The Guards. Simone Lilly

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The Guards - Simone Lilly

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faul geworden, sie „Brillenschlange“ zu nennen. Denn der Name war ihnen viel zu lang. „Brille“ war also eine passende Abkürzung, die so gut wie jeder verstand. Leider.

       3.

      Draußen, das herrliche Wetter, strahlender Sonnenschein. Bei ihnen ein dunkles Büro mit teuren Möbeln, die mit Leder überzogen worden waren und auf denen ein jeder von ihnen Platz genommen hatte.

       „Meine Herren, hier ist sie.“, ihr Vorgesetzter, ein muskulöser Mann mittleren Alters schaltete den Wandprojektor an und ließ den leuchtenden Lichtpegel auf die Wand vor ihnen fallen. „Das ist Doktor Coopermans Tochter.“

       Das Bild zeigte ein junges Mädchen, es war vielleicht 16 oder 17. Nicht besonders ansehnlich, aber sie besaß etwas, was ihn faszinierte. Was sie beide faszinierte.

       Clark, der wild gestikulierend vor ihnen hin-und herschritt, zündete sich eine qualmende Pfeife an, was er immer tat wenn er etwas Wichtiges zu sagen hatte. Auch ihnen bot er eine an, sie winkten aber dankend ab.

       Schwer schwebte der Rauch der Pfeife durch den abgedunkelten Raum über Clarks grau-schwarz durchwachsenes Haar und fing sich in einem kleinen Sonnenstrahl, direkt am Fenster.

       „Das ist Nina Cooperman, 17 Jahre alt. Wir konnten ihren derzeitigen Standort ausmachen: Miami Beach.“ , Clark musste kurz aber laut und würgend husten. „Mr. Cooperman hat in letzter Zeit eine Entdeckung gemacht, die nicht…“, er machte eine Pause. „…sagen wir einmal, die nicht ganz unattraktiv ist“

       Sie lachten dumpf.

       „Ihre Aufgabe ist es nun, diese Erfindung…“, wieder machte er eine ironische Pause. „…zu unserem Unternehmen überzuführen.“

       Wieder lachten sie und er warf seinem Kollegen und Freund vielsagende Blicke zu. Er wusste, worauf Clark hinaus wollte.

       „Wir können es nicht mehr auf die übliche Art tun, diesmal muss es klappen.“, wütend legte Clark die Pfeife aus der Hand und schaltete mit der anderen den Projektor aus. „Konzentrieren Sie sich auf die Tochter, und nur auf sie.“

       Als Clark sah, dass er sich fragend meldete, winkte er ab. „Keine normale Entführung. Sollte die Polizei dahinter kommen, wäre unsere… Entschuldigung, meine Firma mehr als verloren. Nein, ich denke da an etwas anderes.“

       jetzt meldete er sich zu Wort. „Und an was denken Sie dabei?“

       Surrend fuhren die hinabgelassenen Jalousien nach oben.

       „Überlegen Sie, wie entführt man ein pubertierendes Mädchen ohne jegliche Freunde?“

       Er wusste es nicht und schüttelte deshalb unschuldig den Kopf.

       Es war nun ungewohnt hell. Die Sonne blendete ihm in den Augen und trieb ihm Tränen hinein.

       Clark lachte. „Aleksandré, das ist leicht.“ Abwartend tapste der Mann näher an ihn heran. So, als wollte er ihn umarmen.

       „Seid ihr Freund, mehr als das, versteht ihr das?“

       Sie nickten, doch es war mehr eine Lüge.

       „Ihr seid jung, gutaussehend…. Beobachtet sie, findet ihre Schwächen heraus, wichtiger noch, gewinnt ihr Vertrauen.“ Mit einem gewinnenden Lächeln, das auf der linken Seite in der oberen Reihe seines Gebisses einen gewichtigen Goldzahn entblößte, nahm Clark sein Telefon vom Tisch und wählte eine Nummer. Bevor er begann zu telefonieren verabschiedete er sich von ihnen. „Ich werde euch unmittelbar in ihrer Nähe platzieren.“

       Missmutig erhoben sie sich, gingen hinaus und genehmigten sich im geräumigen Warteraum erst mal einen Kaffee aus dem billigen Automaten.

       Aleksandré wurde nervös. „Was bildet der sich ein? Ich bin extra für diesen Beruf ausgebildet worden. Ich bin trainiert worden, Leute zu entführen, zu töten, zu beschatten und zu manipulieren, aber sicherlich nicht für ein solches Teeniegehabe.

       Sein Freund nickte. „Wie auch immer, es ist ein Auftrag. Etwas anders zwar, aber wir müssen ihn ausführen. Ob wir nun wollen oder nicht.“

       „Und ich will nicht.“ Der Kaffee war heiß und die Tatsache, dass Aleksandré sich daran die Lippen versenkte, steigerte seine Laune nicht im Geringsten. „ Komm.“, deprimiert warf er den noch vollen Becher in den Müll. „Bringen wir es hinter uns.“

       4.

      Sie hatten ihr ihr Heft genommen, das wusste Nina schon bevor sie ihr Klassenzimmer nach der langen Mittagspause betrat. Bestimmt hatten sie es in den Mülleimer oder aus dem Fenster geworfen. Jedenfalls würde Nina es, wenn überhaupt noch einmal, nicht mehr im ursprünglichen Zustand wiedersehen.

       Gefühlskalt schlenderte sie nach hinten, als sie aus den Augenwinkeln Andrew ausmachte. Mit seinen teuren Chucks, lässigen Shorts und einem weiten T-Shirt ließ er sich betont cool auf seinem Tisch nieder. Nina wurde heiß und kalt zugleich. Sie wusste, dass er nicht der hellste war und auch dass man mit der Menge seiner Schulverweise ein ganzes Zimmer tapezieren konnte. Aber genau das war es, das sie an ihm faszinierte. Er war trotzdem sehr beliebt, oder gerade deswegen. Von ihren Mitschülern und verständlicherweise Mitschülerinnen umringt, hob Andrew seinen Kopf, lächelnd warf er seine locker nach hinten gekämmten, braunen Haare zurück und blickte zu ihr. Direkt auf Nina. Ein Schüttelfrost überkam sie, sodass sie schnell versuchte, aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Ungelenk stob sie vorwärts, rasch genug, um gegen den vor ihr stehenden Tisch zu prallen. Andrews Grinsen wurde breiter und Nina setzte sich peinlich berührt auf ihren Stuhl. Erst als es schien, als hätte es sonst keiner bemerkt, meldete sich ein pochender Schmerz in ihrem Knie, welcher ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ihr Bein schmerzte, so sehr das nicht einmal die Blamage diesen Schmerz übertünchen konnte.

       Missmutig blickte sie auf ihren Stundenplan, den sie auf ihren Ordner abgedruckt hatte. Sie hatten jetzt Mathematik. Nicht nur, dass Nina dieses Fach hasste, nein, sie war sich auch noch sicher, dass ihr Lehrer Simk sie nicht mochte. Es war nicht nur reine Einbildung, oder Ausreden für ihre schlechten Noten, so wie es ihr Vater nannte. Jeden Tag wurde sie sich sicherer, dass er sie wirklich nicht mochte, und das auch immer und überall zeigte. In allen verschiedenen Weisen. Erst ein halbes Jahr zuvor hatte er sie bei einem Schulausflug rein zufällig vergessen auf die Liste zu setzten. Konnte das einfach so passieren? Eigentlich nicht. Und das bestätigte Nina ihren Verdacht. So oft sie versucht hatte einen Grund dafür zu finden, warum sie von ihren Mitschülern und sogar Lehrern nicht gemocht wurde, so oft hatte sie keinen gefunden. War es wirklich nur ihr Aussehen? Zugegeben, sie war etwas dicker, hatte eine unreine Haut und trug eine Brille. Aber konnte es daran liegen? Wenn sie sich umsah, sah sie durchaus ähnliche Mädchen in ihrer Klasse. Oder lag es daran, dass sie nicht mit den anderen redete, sich in ihrer Ecke zurückzog und dort blieb? Das sie in den Pausen alleine umherstreunte und sich nicht zu den anderen setzte? Eigentlich auch nicht, denn auch wenn sie sich jetzt so verhielt, so war sie anfangs noch ernsthaft daran interessiert gewesen, Freundschaften zu schließen. Konnte es etwa an ihrem Reichtum liegen? Das war das einzige was blieb. Was sie noch nicht ausgeschlossen hatte. Aber, sie hatte noch nie mit ihrem Geld oder dem Beruf ihres Vaters angegeben, noch nie geprahlt. Sie kreuzte nicht jeden Tag in Designerklamotten auf oder trug den teuersten Schmuck. Sie war normal gekleidet. Abgesehen davon, dass sie in der Schule Uniformen tragen mussten. Jedesmal wenn sie darüber nachdachte, blieb es ihr ein Rätsel. Eines, das sie womöglich niemals lösen würde. Vielleicht war es gar nicht ihre Schuld, vielleicht lag es einfach an dieser Klasse. Vielleicht würde es besser und anders werden, wenn sie wieder umzogen. Es müsste nur etwas passieren, wieder ein Ereignis auftreten, dass ihrem Vater angst machte, das ihn dazu bewegte, wieder die

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