Am Abgrund. Georg Sonnleitner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Am Abgrund - Georg Sonnleitner страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Am Abgrund - Georg Sonnleitner

Скачать книгу

      »Ich muss jetzt los«, sagte sie.

      »Ich will nicht, dass du einen falschen Eindruck von mir bekommst«, sage Stefan. »Hättest du nachher Zeit? Ich würde dir das Ganze gern bei einem Kaffee erklären.«

      Sie strich sich ihre schwarze Mähne hinter die Ohren und sagte bestimmt: »Ich habe dann noch etwas in der Redaktion zu tun. Außerdem glaube ich nicht, dass ich einen falschen Eindruck von dir habe.«

      Sie schwang sich auf ihr Fahrrad und verschwand.

      »Hari ist ein Freund von Anna«, sagte plötzlich Ralph. Stefan drehte sich um und sagte: »Was versprichst du dir davon?«

      »Was meinst du..?«

      »Dass du sie gegen mich aufhetzt.«

      »Das machst du schon selbst.«

      »Du arbeitest jetzt also auch für dieses Universitätblatt. Denkst du, du hast eine Chance bei ihr...?«

      »Warum interessiert dich das? Du hast doch eine Freundin..«

      »Ich finde es einfach lächerlich, das ist alles.«

      »Die Sitzung fängt gleich an«, sagte der schlaksige Bursche.

      »Du verschwendest deine Zeit«, rief Stefan Ralph nach. Ein hübsches, kluges Mädchen wie Anna konnte allemal was besseres finden als diesen Stümper, dachte er bei sich.

      SECHS

      Vor sich hin grübelnd sank Stefan in den Leder-Sessel im Esszimmer seiner Eltern. Es war ein riesiger Raum mit Holzvertäfelungen an den Wänden und einer Gallerie aus poliertem Eichenholz. ROMAN Zauner‘s imposante Gestalt spiegelte sich auf dem gebohnerten Parkett. Mit einem Whiskeyglas in der Hand schlenderte er an den raumhohen Bücherregalen entlang. Sein Haar war für sein Alter ausgesprochen voll und nur an den Seiten seines Kopfes von ein paar grauen Strähnen durchzogen. Stefan nippte von seinem Glas. Das Abendessen bei seinen Eltern am Freitag Abend war zu einer Tradition geworden, der Stefan gerne nachkam. Seine Mutter, Martha Zauner, war eine ausgezeichnete Köchin.

      »Kennst du ihn?«, fragte Stefan. Sein Vater sah von einem dicken Schmöcker auf. »Viktor Tomann? Ich habe ihn ein-, zweimal getroffen.«

      Stefan starrte auf etwas, das vor sich auf dem kleinen Beistelltisch lag. »Vergiss die Sache«, sagte sein Vater. Er stellte das Buch zurück ins Regal. »Du verstehst das nicht.«

      Stefan nahm die Banknote vom Tisch und hielt sie hoch.

      »Sag bloß, du trägst diesen 50er immer noch mit dir herum«, sagte sein Vater und steckte sich einen Zigarillo an. Früher hatte er auch Zigarren geraucht, mit seinen Geschäftspartnern. Irgendwann würde er es sich ganz abgewöhnen.

      »Ich glaube nicht an Glücksbringer. Erinnert mich einfach an damals«, sagte Stefan. Er konnte die Augen nicht von dem Geldschein abwenden.

      »Du redest wie ein alter Mann«, sagte Roman Zauner. Er ließ die Streichhölzer in der Sakkotasche verschwinden.

      »Angenommen, Gerber veranstaltet wirklich einen Empfang; er wird dich nicht einladen. Weil er dich nicht kennt. Oder glaubst du, du hast damals einen so prägenden Eindruck hinterlassen?« Ein tiefes Lachen erfüllte das Zimmer. Der stämmige Mann bließ eine dicke Rauchwolke aus.

      Das verächtliche Getue seines Vaters beeindruckte Stefan nicht. Er nahm sein Glas und stand auf, ging zur Fensterfront und überblickte den prächtig angelegten Garten. Er war das Werk seiner Mutter, die ein Faible für Architektur und Gartengestaltung hatte.

      »Mir fällt schon was ein«, sagte Stefan ruhig. »Du redest genauso abfällig über Gerber wie die meisten meiner Professoren«, sagte er dann.

      »Das wundert mich nicht«, sagte sein Vater und nahm nun selbst auf der Couch Platz. »Maximilian Gerber ist ein Traumtänzer, der den Boden unter den Füßen längst verloren hat.«

      Stefan ließ sich in einem Ohrensessel fallen. Die Luft war erfüllt von süßlichem Rauch. »Wenn er ein so miserabler Geschäftsmann ist, wie kommt‘s dann, dass er mit dem Handel von Aniquitäten und Kunstgegenständen fast eine halbe Milliarde verdient hat?«

      Stefan schwenkte sein Glas und sah seinen Vater mit scharfem Blick an.

      »Ich halte Gerber nicht für einen schlechten Geschäftsmann - im Gegenteil. Er hat zweifellos Sinn fürs Geschäft und ein paar kluge Entscheidungen getroffen. Seinen Reichtum wird er wohl nicht mehr verlieren, nicht in diesem Leben. Es sind seine fragwürdigen Methoden, die mich abstoßen. Gerber ist keinesfalls immer auf rechtmäßigem Wege zu seinem Vermögen gekommen. Konkurrenten sticht er nicht bloß auf geschäftlicher Ebene aus. Er lässt sie verfolgen, einschüchtern, manche sind einfach von der Bildfläche verschwunden. So macht man keine Geschäfte – außer bei der Mafia. In meinen Augen ist Gerber ein Verbrecher.«

      Stefan nahm den 50er vom Tisch und steckte ihn wieder in seine Brieftasche. Er ging nicht darauf ein, was sein Vater sagte; stur, wie er war ließ er sich ohnehin nicht von seinem Standpunkt abbringen.

      »Maximilian Gerber lebt in einer oberflächlichen Welt. Er hat keine Familie, keine Freunde. Er ist das beste Beispiel für maßlose Dekadenz, für Gier und einen unverantwortlichen Umgang mit Geld.«

      Roman Zauner sah es absolut nicht gerne, dass sein Sohn sich von einem Mann wie Maximilian Gerber und den Idealen, die er verkörperte, beeindrucken ließ. Unternehmer vom alten Schlag wie er hatten für den Paradiesvogel Gerber nichts als Verachtung übrig. Gerber hielt sich nicht an moralische Regeln. Kompromisslos ging er seiner Gier nach.

      Beim Essen schwiegen Vater und Sohn. Im Hintergrund lief leise klassische Musik. Nur Martha Zauner unterbrach die Stille hin und wieder, bot den beiden noch Reis, Soße oder Knödel an.

      Stefan respektierte seinen Vater und bewunderte ihn in vielerlei Hinsicht. Doch wenn das Gespräch auf Maximilian Gerber kam, so ärgerte ihn seine konservative Einstellung maßlos.

      »Wie schmeckt euch der Wildbraten?«, sagte Martha Zauner. Und ihr Mann sagte, als ob das eine passende Antwort wäre: »Geld ist nur soviel wert, wie der Mann, der es besitzt!«

      »Wie oft ich den Spruch gehört habe«, sagte Stefan.

      Er immitierte seinen Vater: »Mit großer Kraft geht große Verantwortung einher.«

      »Du hast ja doch zugehört«, sagte sein Vater.

      Stefan schob seinen Teller weg. »Diese moralischen Bedenken machen einen schwach«, sagte er, seine Augen blitzten. Martha Zauner warf ihrem Sohn einen mahnenden Blick zu, blieb aber stumm.

      »Um sein Ziel zu erreichen, muss man eben manchmal über Grenzen hinaus gehen.«

      »Gerber ist ein größenwahnsinniger Spinner!«, polterte sein Vater. Seine tiefe Stimme erfüllte den Raum mit enormer Resonanz. »Seine Feste sind voll von Drogen, Prostitution...illegale Geschäfte werden dort beschlossen. Du wirst nicht dorthin gehen!«

      Stefan brach in schallendes Gelächter aus.

      »Du verbietest es mir?!«

      »Du hast keine Einladung«, sagte sein Vater. Stefan schnaubte. Seine

Скачать книгу