Europas Kreuz. Georg Alfons Schmucker

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Europas Kreuz - Georg Alfons Schmucker

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hatte er geschickt einige Wörter der französischen Sprache untergebracht.

      Mon Dieu! Es durfte nie in Vergessenheit geraten, dass im 12., 13. und 14. Jahrhundert, und erst recht im 17. Jahrhundert das Französische in Europa dominiert hatte. Im 12. bis 14. Jahrhundert war dafür das französische Rittertum verantwortlich gewesen, mit seiner höfischen Kultur. Im 17. Jahrhundert hatte Französisch Aufwind durch bedeutende französische Könige erhalten. Jeder Gebildete, der etwas auf sich hielt, hatte im 17. Jahrhundert französisch parliert, was unter anderem damit zusammenhing, dass Ludwig XIV., der Sonnenkönig, ganz Europa durch seine Eleganz bestochen hatte, durch seine Förderung der Künste und seine höflichen, einzigartigen Umgangsformen. Weiter hatte Ludwig jedoch auch durch das blanke Schwert überzeugt. Und also musste man nun auch diesem russischen Diktator die Zähne zeigen.

      „Ne pas faire de sentiment – Nicht zimperlich sein!“, wiederholte Godart deshalb noch einmal im Brustton der Überzeugung den letzten Satz, den er zu seinem Motto erhoben hatte.

      Ein betretenes Schweigen folgte. Geon realisierte, dass der französische Präsident gerade eine Kehrtwendung um 180° gemacht hatte. Er würde es auf bewaffnete Auseinandersetzungen ankommen lassen. Leise warnte er: „Wenn wir unsere Truppen aufmarschieren lassen, so bedeutet das mit Sicherheit Krieg!“ Er fügte hinzu: „Noch hat Putschjew nicht zugeschlagen. Wir sollten deshalb zunächst Alternativen ins Auge fassen!“

      „Auch ich halte dafür, zuerst auch andere Optionen zu erörtern!“, schaltete sich Chamberlain unvermittelt ein, der englische Premier. Er biss die schmalen Lippen zusammen so dass sie noch schmaler wirkten.

      Godart jedoch dachte nur an die ruhmreiche militärische Vergangenheit Frankreichs. Man hatte die Deutschen sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg besiegt, wenn auch beides Mal nur mit Hilfe der Engländer und der Amerikaner. Auch die Russen musste man in ihre Schranken weisen. Plötzlich ärgerte sich Godart insgeheim. Seine vollen, kleinen Hamsterbacken wackelten antagonistisch, als er daran dachte, wie wichtig die französische Sprache war, die man in Europa in die dritte Reihe gestellt hatte. Viele deutsche Wörter verdankten ihre schiere Existenz den Franzosen! Kurz dachte er an Ausdrücke wie …wie armée, aus der das deutsche Wort Armee entstanden war. Bataillon, die Truppenabteilung, war auf bataille, die Schlacht zurückzuführen, Kaserne auf den französischen Begriff caserne. Und was war mit Lazarett, dem Militärkrankenhaus, das seine schiere Existenz dem französischen Wort lazaret verdankte, oder dem Manöver, das auf maneoevre zurückzuführen war. Mon dieu, verdankten die Deutschen nicht eigentlich einen Teil ihrer ganzen Kultur Frankreich?! Selbst das Kabinett, das Geheimzimmer in dem sie sich gerade befanden, war ein Wort französischen Ursprungs.

      „Andere Optionen?“, fragte der kleine Franzose deshalb absichtlich eine Spur bissig.

      „Messieurs, ich glaube nicht, dass sich ein Putschjew mit ein paar hübschen diplomatischen Winkelzügen überzeugen lässt!“

      C. G. Geon ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken. Plötzlich realisierte er, dass er zwei Gegner niederringen musste, Putschjew und Godart, den Russen und den französischen Staatspräsidenten. Aber noch besaß er ein Ass im Ärmel – einen Joker würden die Engländer sagen – das er nur herauszuziehen brauchte. Es ging um nichts Geringeres als um seinen ungeheuerlichen Plan.

      „Sind Sie einverstanden, wenn wir jetzt die Herren Staatssekretäre hinzuziehen?“, fragte er übergangslos; doch es war eine rhetorische Frage. Geon wartete die Antwort nicht ab. Unvermittelt und schnell schaltete der deutsche Kanzler die TV-Sichtschirme ein. Plötzlich waren zwei französische, zwei englische und zwei deutsche Staatssekretäre auf den Breitband-Schirmen zu sehen. Mittels eines weiteren Knopfdruckes holte er nun die sechs Spitzenpolitiker sogar dreidimensional, als Hologramm, direkt in das Kabinett, die unversehens als flimmernde, elektronische Figuren auftauchten.

      „Ich begrüße sie alle sehr herzlich!“, kommentierte Geon kurz, aber nicht unfreundlich.

      Er pokerte insgeheim darauf, dass er damit eine kleine demokratische Mehrheit für seine Idee, seinen Plan, schaffen konnte, selbst im Lager der Franzosen. Möglicherweise waren die beiden französischen Staatssekretäre einsichtiger als ihr Chef!

      „Es gibt eine Alternative, es gibt eine Option!“, sagte er nun mit leiser Stimme, um den französischen Staatspräsidenten nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen, den sein Schachzug mit den Staatssekretären und den Hologrammen auch so schon irritieren musste. Die Franzosen waren hinsichtlich der Etikette noch immer so empfindlich wie zu Zeiten Ludwig XIV., des Sonnenkönigs.

      Godart schaltete jedoch schnell. Er versteckte seine wahren Gefühle unter einer jovialen, grüßenden Handbewegung. Die elektronische, dreidimensionale Anwesenheit von sechs weiteren Personen mischte die Karten völlig neu, soviel war ihm bewusst. Aber die Technik, Merde!, würde ihm keinen Strich durch die Rechnung machen! Nicht ihm!

      Auf Chamberlains schmalen Lippen dagegen erschien die Andeutung eines winzigen Lächelns. Er durchschaute den Schachzug Geons. Das Gespräch ging nun unweigerlich seinem Höhepunkt entgegenging.

      „Die Alternative“, hob Geon an, besteht darin, das Shuttle-System erstmalig auch in dieser politischen Auseinandersetzung zu nutzen, und zwar auf eine einzigartige Weise! Wir werden…!“

      Der deutsche Kanzler, momentan in Personalunion auch der Präsident der Vereinigten Staaten von Europa, hielt auf einmal fast entsetzt mitten in seiner Rede ein. Er musterte die Hologramm-Staatssekretäre genauer. Erst jetzt sah er, dass einer der französischen Staatssekretäre, einer der secrétaire d`État, eine Frau war, eine unglaublich gut aussehende, aparte Frau, mit hohen Wangenknochen. Das war soweit nicht ungewöhnlich. Frauen hatten in dem neuen Europa glücklicherweise zunehmend hohe und höchste Positionen inne, das war nur zu begrüßen. Auch die ungewöhnliche Schönheit und die Eleganz der Dame störten ihn nicht. Und selbst die Tatsache, dass sie dem französischen Staatspräsidenten vielleicht in mehr als einer Hinsicht diente und zur Verfügung stand, war ihm herzlich gleichgültig. Die Franzosen waren seit eh und je recht großzügig, was ihre Amourschaften anging. Aber was ihn mitten in seiner Rede innehalten ließ, war der Umstand, dass die französische Staatssekretärin ….Schlitzaugen besaß. Es handelte sich um eine Asiatin. Noch konkreter: Es handelte sich um eine Russin, soweit reichte sein Differenzierungsvermögen! Das aber bedeutete, dass sich im europäischen Lager möglicherweise… eine Verbündete Putschjews befand, eine Spionin!

      Geon bemerkte, wie auch Chamberlain unmerklich zusammengezuckt war; er hatte offenbar die gleiche Entdeckung gemacht.

      Im Kopf des deutschen Kanzlers wirbelten die Gedanken wie aufgescheuchte Bienen umeinander. Er musste in Sekundenschnelle eine Entscheidung treffen, bevor er seinen Plan erläuterte, seinen ungeheuerlichen Plan, der mit dem Drehkreuz und den Shuttles in Verbindung stand. Er musste sicherstellen, dass die europäischen Verteidigungs-Pläne nicht Putschjew übermittelt wurden. Was konnte er jetzt sagen, ohne den französischen Staatspräsidenten vor den Kopf zu stoßen, und ohne dass die gesamte europäische Idee wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel?

      3

      Er war gefährlicher als sein eigentlicher Gegner, als C. G. Geon.

      Putschtjew schaute seinem General Molotow direkt in die eisblauen Augen, die keinerlei Regung zeigten. Molotow war einer seiner fünf Generäle. Gerade hatte er die ordensgeschmückten Militärs in

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