Und dann war Totenstille. Rainer Ballnus
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Читать онлайн книгу Und dann war Totenstille - Rainer Ballnus страница 3
„Möchtest du nicht doch…“
Werner Kröling erschrak. Jörg Unger schob ihm den Teller mit den belegten Brötchen rüber. Es war ein festes Ritual in ihrer Runde. Wer Geburtstag hatte, war zu Kaffee und Brötchen „verdonnert“. Und der „alte Hase“ hatte heute Geburtstag.
„So, damit das Drängeln endlich aufhört: Ich habe Magenschmerzen! So einfach ist das. Es tut mir Leid, Jörg, ausgerechnet an deinem Geburtstag. Aber lasst mich einfach in Ruhe! Okay?“
Der Chef-Ermittler schaute seine beiden Kollegen streng an und fasste kurz an seinen Bauch. Die beiden warfen sich einen schnellen Blick zu, konnten sich ein leichtes Grienen nicht verkneifen, und Liesa meinte trocken:
„Das hättest du uns doch gleich sagen können, dann hätte Jörg einiges an Kosten eingespart.“
Kröling wollte gerade aufbegehren, da klingelte das Telefon im Sekretariat, gleich nebenan mit offener Verbindungstür.
Liesa machte Anstalten, sich zu erheben, doch der Chef winkte ab.
„Lasst man, esst nur noch ein paar Brötchen mehr. Ich wisst ja, wer den Schaden hat…“, meinte Kröling ein wenig ironisch und erhob sich stöhnend. Er stakste, anders konnten die beiden seinen Gang nicht nennen, ins Büro der Sekretärin und nahm den Hörer ab. Und die beiden hörten zwischendurch immer wieder mal ein ‚ja’ oder ein ‚aha’. Nach dem Auflegen kam der MK-Leiter zurück. Die beiden Kollegen schauten ihn neugierig an, denn sie hatten Mordbereitschaft. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, als er sagte:
„Da kommt etwas auf uns zu, das wird euch nicht gefallen!“
Christian Baader schritt betont langsam durch die Räume seiner Villa. Niemand war im Haus. Über den Möbeln waren weiße Laken ausgebreitet. Vorsichtig nahm er sie ab, setzte sich in einen bequemen Sessel und schaute durch die riesige Fensterscheibe seiner Wohnhalle nach draußen in die herrliche Blütenpracht im Grünen. Dabei strich er immer wieder über den Velours der Sessellehne. Er wirkte sehr nachdenklich. Ein leiser Stoßseufzer kam über seine Lippen. Doch dann schlug er mit beiden Händen auf die Armlehnen, stützte sich ab und sprang aus dem Sessel.
„So, nun ist genug gejammert!“, gab er sich selbst einen Ruck. Nach einer kurzen Inspektion der anderen Räumlichkeiten nickte er zufrieden, trat durch die Eingangstür nach draußen, blickte zur Grundstückseinfahrt und registrierte den Motorradfahrer, auf dem Krad sitzend, den Vollschutzhelm mit dem heruntergeklappten Visier auf dem Kopf und offenbar eine Landkarte studierend.
Baader schaute nach oben in den blauen Himmel und murmelte:
„Es wird langsam Zeit.“
Auf einer leicht abschüssigen Straße, inmitten eines hohen Tannenwaldes, den die Sonne kaum durchdringen konnte, war in einiger Entfernung der Ruf eines Waldkauzes zu hören. Es herrschte nur sehr wenig Verkehr. Gerade als ein Lkw die Straße mit ziemlicher Geschwindigkeit entlang donnerte, schaffte es ein Rehkitz im letzten Moment, rechtzeitig die Fahrbahn unverletzt zu überqueren.
Etwa zweihundert Meter nach einer leichten Rechtskurve ragte in Fahrtrichtung Schönwalde ein hoher Betonmast für eine Oberleitung hervor. Er stand ungefähr drei Meter vom linken Fahrbahnrand entfernt an einer ansteigenden Böschung. Neben diesem Mast stand ein Mensch, angelehnt und telefonierte mit einem Handy.
„Nein, ich kann dir nicht sagen, wo ich jetzt bin, und was ich gerade tue. Begreif es doch endlich! Ich bin erwachsen und kann frei entscheiden!“
Doch der Anrufer schien sich nicht so leicht abspeisen zu lassen.
„Damit du es endlich weißt, ich will nicht in deine Firma einsteigen, niemals! So und jetzt lege ich auf, ich habe zu tun!“
Wütend drückte der Mensch die Austaste, steckte das Handy in seine Jeanstasche und bückte sich nach unten. Dort lag etwas, was er in den nächsten Minuten dringend benötigte. Gerade wollte er es aufheben, da klingelte sein Mobiltelefon erneut.
„Oh, nein, nicht schon wieder!“, stöhnte er zwar laut auf, kam aber wieder aus der Hocke nach oben und schaute auf dem Display nach der Nummer. Eiligst meldete er sich.
„Na endlich. Das wurde ja auch langsam Zeit!“
Nach einem kurzen Zuhören waren nur noch ein kurzes „ja“ und wenig später ein „okay“ zuhören, und danach war das Gespräch beendet. Der Mensch hörte einen vorbeifahrenden Wagen, ohne ihn zu sehen, drehte sich um und sah in den Wald.
„Hoffentlich geht alles gut“, murmelte er und bückte sich noch einmal. Ihm war alles andere als wohl in seiner Haut.
Baader verließ die Villa durch den Haupteingang in Motorradkleidung. Auf dem Weg zur Garage löste er per Fernbedienung ein Funksignal aus, und das Tor öffnete sich wie von Geisterhand.
In der Garage parkten zwei schwere Wagen und ein wenig abgesetzt davon stand an der rechten Seite ein aufgebocktes Motorrad, abgedeckt mit einer Plane. Baader nahm sie behutsam ab und schaute verliebt auf seine Maschine. Das Metall blinkte beinahe staubfrei.
„Da hat Lauscher ja wirklich Wort gehalten“, sprach er fast andächtig leise und fuhr mit der Hand über den blitzenden Silbertank und den Ledersitz. Doch dann gab es für ihn kein Halten mehr. Plötzlich schien er es sehr eilig zu haben, nahm die Maschine vom Bock, rollte sie nach draußen, startete sie, und der Motor sprang auf Anhieb an. Der tiefe Sound des Motors versetzte ihn in Hochstimmung.
„Was kann es Schöneres geben“, jubelte Baader mit rauer Stimme und schmunzelte dabei, klappte das Visier hinunter, schwang sich auf sein Krad, spielte ein paar Mal mit dem Gas und dann fuhr er los. Im Rückspiegel sah er, wie das Tor sich wieder wie von selbst schloss. An der Grundstückseinfahrt wiederholte sich das Spielchen. Und dann war es endlich soweit. An der Einmündung zur Straße schaute er nach rechts und nach links. Er sah wieder den Kradfahrer, der immer noch auf seiner Maschine saß und vermutlich in einer Autokarte las. Baader zögerte einen Augenblick. Er überlegte, ob er ihn ansprechen sollte. Vielleicht brauchte der ja eine Orientierungshilfe. Doch auf der anderen Seite hätte er ja schließlich von sich aus ein Signal geben können, dachte er, und überhaupt, ich will jetzt los. Entschlossen, sofort sein Vergnügen zu suchen, gab er Gas und brauste davon.
Der unbekannte Motorradfahrer schaute dem davonfahrenden Baader nach. Als dieser hinter der nächsten Straßenbiegung seinen Blicken entschwand, tippte er in sein Handy eine Nummer ein und betätigte die Freisprecheinrichtung.
Der Mensch in der tiefer gelegenen Straßenböschung hatte sich zwischenzeitlich