Die Teide-Fibel. Günter Voss

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Die Teide-Fibel - Günter Voss

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Inglesses (d.h. Ruheplatz der Engländer). Vermutlich hat man ihn so genannt, weil verschiedene Engländer sich auf ihrem Wege nach dem Pico daselbst ausgeruht haben, denn niemand macht diese Reise, als Fremde und einige arme Einwohner der Insel, die durch Einsammeln des Bimssteins ihr Brot verdienen, weil die vornehmen Spanier von dergleichen Neubegierde nichts wissen. Hier biegen wir ab, weil das Übrige des Weges zum Reiten zu steil war, ließen einen unsrer Leute bei den Pferden zurück und stiegen dann weiter zu Fuß hinauf. Wir gingen sehr schnell, um warm zu werden, wurden aber durch den steilen Weg, der zugleich locker und sandig war, bald ermüdet. Als wir auf den Gipfel dieser Anhöhe kamen, fanden wir eine ungeheure Menge großer loser Steine, deren Oberfläche platt war. Jeder dieser Steine hatte, eins ins andre gerechnet, etwa zehn Fuß nach allen Seiten im Durchschnitt. Dieser Weg war nicht so steil, als der vorige, aber wir sahen uns genötigt, eine beträchtliche Strecke über die Felsen zu gehen und von dem einen auf den andern zu springen, weil sie nicht alle ganz dicht aneinander lagen. Zwischen diesen Felsen ist eine Höhle, in welcher sich ein Brunnen oder natürliches Wasserbehältnis befindet. Diese Höhle, worein wir vermittelst einer Leiter, welche die armen Leute zu dem Ende dahin gesetzt hatten, hinabstiegen, ist etwa zehn Ellen weit und zwanzig hoch. Der ganze Boden derselben, bis dicht an den Fuß der Leiter, ist mit Wasser bedeckt, welches ungefähr zwei Faden tief ist und damals an dem inneren Rande der Höhle gefroren. Wir machten einen Versuch, von diesem Wasser zu trinken, seine außerordentliche Kälte aber machte es uns unmöglich. Gleichwohl füllte unserer Führer eine Flasche mit demselben, die er in dieser Absicht von der Estanzia mitgenommen hatte. Nachdem wir etwa eine viertel oder halbe Meile auf den großen Steinen oder Felsen fortgegangen waren, kamen wir an den Fuß des eigentlichen Pico oder Zuckerhuts. Dieser ist steil und was die Schwierigkeit des Hinaufsteigen vermehrt, der Boden ist so locker, daß er unter den Fußen ausweicht und folglich außerordentlich ermüdend. Denn ungeachtet die Länge dieser Höhe nicht über eine halbe Meile beträgt, so waren wir doch genötigt, wohl dreißigmal still zu stehen und Atem zu holen. Endlich kamen wir auf den Gipfel, wo wir uns niederlegten und etwa eine Viertelstunde ausruhten, weil wir gänzlich entkräftet waren. Als wir die Estanzia verließen, brach eben die Sonne aus den Wolken hervor, welche sehr tief unter uns ausgebreitet lagen und dem Ozean ähnlich sahen. Über den Wolken, sehr weit gegen Norden, sahen wir etwas Schwarzes, welches wir für den Gipfel der Insel Madeira hielten. Wir fanden durch einen Taschenkompaß, daß es gerade in der Direktion dieser Insel von Teneriffa lag. Ehe wir aber noch den Gipfel des Pico erreichten, verschwand es. Von hier aus sahen wir die Gipfel der Inseln Palma, Gomera, Hierro und Groß-Kanaria, die uns sehr nahe zu sein schienen, aber Lancerota und Fuertaventura konnten wir nicht entdecken, weil sie nicht hoch genug sind, die Wolken zu durchdringen. Zum Unglück fanden wir die Luft nicht ganz klar von Wolken, sonst hätten wir vielleicht Porto Santo und selbst den nächsten Teil des Berges Atlas gesehen, welcher etwa hundert Leagues hier entfernt ist. Denn ungeachtet ich oben gesagt habe, daß man den Pico von dem Meere aus nicht weiter als auf 150 bis 160 Meilen von der Luft unterscheiden könne, so muß man doch bemerken, daß die Luft über den Wolken bei weitem viel dünner, reiner und freier von Dünsten ist, als unten. Ehe wir nach der Estanzia de los Inglesses kamen, sahen wir den Mond und die Sterne ungewöhnlich hell und glänzend und die Runde der Erde würde uns nicht verhindert haben, den Atlas zu sehen, weil sein Gipfel und der Pico, so weit sie auch von einander liegen, doch ihrer ungeheuren Höhe wegen, noch beträchtlich über den Horizont hervorragen müßten. Doch ich überlasse es andern, zu entscheiden, ob das Gesicht sich so weit erstrecke oder nicht.

      Nachdem wir uns eine Zeit lang ausgeruht hatten, fingen wir an, uns umzusehen und den Gipfel des Pico zu betrachten. Seine Dimensionen schienen genau mit der Beschreibung eines gewissen Herrn Eden übereinzustimmen, dessen Beschreibung seiner Reise auf den Pico man in einigen unsrer Nachrichten von den Kanarischen Inseln findet. Er sagt, die Länge desselben sei 140, die Breite 110 Ellen. Er ist ausgehöhlt und inwendig wie eine umgekehrte Glocke gestaltet. Von dem Rande, der dem oberen Teil dieser Glocke oder Kessels, wie die Eingeborenen es nennen, bis auf den Boden, sind etwa 40 Ellen. An vielen Stellen dieser Höhlung sahen wir stoßweise Rauch und Schwefeldampf herausfahren. Die Hitze des Bodens war an einigen Orten so stark, daß sie durch die Sohlen unserer Schuhe bis auf unsere Füße drang. Da wir einige Flecken weicher Erde bemerkten, so versuchten wir die Hitze mit unseren Fingern, konnten sie aber nicht weiter als einen halben Zoll tief hineinstecken, denn je tiefer wir kamen, desto stärker brannte sie. Wir nahmen darauf den Stock unseres Wegweisers und stießen ihn drei Zoll tief in ein Loch, wo der Rauch am dicksten zu sein schien. Nachdem wir ihn etwa eine Minute hineingehalten hatten, zogen wir ihn heraus und fanden ihn zu Kohle verbrannt. Wir sammelten hier viele Stücke des seltensten und schönsten Bimssteins, von allerlei Farben, vornehmlich himmelblau, violett, grün, gelb und scharlachrot. Was aber vornehmlich die Aufmerksamkeit meines Gefährten an sich zog, war das außerordentliche und ungewöhnliche Ansehen der Wolken, die wir sehr tief unter uns erblickten. Sie fielen nicht anders ins Auge, als der Ozean, nur war ihre Oberfläche nicht ganz so blau und eben, sondern sah einer sehr weißen Wolle ähnlich und wo dieser Wolkenozean die Küste berührte, schien er gleich Wellen, die sich am Ufer brechen, zu schäumen. Als wir durch die Wolken hinaufstiegen, war es finster, als wir aber, zwischen zehn und elf, weiter hinaufkamen, schien der Mond sehr helle und die Wolken waren nun etwa eine Meile weit unter uns. Wir hielten sie für das Meer und wunderten uns, es so nahe zu sehen, wurden auch nicht eher unseres Irrtum gewahr, als bis die Sonne aufging. Als wir von dem Pico herabstiegen und wieder in die Wolken kamen, schienen sie uns wie ein dicker Nebel, alle Bäume der obgedachten Wälder und unsere Kleider, wurden naß davon.

      Die Luft auf dem Gipfel des Pico war dünn, durchdringend und trocken, gleich den Südostwinden, die ich in der großen Wüste von Afrika gefühlt habe oder den Levantewinden im Mittelländischen Meer. Auch die trocknen Ostwinde, die in den nördlichen Teilen von Europa im März oder April oft bei klarem Wetter wehen, haben etwas ähnliches.

      Indem wir den höchsten Teil des Berges, den sogenannten Zuckerhut, welcher sehr steil ist, aufstiegen, klopfte uns das Herz ganz außerordentlich, so daß wir, wie ich schon oben bemerkte, übermal still stehen und Atem schöpfen mußten. Ob dies aber der außerordentlichen Dünnigkeit der Luft, die das Atemholen erschwert oder der ungewöhnlichen Ermüdung vom Steigen, zuzuschreiben sei, kann ich nicht bestimmen, glaube aber, daß es von beiden herrührte. Unser Führer, ein hagerer, behender alter Mann wußte von nichts, sondern kletterte so leicht wie eine Ziege, denn er war einer von den armen Leuten, die sich mit Einsammeln des Bimssteins in dem Kessel und andern Vulkanen ernähren. Der Pico selbst, wiewohl er seit einiger Zeit nicht gebrannt hat, ist nichts anderes als ein solcher Vulkan, wie aus der Natur seiner Substanz deutlich erhellt und in der Tat trägt der ganze Gipfel der Insel sichere Spuren von irgend einer schrecklichen Revolution, die sich auf Teneriffa zugetragen. Denn der Zuckerhut ist nichts anders als ein Gemisch von Erde, Asche und calcinierten Steinen, die aus den Eingeweiden der Erde ausgeworfen worden und die großen Steine, die ich vorher beschrieben, scheinen aus dem Kessel des Pico, da er ein Vulkan war, ausgeworfen zu sein. Der Gipfel des Pico ist von allen Seiten, außer von Osten her, wo wir heraufstiegen, unzugänglich. Seine steilste Seite ist gegen Nordwest. Wir stießen einige große Steine von dieser Seite herunter, die so weit fortrollten, daß wir sie endlich aus dem Gesicht verloren.

      Nachdem wir alles Merkwürdige besehen hatten, kehrten wir nach der Estanzia, wo wir unsre Pferde gelassen hatten, zurück. Wir brachten auf dem ganzen Wege dahin nur eine halbe Stunde zu, ungeachtet wir zum Hinaufsteigen drittehalb Stunden gebraucht hatten. Es war jetzt um zehn Uhr morgens und die Sonne schien so unerträglich heiß, daß wir uns genötigt sahen, in der Hütte Schutz zu suchen. Da wir sehr ermüdet waren, so legten wir uns hier nieder um zu schlafen, konnten aber nicht wegen der Kälte, die im Schatten so heftig war, daß wir, um uns warm zu erhalten, Feuer anlegen mußten.

      Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, ritten wir um Mittag denselben Weg wieder hinab, den wir heraufgekommen waren und kamen an einige Fichten, etwa zwei Meilen über den Wolken. Zwischen diesen Fichten und dem Pico, wächst weder Gras, noch Kräuter, Stauden oder Bäume, das obgedachte Retama ausgenommen. Um fünf Uhr Abends kamen wir zu Orotava an, nachdem wir, ohne uns aufzuhalten geritten und nur zuweilen, wo der Weg zu steil war, zu Fuß gegangen waren. Den ganzen Weg von der Estanzia bis Orotava, den wir in fünf

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