Das Geheimnis des Walen. Klaus Hoffmann - Reicker

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Das Geheimnis des Walen - Klaus Hoffmann - Reicker

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für die Söhne der Adligen und Patrizier, um sie auf den Staatsdienst vorzubereiten. Nachlässig hatte der Pater die Hände gefaltet. Er sah streitlustig und herausfordernd auf seinen Bischof.

      Bereits in der Tür befahl Vladislaw:“ Bruder Joseph, ich habe mit dir zu reden! Folge mir!“ Entschlossen schritt er voraus, während die Prälaten ihren Gemächern zustrebten. Wenn einer etwas über Querinis Absichten weiß, dann dessen Ordensbruder von der Kompanie Jesu, überlegte der Bischof und betrat die inneren Räume.

      Paßler sah große Kredenztische mit silbernen und zinnernen Kannen, sowie edle Becher, nicht wenige mit Gold und edlen Steinen verziert. Im folgenden Raum hohe gotische Stühle, darauf seidene Kissen und farbige Wolldecken. Der Raum war mit Teppichen aus Smyrna ausgelegt. An den Wänden hingen keine Heiligen sondern Gobelins aus Flandern. Gegenüber standen eisenbeschlagene Truhen, in den Ecken schwere vergoldete Leuchter mit großen dicken Kerzen.

      „ Hier sieht es gar nicht christlich aus! Ihr Freßwänste und Mastsäue nennt euch Diener der Heiligen?“ brach es unvermittelt aus Joseph hervor. “Christus gehört zu den Armen, er gehört den Armen! Wie soll euch das Volk glauben?“

      Bischof Vladislaw vernahm den Ausfall mit einem leichten Grinsen. Er erwiderte ebenso stolz wie beiläufig: „Bete zum Himmel, mein Sohn, damit er dich endlich erleuchtet. Noch gibt es ein Oben und ein Unten. Sind alle gleicher als gleich, fällt diese Welt dem Teufel in die Hand, dann steht das Jüngste Gericht vor der Tür.“ Er zog einen Krug näher und schenkte sich ein Glas Weißwein ein. Paßler hielt er ein weiteres Glas hin. Der aber schüttelte verbissen den Kopf. Dann fuhr er fort: „ Bruder Joseph, wie soll uns das Volk anbeten und verehren, wenn wir sind wie sie, wenn wir uns ausdrücken wie du? Wen sollen die minderen Brüder verehren, wenn es nicht eine Instanz über ihnen gibt. Woher sollen die Quellen für die Kirche fließen – auch das Geld für deine Schule – wenn keiner mehr glaubt und opfert. Deshalb hat uns der Herr über sie gesetzt, deshalb gibt es einen Papst. Wir müssen alle Pracht entfalten, weil wir die ersten Diener des Papstes sind und zugleich herausgehobene Lehensherren Kaisers. So fällt auf beide ein Widerschein von uns. Ergo, wer uns angreift, tastet den Heiligen Vater in Rom an und dürfte mit einem Verfahren wegen Ketzerei rechnen.“

      Der Bischof wendete sich blitzschnell und sah dem Pater voll ins Gesicht. „Na wird es Licht? Oder ist das bißchen Werg in deinem Kopf bei den letzten Exerzitien feucht geworden, so daß der Heilige Geist bei dir keinen Funken mehr schlagen kann. So etwas wie dich hätten sie im Lande des Sokrates nicht einmal verwendet, um den Unflat der Harpyien wegzuräumen.“

      Nach diesen Worten schwenkte er sein Glas und trank den Rest Wein in einem Zuge leer. Dann betrat er ein abgelegenes Gemach, wo sein Schreibtisch stand und befahl über die Schulter: „ Du wartest vor der Tür, bis ich dich rufe!“

      Aus einem Nebenraum erschien unaufgefordert des Bischofs Geheimkaplan. Wortlos legte er ein Schreiben auf den Arbeitstisch. „ Am Morgen hat den Brief jemand aus Dresden gebracht.“ Danach verschwand er so unauffällig, wie er gekommen war.

      Dr. Georg Crackow, der Kanzler Kurfürst Augusts von Sachsen, war in vielen politischen Fragen meist gleichen Sinnes wie der Bischof, auch wenn sie äußerlich die Glaubensfeinde spielten. In ihren Gedanken blieben sie sich verwandt.

      Neugierig löste Vladislaw von Lobkowitz das Siegel und rückte den Lehnstuhl näher ans Fenster. Er las wieder und wieder. Schließlich legte er das Pergament auf das Schreibpult. Ein breites Schmunzeln glitt über sein Gesicht. Endlich war es soweit! Die Glocke rief den Diener: “Ich lasse Kaplan Balthasar bitten.“

      Der wortlos wieder eintretende Kaplan nahm den Brief mit einer angedeuteten Verbeugung und setzte sich auf einen Stuhl.

      „Lies!“ Gespannt beobachtete der Bischof das Mienenspiel seines jungen Beichtigers, Balthasar Böhmer.

      Der Mönch überflog den Text zunächst um die Zusammenhänge zu erfassen und las dann langsam, sehr genau. Kanzler Crackow schrieb von der bodenlosen Borniertheit der orthodoxen Lutheraner in Dresden und vor allem in Jena an der Universität. Er schrieb von ihrer Engstirnigkeit, welche das Bürgertum behindere. Er schrieb vom geplanten Glaubenswechsel Bischofs Johann von Meißen, der bereits die Heirat mit seiner jungen Nichte vorbereite. Auch der Kölner Erzbischof werde Protestant. So kämen die protestantischen Kurfürsten die Überzahl und könnten einen protestantischen Kaiser wählen. Es komme jetzt darauf an, daß Böhmen sich eindeutig bekenne. Am Schluß klagte Crackow über die stets wechselnden Launen des sächsischen Kurfürsten. Er wissen nur selten, was er wolle, außer: seine Frau stellt eine Forderung in die Richtung konservatives Luthertum. Mit der geistigen und politischen Größe seines Bruders Moritz sei er absolut nicht zu vergleichen. Bischof Vladislaw solle, falls er den Glauben wechsle, keinesfalls Augusts Seite wählen, der sei imstande ihn wegen eines kleinen Vorteils auszuliefern.

      Als Balthasar die letzte Zeile gelesen hatte, hob er den Kopf und fragte: „ Was wollt Ihr tun Herr Vladislaw?“

      Vladislaw von Lobkowitz schnüffelte erregt. „Man muß sich schließlich etwas einfallen lassen. Jetzt will ich erst einmal Bruder Joseph abklopfen. Er wird mir verraten, was die Jesuiten über mich denken und planen. Danach weiß ich, was man heute mit abtrünnigen Bischöfen plant und bin für Querini gerüstet. So wie ich es sehe, werde ich mich den böhmischen Ständen anschließen. Religionsfreiheit soll in diesem Land herrschen.“

      Kaplan Böhmer zog sich wortlos mit einer Verbeugung zurück, den Antwortbrief an Kanzler Crackow zu entwerfen.

      Bischof Vladislaw ging zu Tür, den wartenden Jesuiten hereinzurufen. Er wies auf einen Stuhl. Sie nahmen Platz. Ohne Übergang sagte er: „Bruder Joseph, uns kamen Klagen zu Ohren. Du planst in Prag etwas, um die Böhmischen Brüder in Menge brennen zu lassen. Wir, Vladislaw VII., verbieten dir derartiges. In Böhmen muß Friede herrschen. Zu leicht könnten wir wenigen Katholiken hier im Polzener Land zwischen die Fronten geraten. Komenskys Hussiten mit den Böhmischen Ständen wären auf der einen Seite und August von Sachsen auf der anderen. Wie zwischen Mühlsteinen würden wir zerrieben. Ein Riesenkrieg wäre die Folge, alle Herrscher von Schweden bis Spanien müßten Partei ergreifen. Zudem kommt genug Unangenehmes auf Uns zu.“

      „Monsignore Querini?“ fragte Joseph frech, ohne sich im mindesten um seines Herrn Worte zu kümmern. „Warte nur Bischof, bis der Legat hier ist, dann bläst der wieder aus Rom. Wir von der Kompanie Jesu werden in der ersten Reihe stehen. Kampf gegen Ketzer und andere Irrgläubige ist gottgefälliges Tun, um den nachfolgenden Generationen endlich Ruhe zu geben. Je mehr wir von den Heutigen in die Hölle senden, um so gottgefälliger. Papst Gregor XII. hat uns ausdrücklich ermächtigt, sogar Prälaten und Bischöfe in das Inferno zu schicken. Und mit dir fangen wir an. Jeder im Glauben Schwankende ist ein Wurm im Stamm. Hüte dich Bischof. Erst vor wenigen Wochen haben meine Brüder den Erzbischof von Toledo der Suprema übergeben. Hüte dich Bischof! Hüte dich!“ Dabei bekreuzigte sich der Mönch. „Dreimal wehe, wehe, wehe!“

      Der Bischof war nachdenklich, er entgegnete ruhig und langsam: „Alle Magnaten, auch die Rosenbergs und die Waldsteins, werden gegen uns stehen. Eine Blutspur des Fanatismus wird sich durch Europa ziehen. Schlimmer als anno 1525, da Männer, Frauen, Kinder erschlagen wurden wie Vieh.“

      „Und?“ fuhr der Jesuit erregt dazwischen. „Über allem wird die Heilige Jungfrau triumphieren. Gott kennt die seinen. Jauchzen werden die Himmlischen. Unsere Härte wird das Chaos abwenden.“

      Der Bischof betrachtete ihn amüsiert und kramte in einem Stapel Papiere nach einem Dokument. „Über dieses hier werden sie wohl etwas weniger jauchzen. Hör zu! Es sind deine Worte, die du dummerweise bei Luther abgeschrieben hast: ‚Wider das wild geifernde Eberschwein Comenius, so den Weingarten des Herrn zerwühlet und sich untersteht, mit seinem besudelten Rüssel umzustoßen die Kirche Jesu Christi und alle Heiligenverehrung

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