Sail Away. Detlef Wolf

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Sail Away - Detlef Wolf

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sobald sie davon erfuhr. Martin Schöller war durchaus nicht der Typ, den sich Angelika von Weerendonk als den Partner ihrer Tochter vorstellte. Obwohl selbst aus sehr einfachen Verhältnissen stammend, betrachtete sie das Verhältnis der beiden jungen Leute als eine Mesalliance, die es unter allen Umständen zu verhindern galt, zumal sie es mißbilligte, daß sich ihre Tochter bereits in so jungen Jahren einem anderen anschloß.

      So unternahm sie alles in ihrer Macht Stehende, um das Verhältnis der Beiden zu durchkreuzen, bis hin zu einer Anklage gegen den jungen Mann, ihre Tochter vergewaltigt zu haben. Ihre Bemühungen blieben letztlich erfolglos, denn das Mädchen hatte es verstanden, nicht zuletzt auch zurückgehend auf eine versuchte Intrige seiner Mutter, in dem Schweizer Finanzmagnaten André Schindler einen mächtigen Verbündeten zu gewinnen, der Franziska nach Kräften unterstützte und gegen den die Mutter mit ihren Ränkespielen nicht ankam.

      Tapfer durchkreuzten die beiden jungen Liebenden alle Versuche der eifersüchtigen Mutter des Mädchens, ihre Beziehung zu hintertreiben. Alle, bis auf den letzten Schachzug, den Angelika von Weerendonk, die sich mittlerweile von Albrecht von Weerendonk getrennt und in dem Rechtsanwalt Doktor Harry Kern einen neuen Partner gefunden hatte, sich mit diesem ausgedacht hatte. Darüber verzweifelte das junge Mädchen so sehr, daß es keinen anderen Ausweg mehr sah, als im Alter von sechzehn Jahren den Freitod zu wählen.

      Das alles erläuterte Kommissar Markus Obermeyer seinem Kollegen und Vorgesetzten, Hauptkommissar Georg Huber und schloß:

      „So sieht’s aus. Wenn Du so willst, hat also die Mutter ihre Tochter in den Selbstmord getrieben, und der Junge ist die tragische Figur dabei. Ein starkes Motiv hätte er also schon, sich an der Mutter zu rächen, aber so wie’s aussieht, hat er’s nicht getan. Und so wie die Bremer Kollegen ihn schildern, wäre er auch gar nicht der Typ dazu.“

      „Und was ist mit diesem väterlichen Freund, diesem Schweizer?“

      „Du meinst André Schindler?“ Obermeyer atmete tief durch. „Der hätte die Möglichkeiten natürlich, gewaltige Möglichkeiten. Aber das läßt sich nicht nachweisen. Er könnte eine solche “Bestrafung“ der Mutter des Mädchens durchaus eingefädelt haben. Die Mittel hätte er allemal. Aber seine Spur nachzuverfolgen ist nahezu unmöglich. Kaum jemand weiß, wo er sich wann gerade aufhält. Er reist mit gemieteten Flugzeugen, ist ständig unterwegs, und sein jeweiliger Aufenthaltsort ist schwer festzustellen. Natürlich sollten wir versuchen, rauszukriegen, wo er an jenem Abend gerade war, als Angelika von Weerendonk überfallen wurde, aber ich glaube, das bringt uns kaum weiter. Erstens wird sich so ein Typ kaum selbst die Hände schmutzig machen, und zweitens glaube ich nicht, daß irgendjemand in seiner Umgebung den Mund aufmachen wird. Aber versuchen sollten wir’s auf jeden Fall.“

      Kommissar Obermeyer sollte mit seiner Vermutung recht behalten. So sehr sich seine Leute auch bemühten, alle Nachforschungen bezüglich André Schindlers verliefen im Sande. Die Mauer des Schweigens, die diesen mächtigen Schweizer Finanzmagnaten umgab, erwies sich als zu stabil und zu hoch. Es war äußerst unbefriedigend, aber schließlich mußten sie die ganze Sache erfolglos abbrechen. André Schindler, dem die Bemühungen der Münchener Kriminalpolizei natürlich nicht verborgen blieben und die er mit Interesse verfolgte, blieb unbehelligt.

      ***

      Inzwischen war Angelika von Weerendonk aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der Bruch ihrer Unterschenkelknochen, ebenso wie die Verletzungen, die sie durch die Mißhandlungen erlitten hatte, heilten zufriedenstellend, obwohl sie auch nach dem Abheilen der Wunden dauerhaft entstellt blieb. Wie es bereits der Arzt in der Notfallambulanz bei ihrer Aufnahme ins Krankenhaus angedeutete hatte, war ihr Gesicht und auch die Narben an ihrem Körper nicht mehr zu reparieren. Obwohl die Schauspielerin alles daransetzte, es zu versuchen. Ihre Bemühungen scheiterten samt und sonders.

      Man hatte ihre Nase richten können. Gegen die Narben, die sich über beide Wangen und über die Stirn hinzogen waren die Ärzte jedoch machtlos. Die Wunden hatten sich durch die Zuckerkristalle sofort entzündet, so daß sie schlecht abheilten und wulstige Narben bildeten. Diese mannigfachen Wülste beseitigen zu wollen, war einfach ein sinnloses Unterfangen. Die übrige Haut ihres Körpers und ihrer Gliedmaßen sah nicht anders aus, nur daß es ihr hier möglich war, die Verunstaltungen durch Kleidung unsichtbar zu halten. Im Gesicht gelang das hingegen nur höchst unvollkommen, trotz der Base-Cap die sie, tief in die Stirn gezogen, zu tragen pflegte und der großen, dunklen Brille. Die vernarbten Wangen gaben ihr das Aussehen einer alten Frau. Oft mußte sie den Spott der Kinder ertragen, die sich hinter ihrem Rücken mehr oder weniger verhalten zuflüsterten: „Ey, guck mal, hast Du die geseh’n? Die sieht ja aus wie ‘ne Hexe.“

      Von der einst so berühmten und gefeierten Schauspielerin Angelika von Weerendonk war nichts mehr übrig geblieben. Das Talent zum Schauspielern hatte sie freilich noch, aber niemand konnte und wollte es nutzen. Ihr Agent gab seinen Auftrag zurück, sie wurde von sämtlichen Besetzungslisten gestrichen. Die Zäsur in ihrem Leben war allumfassend. Sie mußte sich neu orientieren.

      Viele Möglichkeiten dazu eröffneten sich ihr nicht. Tatsächlich blieb ihr als einzige, sich mit dem Geld, über das sie nun reichlich verfügte, ein angenehmes Leben zu machen. Soweit das unter den gegebenen Umständen möglich war.

      In den Kreisen, in denen sie einst zu verkehren pflegte, war sie nunmehr eine Unperson. Den Eintritt zu gesellschaftlichen Ereignissen mußte sie sich erkaufen. Das gelang ihr gelegentlich, aber bei weitem weniger oft, als sie es sich erhofft hätte. Wenn es ihr dann gelungen war, sich Zutritt zu dem einen oder anderen Fest zu verschaffen, auf dem man sie in früheren Zeiten begeistert begrüßt hätte, wurde sie behandelt wie eine Aussätzige. Nie mehr war sie der strahlende Mittelpunkt eines solchen Festes, auf den wilden Parties auf den millionenteuren Yachten der Schönen, Reichen und Berühmten in Saint Tropez oder Monte Carlo, den Empfängen der Filmfestspielen in Cannes, Venedig oder Berlin, den Preisverleihungen in Rom oder in Los Angeles. Die einzige Bemerkung, die sie über sich und ihr Aussehen zu hören bekam, lautete:

      „Mein Gott, die sieht ja schrecklich aus. Dabei war sie mal eine echte Schönheit. Jetzt sollte man lieber aufpassen, nicht zusammen mit ihr photographiert zu werden.“

      Anfangs war sie darüber regelmäßig in Tränen ausgebrochen. Dann hatte sie sich damit arrangiert, und schließlich gewöhnte sie sich an ihre Rolle als Aussätzige. Sie mied die Kameras, bewegte sich unauffällig und bemühte sich, ihre wenigen Gesprächspartner nicht durch ihr Aussehen zu kompromittieren. Wodurch sie sich letztlich wieder einen gewissen Respekt erwarb. Man pflegte wieder einen gewissen Umgang mit ihr, aber diskret. Sehr diskret.

      ***

      Ansonsten genoß Angelika von Weerendonk ein Leben in Luxus. Ausgestattet mit nahezu unerschöpflichen finanziellen Mitteln, verkaufte sie ihre Wohnung in München und übersiedelte auf die Karibikinsel Saint Barthelemy in jenes Anwesen, in dem sie mit Harry Kern ihr erstes und einziges gemeinsames Weihnachtsfest verbracht hatte. Für alle Fälle unterhielt sie aber auch Apartments in Kitzbühel, Saint Tropez und Santa Monica, an der kalifornischen Pazifikküste. Schließlich konnte man nie wissen, wann und wo man eine Operationsbasis brauchen würde. Es stellte sich heraus, sie brauchte sie kaum, fast gar nicht.

      Ihr Alltag gestaltete sich eintönig, monoton. Umgeben von einem Heer von Angestellten sonnte sie sich im eigenen Garten, schwamm im eigenen Pool, ließ sich das Essen nach Wunsch zubereiten von einem Koch, der zuvor ein Sterne-Restaurant geführt hatte. Allerdings nahm sie ihre Mahlzeiten allein zu sich. Gesellschaft hatte sie nur, wenn einer ihrer Angestellten ihr einen Gesellschafter oder, je nach Stimmungslage, eine Gesellschafterin zuführte. Zu Tisch, oder auch an ihr Bett, wenn sie gerade das Bedürfnis danach spürte. Wirklich befriedigend allerdings waren diese Zusammenkünfte nicht. Ihr Leben war hohl, langweilig und inhaltsleer.

      Gelegentlich verließ sie ihre Insel und

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