Männerphantasien - Irritationen. Yupag Chinasky
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Aber die Tür war zu, auch hier kein Entkommen. Er setzte sich auf eine Treppenstufe und wartete, dass die Frauen kämen, um ihn weiter zu verfolgen und zu peinigen oder dass ein Hausmeister oder ein Beschützer oder ein Zuhälter auftauchen und ihn fertig machen würde. Und er dachte an den Wirt, der ihn für einen Zechpreller halten musste, weil er über das Klo die Flatter gemacht hatte, ohne zu bezahlen und das war ihm peinlich, er war ein ehrlicher Mensch. „Sorry, du Arsch, aber im Moment kann ich nicht anders“, dachte er.
Irgendwann kam eine der Damen. Sie hatte einen billigen Regenmantel an und sah wie eine ganz normale Hausfrau aus. Sie schaute ihn seltsam an, ließ ihn aber, ohne eine Frage zu stellen auf die Straße. Vermutlich hätte sie ohnehin kaum Deutsch gesprochen.
Am Tag als der Regen kam
Wetterumschwung
Der Regen setzte am Abend desselben Tages ein, an dem er in dem kleinen Küstenort angekommen war. Es regnete stundenlang, die ganze Nacht und auch an den folgenden Tagen. Mal war es ein sanftes Nieseln, mal goss es in Strömen, unterbrochen von kurzen Phasen der Aufklarung, in denen sich das Wasser in den Wolken zu sammeln schien, um dann um so heftiger herniederzuprasseln. Heftige Windböen peitschten von Zeit zu Zeit durch die Straßen, wirbelten vereinzelte Gegenstände auf und rüttelten an Dächern, Türen und Fenstern. Dennoch war die Luft im Zentrum des Wirbelsturms, eines ciclon, die meiste Zeit überraschend ruhig. Der Sturm verursachte jedoch im Meer eine schwere Dünung, die in gleichmäßigen Abständen Welle auf Welle mit gischtweißen Schaumkronen an das Ufer schickte. Die Wellen brachen sich an der vorgelagerten Steinschüttung und der meterhohen Mole und das Wasser schwappte auf die Uferstraße, die menschenleer und unpassierbar war. Die Stadt war von der Umwelt abgeschlossen, man konnte sie auf den überschwemmten oder durch Erdrutsche blockierten Straßen weder verlassen noch erreichen und auch die anderen Verbindungen zur Außenwelt waren unterbrochen. Das Telefon blieb stumm, das Handy fand kein Netz, das Internet war blockiert und selbst das Fernsehen war immer dann tot, wenn der Strom ausfiel.
Das öffentliche Leben war zum Erliegen gekommen. Geschäfte, Restaurants, Fabriken, Werkstätten, Büros, Ämter und Behörden und selbst die Banken waren geschlossen und alles, was Touristen üblicherweise machten, Spaziergänge, Ausflüge, Besichtigungen, Bootstouren, alle fiel buchstäblich ins Wasser. So war er zum Nichtstun gezwungen, saß die meiste Zeit in seinem Zimmer, las, döste, schlief, lauschte dem Regen, der auf das Dach trommelte oder schaute von seinem wellblechgeschützten Balkon auf die trostlose Umgebung. Er hatte die kleine Pension wegen ihres Blicks auf die Uferstraße und das Meer gewählt. Aber das Meer ahnte man mehr, als dass man es sah, die Sicht verlor sich im Grau des Regens, es machte jedoch unablässig durch das dumpfe Grollen der Dünung und die aufspritzende Gischt auf sich aufmerksam. Dennoch war der Blick vom Balkon interessant. Er hatte Zeit und Muße, die Menschen auf den wenigen einsehbaren Straßen und in den umliegenden Häusern zu beobachten. Sie hatten mit dem Einsetzen des Regens begonnen die Fenster und Türen ihrer Wohnungen zu verbarrikadieren. Er hörte die Lautsprecherdurchsagen der Polizeiwagen, die durch die Straßen patrouillierten und zur Evakuierung aufriefen. Er sah, wie Polizisten und Helfer mit grellgrünen Warnwesten von Haus zu Haus gingen, um dieser amtlichen Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Er beobachtete, wie die Leute ihre Habseligkeiten und Wertgegenstände, Tische, Stühle, Schränke, Kühlschränke, Fernsehgeräte auf bereitgestellte Laster hievten, wie sie mit großen Taschen in wartende Busse stiegen oder schwer beladen in Richtung der vor Überschwemmungen sicheren Stadtteile gingen. Er sah Alte, die von Helfern gestützt aus ihren Wohnungen kamen und Eltern, die ihre kleinen Kinder in Decken gewickelt auf den Armen trugen. Es herrschte Ausnahmezustand, doch alles lief wohlgeordnet und ohne Panik ab.
Wenn der Regen ab und an schwächer wurde oder gar eine Pause machte und der Wind so weit abflaute, dass man einen Regenschirm benutzen konnte, ging er aus dem Haus und watete durch die Straßen. Er sprang von Gehweg zu Gehweg, die aus leidvoller Erfahrung besonders hoch angelegt waren, aber bald waren seine Schuhe durchgeweicht und was er sah, konnte er auch von seinem Balkon aus sehen. So kehrte er schon nach kurzer Zeit wieder in sein Zimmer zurück, legte sich auf das Bett, döste weiter, lauschte wieder dem Trommeln und Plätschern, nervtötend und beruhigend zugleich.
Glühwürmchen
Es war wieder Abend geworden und er aß genügsam das spärliche Nachtmahl, das man ihm anbot, er musste mit dem auskommen, was gerade im Haus vorrätig war. Dann ging er nach Einbruch der Dunkelheit noch einmal in die Stadt. Der Regen hatte aufgehört und die Straßenbeleuchtung war zum Glück nicht ausgefallen. Das Wasser in den Straßen war etwas verebbt, doch er musste immer noch aufpassen, dass er nicht in eine der vielen, großen Pfützen trat und sich die Schuhe voll mit Wasser schöpfte. Um diese Zeit waren nur noch wenige Menschen in den Straßen, aber einige waren selbst jetzt noch mit Teilen des Hausrats auf den Schultern oder mit großen Taschen in den Händen unterwegs.
An einer Ecke sah er sie, die junge Frau in dem hellen Kleid. Sie stand an eine Hauswand gelehnt und rauchte. Ihr buntes Kleid übte im Schein der schwachen, gelben Straßenlampe eine regelrechte Signalwirkung aus, wie ein Glühwürmchen, dachte er, ein Glühwürmchen, das ein Männchen anlocken will. Sie schien auf ihn gewartet zu habe, denn kaum war er in ihrer Nähe, sprach sie ihn an. Was er hier mache, ob er keine Angst vor dem ciclon habe. Sie lachte, als er ihr sagte, dass er die Stadt nicht verlassen könne, dass er nichts unternehmen, nirgends hingehen könne, dass es schrecklich langweilig sei. Er könne jedenfalls die Stadt verlassen, meinte sie, wenn der ciclon vorbei sei, sie aber müsse ihr ganzes Leben hier verbringen, in der Langeweile. Sie war noch jung, hatte eine dunkle Hautfarbe und kunstvoll geflochtene Rastahaaren. Sie war nicht besonders hübsch, recht stämmig und sie schaute zudem etwas träge und gelangweilt drein. Außer dem Charme und der Unbekümmertheit der Jugend hatte sie nicht viel zu bieten, aber sie wusste trotzdem sehr genau was sie wollte. Sie wusste, dass dieser irre Tourist, der während des ciclons bei Nacht durch die Straßen ging, ihre einzige Chance war, in diesen öden Tagen an ein paar Dollar zu kommen. Sie war eine der jungen Frauen, die sich wegen des Wunsches nach etwas Luxus mit Touristen anfreundete. Das war nicht ungefährlich, denn wenn sie von der Polizei bei der Anmache erwischt wurden, schon ein harmloser, gemeinsamer Gang durch die Straßen konnte als Anmache ausgelegt werden, gab es empfindliche Strafen. Aber was blieb ihr anderes übrig? Sie brauchte Dollars, um sich eine schicke Bluse, brauchbare Schuhe, etwas Parfüm oder Lippenstift zu kaufen, ja um überhaupt etwas Anständiges zum Essen zu haben. Sie mussten sich arrangieren, wie die anderen Kämpferinnen, diese luchadoras muchachas.
Während er sich mit dem Mädchen im gnädigen Licht der Laterne unterhielt, fand er sie ganz nett und als sie ihn fragte, ob er den Abend mit ihr verbringen wolle, sah er eine Chance seiner Langeweile für ein paar Stunden zu entkommen. So waren sie sich rasch einig, zusammen zu bleiben, nur das wo, war ein Problem. Da alle Lokale geschlossen waren, die Wohnung des Mädchens wegen der Eltern nicht in Frage kam, hätte sich seine Pension angeboten. Aber das wollte sie nicht. Sie hätte, ihre Personalien angeben müssen und wäre in Verdacht gekommen, eine Nutte, eine puta, zu sein. Das wollte sie vermeiden, denn sie war keine. Aber sie wäre keine erprobte Kämpferin im harten Lebenskampf gewesen, wenn sie nicht eine Lösungen parat gehabt hätte. Sie kannte Leute, die für ein paar Dollar ihre Wohnung vermieteten, natürlich illegal und auf die Gefahr hin, von Nachbarn verpfiffen oder von der Polizei entdeckt und bestraft zu werden.
Sie nahmen eines der wenigen Fahrradtaxis, die noch auf den Straßen waren und fuhren durch die nächtliche Stadt. Die konspirative Wohnung lag ebenfalls an der Uferstraße, jedoch in einiger