Verfluchtes Erbe. T.D. Amrein
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Krüger zuckte zusammen. Ausgerechnet jetzt. So konnte er doch niemandem gegenübertreten.
„Lassen Sie ihr bitte einen Kaffee bringen!“, brummte er. „Ich bin gleich soweit.“
Vorsichtig schlich er in den Keller, wo sich die Sporträume befanden. Um sich wenigstens etwas zurechtzumachen.
Wer konnte das sein? Er hatte doch bestimmt niemanden bestellt, dachte er die ganze Zeit, während er sich unter der Dusche aalte. Bis ihn ein weiterer Schlag traf.
Die neue Praktikantin, natürlich. Die war sicher schon mehr als eine Stunde da.
Peinlich, peinlich. Was für ein erster Eindruck.
***
Endlich betrat er sein Büro. Über sein zerknittertes Hemd hatte er das Notfallsakko mit Krawatte aus dem Kellerspind gezogen. Um seine Besucherin halbwegs zivilisiert, empfangen zu können.
Im ersten Moment blieb ihm die Entschuldigung im Hals stecken. Lange, unbedeckte Beine führten den Blick zu einem beeindruckenden Dekolleté. Darüber das Gesicht eines Engels. Mit grünen Augen, die ihn mit einer Intensität anstrahlten, die sich kaum noch aushalten ließ.
Viel zu schön, für eine Polizistin, schoss Krüger durch den Kopf. Sie erhob sich, streckte die Hand aus. „Guten Morgen Herr Oberkommissar! Ich bin Nadja Siller. Ihre neue Praktikantin.“
Nadja. Ein weiterer Schlag.
„Guten Morgen!“, brachte er schließlich heraus. „Frau Siller, freut mich, tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich meine, dass Sie so lange warten mussten.“
Gleich fange ich auch noch an zu stottern, dachte Krüger erbost.
„Das macht doch nichts, Herr Oberkommissar. Sie haben sicher Wichtigeres zu tun.“ Es klang überhaupt nicht nach Vorwurf. Aber Krüger war sofort klar. Die kann dich mit wenigen Worten zum Idioten machen.
Dazu diese Augen. Er senkte den Blick, um damit wieder auf ihrem sanft auf und ab wandernden Busen zu landen. Zum Glück klopfte in diesem Augenblick jemand, so dass beide zur Tür schauten. Vera, der gute Geist des Reviers, brachte Krüger einen Kaffee. Schnell ergriff er die Gelegenheit: „Vera, zeigen Sie doch bitte Frau Siller die Räumlichkeiten. Ich habe noch etwas zu erledigen.“
„Ja dann, bis später, Herr Oberkommissar. Wann darf ich zurückkommen?“ Wieder diese Art, einen Vorwurf in einen netten Satz zu kleiden. Krüger schwankte zwischen Bewunderung und schlimmer Ahnung.
„Ich melde mich“, gab er knapp zurück. „Und lassen Sie bitte den Oberkommissar weg. Nennen Sie mich Krüger oder einfach Chef.“
Vera zog sie aus dem Büro, bevor sie antworten konnte. Nur ihr dezentes Parfüm blieb zurück.
Nach kurzem Überlegen kramte Krüger die Akte „Obermann“ hervor und legte sie an den Rand seines Schreibtisches. Dieser Fall, der ihn schon so lange beschäftigte. Genüsslich schlürfte er an seinem Kaffee. Damit konnte er sie in Schach halten. Eine neue Sicht auf die Akte konnte nicht schaden.
***
Endlich drückte er die Sprechtaste, die direkt zu Vera führte und verlangte nach Frau Siller.
Erwartungsvoll erschien sie, die Augen fest auf ihn gerichtet. Aber ein zweites Mal ließ sich Krüger nicht überrumpeln. „Diese Akte“, sagte er beiläufig, ohne sie anzusehen, „ist Ihre Arbeit für diese Woche. Schauen Sie sich alles ganz genau an. Versuchen Sie, etwas zu finden, wo man ansetzen könnte. Ich erwarte einen sauberen Bericht. Mit Vorschlägen und Dingen, die Ihnen speziell aufgefallen sind.“
„Dafür eine ganze Woche Zeit?“, fragte sie ungläubig.
Jetzt fixierte er sie direkt. „Wenn Sie in einer Woche weiterkommen, als wir in einem Jahr. Das wäre eine respektable Leistung.“ Damit konnte er ihre glatte Schale durchbrechen. Sie errötete sogar leicht.
„Entschuldigen Sie Herr, äh Chef. Das habe ich damit nicht gemeint.“
„Schon gut“, brummte Krüger, wieder in netterem Ton. „Dort ist Ihr Schreibtisch. Den Zugang zum Computer bekommen Sie von Vera. Noch Fragen?“
„Im Moment nicht. Danke Chef“, erwiderte sie nur. Keine Augenspiele mehr. Sie hatte ihn akzeptiert.
***
Der Fall Obermann, begann in der Akte damit, dass ein Leichenfund gemeldet wurde. Ein Foto zeigte eine ältere Dame, die zwischen braunen Flecken auf dem Boden einer Küche lag. Die Fliesen stammten noch aus den fünfziger Jahren. Ebenso das Mobiliar, eine typische Seniorenwohnung. Die Sache dürfte wohl ohne jeden Verdacht als natürlicher Tod durchgegangen sein, wenn der auffällige Diamantring, den die Tote immer getragen hatte, noch an seinem Platz gewesen wäre.
Die Tochter, die sofort die Polizei verständigt hatte, behauptete, dass dieser Ring mindestens zwanzigtausend Mark gekostet habe.
Natürlich glaubte ihr niemand. Trotzdem musste der Fall aufgenommen werden. Die Obduktion ergab, dass die Dame nicht an Herzversagen gestorben war. Wie auf dem Totenschein stand, den der Hausarzt vorschnell ausgefüllt hatte. Sondern wahrscheinlich mit einem Kissen erstickt wurde.
Durch die Verzögerungen verschwanden fast alle Spuren am Tatort. Ein paar Fotos der Fundsituation. Sie zeigten, wo und wie die Leiche gelegen hatte. Eigentlich alles, was den Ermittlern geblieben war.
Aber nach und nach zeigte sich, dass die Dame tatsächlich ein Vermögen besessen hatte.
Nicht einmal die Verwandten wussten etwas darüber. Mit Ausnahme der Tochter, die die Polizei verständigt hatte. Allerdings hatte auch sie nur von diesem Ring gesprochen.
Immer neue Vermögenswerte tauchten auf. Mehrere Liegenschaften. Weitere Bankkonten und Wertpapiere. Alles zusammen ergab eine imposante Summe, die sich auf vier Erben verteilte.
So klar das Motiv auch erschien. Die Ermittlungen verliefen im Sand.
***
Ein Einbrecher hätte die Wohnung vermutlich noch durchsucht. Aber es wurden kleinere Barbeträge an verschiedenen Stellen gefunden. Nichts schien erbrochen oder durchwühlt. Das einzige Indiz für einen Raub blieb der Ring.
Natürlich konnte man nicht ganz auszuschließen, dass sonst noch etwas fehlte. Die eher schäbige Wohnung, wies auf keinerlei Reichtum hin.
Ihr Sohn, der sie ab und zu besuchte, hatte ihr sogar heimlich die Rente aufbessern lassen. Als erfolgreicher Anwalt verdiente er genug. Doch selbst wenn er von ihrem Vermögen gewusst hätte. Lange hätte er ohnehin nicht mehr auf die Erbschaft warten müssen.
Die Tochter schied durch ihr Verhalten als Täterin aus. Sohn und Tochter hatten nie geheiratet. Somit existierten auch keine Partner, die vom Erbe profitieren konnten.
Es verblieben noch zwei Neffen, auf die sich die Ermittlungen lange konzentrierten. Einer lebte in normalen, stabilen Verhältnissen. Er war jedoch nachweislich zur Tatzeit abwesend. Auch wenn sich das erst nach und nach verdichtet hatte. Deshalb blieb der Zweite als Hauptverdächtiger übrig.
Er gab schließlich zu, dass ihn die Tante gelegentlich unterstützt