Winterwunder – Weihnachtliche Kurzgeschichten und lyrische Texte. Monica Maria Mieck

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Winterwunder – Weihnachtliche Kurzgeschichten und lyrische Texte - Monica Maria Mieck

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die mit heißem Wasser gefüllten Gummiwärmflaschen es konnten. Eine verzierte Blechdose, gefüllt mit weihnachtlichem Tee und ein kleines Früchtebrot gut verpackt, hält sie in ihren Händen vorsichtig und zart, wie man wertvolle Kostbarkeiten behandelt. Auf dem Boden des Kartons findet die von Nächstenliebe Berührte noch zwei tiefsinnige Spruchkarten und einen langen Brief. Die Schreiberin drückt ihre Gedanken so aus: „Liebe Frau Dresel, ich möchte ihnen mit dem Inhalt dieses Päckchens symbolisch Wärme schicken.“ Immer noch am Küchentisch stehend, wischt sie sich mit dem Handrücken kleine Freudentränen von ihrem Gesicht. Sie weiß, dass diese Frau eine Christin ist und selber schon schwere Lebensphasen durchgestanden hat. Es ist der Frau, die sie noch niemals zu Gesicht bekommen hat, auch aus weiter Entfernung gelungen, ein helles und hoffnungsvolles Licht in den Adventswochen für die plötzlich Alleinlebende anzuzünden. Sie konnte die Seele der Traurigen mit ihrer Wärme streicheln.

       Nächstenliebe im Advent

      Anfang Dezember ist der Winter schon mit eisigem Frost und viel Schnee ins Land gekommen. Über Nacht hat er der kleinen Stadt ein zauberhaft weißes, glitzerndes Kleid angezogen. Die spitzen Giebeldächer sehen abends im Laternenschein wie verlockende Knusperhäuschen aus. Leider bleibt die weiße Pracht - zumindest auf den verkehrsbelebten Straßen - nicht lange erhalten. Die Autofahrer schimpfen über die Glätte, weil diese für sie gefährlich ist, zumal sie nun morgens früher aufstehen müssen. Nur die Kinder freuen sich noch vorbehaltlos über den ersten Schnee, der ihnen ja vor allem Winterfreuden beim Rodeln bringt.

      Reinhard wohnt mit seinen Eltern in einem Mehrfamilienhaus. Tagsüber ist es im Hause sehr still, weil fast alle Bewohner berufstätig sind. Nur oben in der kleinen Mansardenwohnung lebt eine ältere Frau, die nur sehr selten das Haus verlässt. Seit einiger Zeit geht sie nun am Stock. In der anderen Hand trägt sie die Tasche mit den kleinen Einkäufen.

      Kontakt haben alle Mieter nur, indem sie sich einen guten Tag wünschen. Sonst kümmert sich niemand um den anderen. Gleich nach Schulschluss läuft Reinhard schnell nach Hause. In der letzten Schulstunde hat er im Kunstunterricht unter Anleitung der Lehrerin einen wunderschönen Transparentstern mit 16 Strahlen aus durchsichtigem, leuchtend rotem Papier gebastelt. Zu Hause ange­kommen, legt er den Stern erst mal in sein Regal, damit er nicht verknickt. Heute will er gleich nach dem Mittagessen seinen Schlitten vom Boden holen. Das herrliche Schneewetter muss er doch ausnutzen. Er steigt die Treppen zum Boden hinauf und kommt an der Wohnungstür von Frau Martensen, der alten gehbehinderten Dame, vorbei. Auf ihrer Fußmatte liegen mehrere Zeitungen. Reinhard schließt die Bodenkammer auf und nimmt seinen Schlitten unter den Arm. Der Junge verbringt einen besonders fröhlichen Nachmittag zusammen mit Klassenkameraden auf dem Rodelberg. Doch er muss leider auf seine Uhr schauen, denn heute hat er am Spätnachmittag noch Konfirmandenunterricht. Dorthin geht er sonst gerne, weil der junge Pastor den Kindern das Evangelium sehr lebendig und lebensnah vermittelt. An diesem Nachmittag sprechen sie über die Nächstenliebe, und der Pastor motiviert die Kinder gleich, sich alsbald darin zu üben; denn egoistisches Verhalten gebe es genug unter den Menschen.

      Nach dem gemeinsamen Abendbrot mit den Eltern trägt Reinhard noch schnell seinen Schlitten die Treppen hinauf in die Bodenkammer zurück. Da sieht er, dass die Zeitungen noch immer bei Frau Martensen auf der Fußmatte liegen. Eigentlich wollte er sich gleich im Fernsehen noch den Tierfilm anschauen. Aber - nein, er will sich nicht drücken. Sein Gewissen sagt ihm, dass er auch an das Thema der heutigen Konfirmandenstunde denken solle.

      Mutig drückt er auf den Klingelknopf. Er lauscht und hört aus dem Innern der Wohnung gar nichts. Noch einmal klingelt er, wartet, ist besorgt und da hört er endlich langsame Schritte. Er ist erleichtert, als Frau Martensen ganz zaghaft einen Türspalt öffnet. Auf ihren Stock gestützt, sieht sie elend und blass aus. Sie hat nur schnell ihren Morgenrock über das Nachthemd gezogen. Reinhard bückt sich, hebt die angesammelten Zeitungen auf, hält sie Frau Martensen entgegen und fragt nach ihrem Ergehen. Nachdem sie ihre Brille aufgesetzt hat, erkennt sie nun auch den großen Schuljungen aus dem ersten Stock. Da löst sie die Sicherungskette ihrer Wohnungstür und bittet den Jungen zu sich in die Wohnstube.

      „Ja, krank bin ich schon seit ein paar Tagen, und das hohe Fieber hat mich so geschwächt, dass ich nicht aufstehen konnte.“ - „Aber Frau Martensen, Sie zittern ja so. Soll ich Ihren Hausarzt hierher bestellen? Sie brauchen gewiss einen Arzt und gute Medizin.“ Frau Martensen lässt Reinhards Fürsorge geschehen. Der Junge ruft den Arzt der alten Frau an. Dann brüht er ihr einen kräftigen Pfefferminztee. Sie unterhalten sich, bis der Arzt kommt. Anschließend läuft Reinhard gleich mit dem Rezept zur nächsten dienstbereiten Apotheke.

      Die Straßen sind um diese Zeit schon ziemlich menschenleer. Der Mond steht heute voll am Himmel und wirft einen wunderschönen goldenen Schein auf die vereisten Straßen. Zurückgekehrt, schreibt Reinhard sich noch einen Einkaufszettel auf. Etwas Brot, Obst und Milch will er Frau Martensen morgen besorgen. Viel isst sie ja ohnehin nicht mehr, und in diesem Zustand hat sie noch weniger Appetit. Als Reinhard dann doch ziemlich spät in die elterliche Wohnung zurückkehrt, ist er allein. Ach ja, seine Eltern wollten noch weggehen. Der Junge schläft zufrieden ein.

      Am nächsten Tag kauft er nach der Schule gleich ein. Als er mit der Plastiktüte vor Frau Martensens Wohnungstür steht und klingelt, öffnet sie ihm heute schon mit einem etwas anderen Gesichtsausdruck: Da ist so ein sanftes freudiges Strahlen in ihren Augen zu sehen. Offensichtlich geht es der alten Dame schon etwas besser. Zwar hustet sie noch tüchtig, aber das Fieber ist gesunken.

      Reinhard fühlt sich bei Frau Martensen wohl. Sie strahlt so eine herrliche Ruhe aus. Sie hört ihm auch aufmerksam zu. Der Junge spürt, dass sie seine Probleme auch ernst nimmt. Er erzählt ihr von der Schule, von der Englischarbeit, die sie heute geschrieben haben. Und zu seinem Erstaunen stellt Reinhard fest, dass Frau Martensen fließend Englisch spricht. „Oh, darf ich da mal mit meinen Hausaufgaben zu Ihnen kommen, wenn Sie wieder ganz gesund sind?“ – „Aber ja, gerne! Immer kannst du zu mir kommen, wenn du magst.“

      In den Adventswochen schreibt Reinhard noch zwei weitere Englischarbeiten, und seine Eltern sind über seine guten Noten erstaunt. Da erst verrät Reinhard ihnen etwas von seiner heimlichen Nachhilfelehrerin. Frau Martensen blüht wieder richtig auf. Die neue Aufgabe fordert sie und macht ihr soviel Freude. Vor jeder neuen Klassenarbeit üben die beiden besonders intensiv Englisch. Reinhard macht nicht nur den Einkauf für die alte Dame. Er putzt ihr auch die Fenster und saugt die Teppiche ab.

      Vor Weihnachten hilft er auch beim Päckchenpacken und bringt sie zur Post. Am Heiligen Abend, nachdem er mit seinen Eltern schon gefeiert hat, nimmt er seinen Transparentstern aus dem Regal und klingelt wieder bei Frau Martensen. Der alten Dame kommen Freudentränen in die Augen. Sie dachte, sie würde, wie schon seit vielen Jahren, allein sein. Reinhard klebt den roten Stern an die Fensterscheibe, und die beiden unterhalten sich ganz gemütlich über Frau Martensens lange zurückliegende Schulzeit, den Konfirmandenunterricht der alten Dame und die schöne Zeit, in der sie als Privatlehrerin in England bei einer Familie tätig war. Da erzählt Reinhard von seinem Pastor und dem Thema Nächstenliebe, das ihn so beeindruckt hat. Frau Martensens Blick fällt zwischendurch immer wieder auf den roten Stern mit den 16 Strahlen, der an ihrem Fenster leuchtet. Genauso leuchtet ihr die Liebe dieses Jungen aus seinen Augen entgegen.

       Allmähliche Beleuchtung

      Draußen ist es kalt und neblig trüb. Meine Füße tragen mich auf einem Spaziergang besonders schnell zurück ins gemütliche Zuhause. Gegen die einbrechende Dunkelheit zünde ich die erste rote Kerze an unserem Adventskranz an. Ich setze mich in die Couchecke und nehme mir viel Zeit zum Genießen und Nachdenken. Wie viel Helligkeit die eine Kerze verbreitet. Ich schaue lange in das warme Licht und spüre, wie wohl ich mich dabei fühle. Ruhig

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