon. Schreiende Krieger übertönten den Sturm.
»Alarm! Waldpanther!«
Mehrere der großen Tiere sprengten mitten durch den Trupp. Waffen wurden gezogen. Rohar schlug mit dem Hauschwert auf die Bestie ein, die ihm am nächsten war. Die Schreie der Krieger peitschten durch die Dunkelheit des Waldes. Mit vereinten Kräften schafften es mehrere Kämpfer, eine der riesigen Raubkatzen einzukesseln. Crows schwang sich blitzschnell auf das Tier und stieß ihm die Klinge zwischen die Schulterblätter. Als der Panther nach hinten schnappte, nutzte ein anderer Greakar die Ablenkung - und stach dem Tier einen Speer zwischen die Rippen. Rohar sah, wie die Bestie unter dem Halbling Crows zusammensank. Und dann war es auch schon vorbei.
So schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden die übrigen Tiere im Wald. Schwer atmend und immer noch alarmiert, sahen sich die Greakar um. Ein Gemisch aus Schweiß, Blut und Regen verklebte Rohars Haar und troff von seiner Stirn. Der Truppführer ließ den Blick schweifen. Zwei seiner Soldaten lagen tot am Boden, Tjagar war gerade dabei, ein verwundetes Pferd zu erlösen und Aldrar kniete bereits bei Kitany, einer jungen Kriegerin, am Boden. Eine der Waldkatzen lag ebenfalls im schlammigen Dreck. Zumindest eine Entscheidung hatte Rohar nicht mehr zu treffen. Telrar atmete nicht mehr.
Aldrar, der sich um Kitany gekümmert hatte, wischte sich mit einem blutverschmierten Tuch die Hände ab. Sein steingrauer Blick sagte Rohar alles. Dennoch schüttelte Aldrar knapp den Kopf.
»Sie will mit dir reden«, sagte der alte Krieger zu Rohar.
Ihre Brust hob und senkte sich unregelmäßig. Glasige Augen, die jeden Moment brechen wollten, suchten seinen Blick. So viel Blut, Schmerz und Tod Rohar in seinem Leben auch gesehen haben mochte, er fühlte einen Kloß in seiner Kehle. Der Anführer befeuchtete seine Lippen, wollte etwas sagen. Aber Kitany sprach zuerst.
»Lasst mich hier. Ich werde es nicht schaffen. Und ich halte euch nur auf.«
»Kitany...«
»Nein, Truppführer. Ich mache euch Ehre, dem Trupp und… meinen Ahnen. Lasst mich hier. Gebt mir meine Waffe und setzt mich auf!«
Rohar presste die Lippen zusammen und wandte den Blick ab. Dann hob er ein schartiges Kurzschwert vom Boden, drückte es in Kitanys feuchtkalte Hände. Rohar sog tief die Luft ein und ließ sie in einem langen Zug entweichen.