Moses, der Wanderer. Friedrich von Bonin

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Moses, der Wanderer - Friedrich von Bonin

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teilweise einfach war. Wer würde nicht akzeptieren, dass das Erschlagen anderer Menschen verboten sei? Wer nicht, dass man seine Eltern ehren soll? Aber dass wir nur einen, nämlich ihren Gott verehren sollten, dass wir uns mit Frauen, die uns gefielen, nicht einfach vereinigen durften, dass sogar Frauen sich nicht Männer auswählen durften, das war nicht nachvollziehbar.

      Und doch, was sollte ich tun? Ich bekannte mich zu ihrem Gott Jahwe, ich gab vor, ihre Gesetze heilig zu halten, und heimlich opferte ich weiter unseren Göttern, wenn mir eine Frau gefiel, fragte sich sie, ob ich ihr auch gefiele. Wenn sie zustimmte, liebten wir uns, ohne dass ich diese Abenteuer etwa den Israeliten oder ihren Priestern erzählte. So galt ich bei den israelitischen Besatzern und ihrem obersten Propheten, Josua, als frommer Mann und so war Josua auf mich verfallen, als er seine Geschichte aufgeschrieben haben wollte.

      Geizig war er. Ich forderte fünf Schekel für die Arbeit einer Woche. Allein vier Tage feilschten wir um diesen Preis, er bot zuerst nur einen Schekel und nach vier Tagen einigten wir uns auf drei Schekel.

      „Aber dann ist das Papyrus im Preis inbegriffen“, forderte er mit seiner vor Alter knarrenden, befehlsgewohnten Stimme.

      „Großer Prophet“, antwortete ich, „kennst du die Preise von Papyrus? Wenn das Material in den drei Schekeln enthalten sein soll, zahle ich noch aus eigenen Mitteln dazu, denn das Papyrus kostet sicher mehr als diese drei Schekel, und meine Mittel sind knapp.“

      Und das Feilschen begann von vorn, nach weiteren zwei Tagen hatte ich mich auf zweieinhalb Schekel herunterhandeln lassen, aber er bezahlte Papyrus, Feder und Tinte.

      Heute nun sollte die Arbeit beginnen, heute bei Sonnenaufgang und hier war ich.

      2.

      „Es ist eine eigenartige Geschichte um Moses, er war einer der gottestreuesten Menschen, die ich gekannt habe“, sagte Josua nachdenklich und sah mit seinen blinden Augen auf die Berge, die nun in sattem Grün strahlten. Die Regenwolken hatten sich vorerst verzogen, aber es wehte immer noch ein kühler Westwind, so dass wir uns beide fester in unsere Umhänge wickelten, „so gottestreu wie er war, hat Jahwe ihm doch nicht gestattet, die Früchte seiner Arbeit zu sehen und ihn zu seinen Vätern versammelt, ohne dass er je nach Kanaan kommen durfte. Ich durfte sein Werk vollenden.“ Er schwieg.

      Ich saß neben ihm und verfolgte, wie die Sonne am Himmel immer höher stieg, wie sie trotz der Jahreszeit zu wärmen anfing und legte nach einiger Zeit meinen Wollumhang ab. Josua schien sich dagegen noch fester zu umwickeln. Ich nahm ein leichtes Frösteln an ihm wahr.

      „Das Alter zieht mir die Wärme aus dem Körper“, murmelte er, „Jahwe, du tätest vielleicht besser daran, mich auch sterben zu lassen. Das Leben weicht mit der Wärme aus mir.“

      Wieder schwieg er.

      Ich fing an, mir Sorgen zu machen. Er begann nicht mit der Erzählung, die ich aufschreiben sollte. Wollte er nicht oder war sein Geist nicht mehr bei ihm? Vorsichtig wollte ich ihn auf die Spur bringen.

      „Warst du von Anfang an dabei?“, fragte ich leise.

      „Wo ist Gott?“, begann er, als hätte er mich nicht gehört, „er war bei mir, als ich Moses aus der Gefangenschaft in Pitom befreite, als ich mit ihm nach Theben ging. Zum letzten Male hörte ich ihn, als wir Jericho eroberten, auf diese kuriose und unmögliche Art. Direkt in meinem Kopf war er, wie auch vorher schon. Ich solle Kundschafter nach Jericho schicken, wies er mich an.

      Wir standen, unser dreißigtausend, davon fünftausend meiner Krieger, die ich gut ausgebildet hatte, am anderen Jordanufer und sahen auf das gelobte Land und auf die erste Stadt in diesem Land, Jericho. Eine Stadt war das, von starken Mauern umgeben, und die Mauern, wir konnten das von der anderen Seite des Flusses sehen, mit starken Kräften besetzt. Während des ganzen Marsches unseres Volkes habe ich immer darauf geachtet, meine Armee zu vergrößern. Hatte ich beim Auszug aus Ägypten noch kümmerliche tausend Mann unter meinem Kommando, die auch noch gar nicht oder schlecht bewaffnet waren, so war meine Armee auf fünftausend Mann angestiegen, als wir Jericho sahen, alle gut bewaffnet und ausgebildet. Ich war immer der Macher gewesen unter Moses Führung und so wollte ich auch, als Moses gestorben war, Jericho mit meiner Armee erobern. Stürmen, war die Devise, die Mauern erstürmen und die Stadt einnehmen. Das würde schwer werden, das war mir klar, wir hatten keinerlei Belagerungswerkzeug, mit dem wir den Mauern etwas anhaben konnten.

      Aber Jahwe verbot das Stürmen. Drei Kundschafter solle ich in die Stadt schicken, die von ihm, Jahwe, künden sollten und die Behörden auffordern, uns einzulassen. Ich schüttelte zwar insgeheim den Kopf, aber wer war ich, Jahwe zu widersprechen, also schickte ich die Kundschafter.

      Mit Schimpf und Schande seien sie aus der Stadt getrieben worden, mit Hohngelächter, berichteten sie, kaum dass sie ihr Leben retten und flüchten konnten und hier seien sie nun.

      Gut, so Jahwe in meinem Kopf, dann sammle mein Volk Israel, alles, was gehen kann, die ganzen dreißigtausend Menschen, mit all ihrem Hab und Gut und setze auf die andere Jordanseite.“

      „Aber dann ist doch das ganze Volk gefährdet, wenn sie einen Ausfall machen und die Menschen angreifen, die nicht kämpfen können“, wandte ich in meinem Kopf ein. Das bekam mir aber nicht gut.

      „Setze mein Volk über“, kam die knappe Anweisung, ein Befehl, nicht etwas, was man diskutieren konnte.

      Also setzte ich über den Jordan, eine schwierige Arbeit, alle Menschen, alles Vieh, ihr Hab und Gut, alles über den Strom, der glücklicherweise zu der Zeit nicht tief und reißend war, wie er es manchmal im Winter ist. Das dauerte fast zwei Tage und unablässig mussten wir den Spott der Kanaaniter aus Jericho ertragen.

      „Nun ziehe um die Stadt, mit allem, mein ganzes Volk umkreise die Stadt, dreimal, ganz herum.“

      Ich wagte nicht mehr, Jahwe zu widersprechen, zu klar waren seine Anweisungen. Also umkreiste ich dreimal die Stadt, wieder mit Sack und Pack und allen Menschen und allem Vieh. Von den Mauern sahen sie auf uns herab, die Einwohner, und höhnten, ob wir meinten, so die Stadt erobern zu können, sie warfen nicht einmal brennendes Pech auf uns, wir waren es ihnen wohl nicht wert. Nach diesem Marsch errichteten wir unser Lager am Ufer des Jordan und ich erwartete, nun den Befehl zum Sturm zu erhalten. Nein! Wieder sollten wir am nächsten Tag die Stadt umrunden, wieder dreimal! Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, aber seltsamerweise murrte das Volk Israel nicht, es schien die Anordnungen Jahwes besser zu verstehen als ich.

      „Und nun lasse alles Vieh, alles Hab und Gut im Lager zurück“, befahl Jahwe am dritten Tag. „Nur die Menschen lass die Stadt umkreisen, und deine Männer sollen ihre volle Bewaffnung tragen und die Hörner der Widder, die ihr mit euch führt für Signale, sollen sie während des ganzen Marsches um die Stadt mit voller Kraft blasen.“

      Da lachten sie nicht mehr, die Einwohner, als sie die Menschen sahen, meine Krieger und das Volk und als sie die Hörner hörten, da gefror ihnen das Blut in den Adern und es war, als stürzten die Mauern von Jericho ein, so schnell öffneten sie die Tore, als wir die Stadt einmal umrundet hatten.“

      „Mein Herr und Prophet Josua, soll ich das alles mitschreiben? Ist es nicht besser, von vorne zu beginnen?“, fragte ich noch einmal vorsichtig.

      Wieder war es, als hätte ich nichts gesagt.

      „Danach hat er nicht mehr mit mir gesprochen, es war das letzte Mal. Und dabei begann doch jetzt erst die schwere Zeit, wir mussten das Land erobern, das Jahwe uns versprochen hatte.“

      Auch hier ersparte ich mir den Kommentar. Ich hatte die Geschichten von den Hebräern

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