Auf der Suche nach dem idealen Ort. Manfred J. Reichard

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Auf der Suche nach dem idealen Ort - Manfred J. Reichard

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(Wir steh'n auf Berlin) Wir fühl'n uns gut! (Ich steh' auf Berlin) Nachts um elf auf dem Kurfürstendamm läuft für Touristen Kulturprogramm, teurer Ramsch am Straßenstand, ich ess' die Pizza aus der Hand. Ein Taxi fährt zum Romy Haag, Flasche Sekt hundertfünfzig Mark, fürn Westdeutschen, der sein Geld versäuft. Mal sehn, was im Dschungel läuft, Musik ist heiß, das Neonlicht strahlt. Irgendjemand hat mir 'nen Gin bezahlt, die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene, ich fühl' mich gut, ich steh' auf Berlin! Ich fühl' mich gut! (Wir steh'n auf Berlin) Ich fühl' mich gut! (Wir steh'n auf Berlin) Berlin, Berlin, Berlin, ... Berlin, Berlin, Berlin, ... Ich fühl' mich gut! (Wir steh'n auf Berlin) Ich fühl' mich gut! (Wir steh'n auf Berlin)

      Sie ging mit ins Slumberland am Winterfeldplatz, dem Backstage am Stuttgarter Platz oder in die Music-Hall in der Rheinstraße, dem neuen Treffpunkt der militanten Punkerszene, in der ein unglaublicher Lärm veranstaltet wurde. Sie war dabei, wenn die gesamte WG in den Dschungel ging, aber nur Sonntags nach Mitternacht, wenn die strenge Türsteherin nur Stammgäste rein ließ. Leider war die Zeit vorbei, als David Bowie hier noch vor zwei Jahren verkehrte, man hatte aber immer noch das Gefühl, als wenn seine Aura noch darin schwebte. Alle gaben sich besonders cool, vor alle Dingen hinten um die Tanzfläche herum nahm kaum jemand vom Anderen Notiz. Jeder spielte seine Rolle und übersah die coole Darstellung der Anderen geflissentlich.

      Später dann, als Rachel noch auf einen Absacker in Tristans Zimmer mitkam, blieb sie bei ihm über Nacht auf seinem Hochbett. Es entwickelte sich zwischen ihnen eine Art kumpelhafter aber auch liebevoller Zuneigung. Sie war von Allen respektiert und lebte nun mehr bei ihnen als in ihrer WG darüber.

      Sie begleitete ihn ins Metropol am Nollendorfplatz, wo die Gruppen PVC, Tempo, Insisters, Morgenrot, Z, IG-Blech, Moosmann, Fliegende Blätter, Sabine Wegener und Teller Bunte Knete auftraten. Sie war als Sozia ein ständiger Begleiter auf Tristans Enduro und marschierte an seiner Seite auf Demos, die zu dieser Zeit relativ schnell ungemütlich wurden. So konnten sie sich bei der Hungerstreik-Demo vom Hermanplatz über den Kottbusser Damm gerade noch so, von Gummiknüppeln getroffen, durch die Polizeieskorte in die Schinkestrasse retten, bevor der richtige Krawall losging. Das veranlasste ihn, allein ins Drugstore in der Potsdamer Straße auf den Kronstadt-Kongress zu gehen, wo er zum ersten Mal Fritz Teufel sah, der wohlbehütet zwischen seinen Anarcho-Freunden auf einem alten Sofa saß. Am Tag darauf ging er ins Rauchhaus, eines der ersten besetzten Häuser in Berlin, das seine Berühmtheit aber erst durch den Rauchhaus-Song der „Ton Steine Scherben“ erlangte.

       Der Mariannenplatz war blau, So viele Bullen waren da. Und Mensch Meier musste heulen, Das war wohl das Tränengas. Und er fragte irgendeinen: „Sag mal ist hier heut n Fest?“ „Sowas ähnliches“, sagte einer, „Das Bethanien wird besetzt!“ „Wird auch Zeit“, sagte Mensch Meier „Stand ja lange genug leer. Ach, wie schön wär doch das Leben Gäb es keine Pollies mehr.“ Doch der Einsatzleiter brüllte: „Räumt den Mariannenplatz, Damit meine Knüppelgarde Genug Platz zum Knüppeln hat.“ Doch die Leute im besetzten Haus riefen: „Ihr kriegt uns hier nicht raus! Das ist unser Haus, Schmeißt doch endlich Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus!“ Der Senator war stinksauer, Die CDU war schwer empört, Dass die Typen sich jetzt nehmen, Was ihnen sowieso gehört. Aber um der Welt zu zeigen, Wie großzügig sie sind, Sagten sie „Wir räumen später, Lassen se heut erst mal drin!“ Und vier Monate später stand in Springers heißem Blatt, dass das Georg-von-Rauch-Haus eine Bombenwerkstadt hat Und die deutlichen Beweise warn zehn leere Flaschen Wein Und zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollis sein. Doch die Leute im Rauch-Haus riefen: „Ihr kriegt uns hier nicht raus, Das ist unser Haus - wenn ihr bombenleger sucht schmeißt doch die Amis raus Letzten Montag traf Mensch Meier In der U-Bahn seinen Sohn, der sagt: „Die wollen das Rauch-Haus räumen, Ich muss wohl wieder zuhause wohn'.“ „Is ja irre!“ sagt Mensch Meier, „sind wir wieder einer mehr In unserer zwei-Zimmer-Luxus-Wohnung Und das Bethanien steht wieder leer.“ „Sag mir eins: Ham die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopp? Die wohn in den schärfsten Villen, Unsereins im letzten Loch! Wenn die das Rauchhaus wirklich räumen, Bin ich aber mit dabei Und hau dem ersten Bullen, der da aufkreuzt was auf seine Fingerlein!“ Und ich schrei's laut: „Ihr kriegt uns hier ihr kriegt uns hier nicht raus! Das ist unser Haus - schmeißt doch endlich Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus!“ Und wir schreien's laut: „Ihr kriegt uns hier nicht raus, Das ist unser Haus, Schmeißt doch erstmal Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus.“ Und wir schreien's laut: „Ihr kriegt uns hier nicht raus, das ist unser Haus, Schmeißt doch erstmal Schmidt und Press und wie sie alle heißen überall raus.“

      Hier nahm er im Zuge des Kronstadt-Kongresses an der Veranstaltung „Bewegung-Bewegungslosigkeit“ teil. Obwohl dieser Kongress in politischen Kreisen großes Aufsehen hervorrief, war er doch lediglich von theoretischen und literarischen Akzenten bestimmt. Draußen scherten sich die militanten Besetzer, die Autonomen und der Schwarze Block ein Dreck darum, was ein gewisser Herr Kropotkin oder Bakunin als Gedankenmodell für diese Art von Gesellschaft begründet hatte, wenn sie mal wieder über Nacht alle Schlösser der Eingangstüren zu den Banken mit Sekundenkleber außer Betrieb setzten.

      Als dann aber am 24. März 1981 das Haus am Fraenkelufer geräumt wurde, war Tristan dabei. Er setzte sich auf seine Enduro und fuhr zum Mehringhof. Dort wurde beschlossen, eine Spontandemo auf der Kreuzung Mehringdamm/Gneisenaustraße abzuhalten. Die anwesenden Motorradfahrer sollten die Kreuzung blockieren, solange es ging. Also platzierte Tristan seine Maschine mitten auf der Fahrbahn und hinderte

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