Der asiatische Archipel. Ludwig Witzani

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Der asiatische Archipel - Ludwig Witzani

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abzulenken. Nach dem Mittagessen legt er sich zum Mittagsschlaf nieder, ohne allerdings schlafen zu können. Ab vier Uhr beginnt die Besucherzeit, ehe am frühen Abend das Briefeschreiben an der Reihe ist. Um halb acht zieht sich Dauthendey zum Abendessen um, das um acht Uhr gereicht wird. Spätestens um zehn geht er zu Bett.

      Aber diese Selbstdisziplinierung funktioniert immer nur eine begrenzte Zeit, dann bricht sich sein Schmerz Bahn. Immer eruptiver, immer unliterarischer lässt er seine Frau brieflich an seinem Leiden teilhaben. Als Annie Dauthendey ihren Gatten ermahnt, sich zu fassen, antwortet er am 13.7.1915 mit Sentenzen, die an die Gefühle eines verlassenen Kindes erinnern: „Was bin ich denn überhaupt ohne dich? Es fehlt mir doch mein ganzer Lebensinhalt, wenn ich ohne dich hinleben muss. Ich bin dann schwächlich, zittrig, ärmlich, unklar und unsicher in meinen Gedanken und möchte mich scheintot auf ein Bett legen und erst wieder bei dir aufwachen.“ Dann noch direkter:“ Du redest mir in deinem Brief so zu, als wäre es eine göttliche Sünde, wenn ich schwach bin und vor Liebessehnsucht leide.“ Diese Schwäche benötigt eine Erklärung, und so fährt Dauthendey fort. “Der eine Mensch ist nur warm stark, der andere ist kalt stark. Jetzt ist es Mode, kalt stark zu sein, und darum kann mich heute kein Mensch verstehen, und meine Sehnsucht ist in dieser kalten Zeit beinahe eine Beleidigung der kalten Göttin Lebensernst.“ Es folgen unverblümte Beschreibungen seines seelischen und körperlichen Verfalls: “Ich bin mager und verhärmt. Wenn ich meine Hände wasche, ist mir, als fühlte ich die Finger eines Kindes in meiner Hand, so winzig und glattschlank sind die Hände geworden. (…) Nachts lehne ich im Dunkeln fast in jeder Stunde einige Zeit am Geländer meiner Veranda und gehe mit dem Auge um den indischen Sternenhimmel herum. Ich kann so wenig schlafen. Und nachmittags schlafe ich auch nicht mehr.“ Das Reiten habe er auch aufgegeben, „weil alles, was man allein tut, nicht schmeckt“

      Im nächsten Brief heißt es: „Ich gehe eines Tages an einem Herz- oder Hirnschlag hier zugrunde vor ewiger innerer Aufregung. Ich ertrage es keinen Winter mehr, glaube ich.“ Wenige Zeilen später: „Ich halte den Druck nicht mehr aus. Es ist zu lange Zeit. Ich bin nicht nur von dir, sondern auch von meinem Klima, meiner Sprache, von meiner Heimat, von allen Erinnerungen, die ein Dichter braucht, und auch von meinen Gräbern getrennt.“

      Im September 1915 erreicht die Klage ihren Höhepunkt: „Herz, ein Hund darf schreien, wenn es dunkel wird, siehst du, und ich, ich darf es nicht“, jammert Dauthendey „Meine Brust ist so gepresst vor Heimweh. Es ist jetzt abends halb zehn Uhr, und ich bin wie immer, wie jeden Abend, auf meiner Veranda so allein, so allein.(…) Annie, alle Glieder schmerzen mir in dieser Abendstunde vor Sehnsucht. Es ist ein richtiger Blutschmerz im ganzen Oberkörper. Ich fühle meine Brust so gespannt, als ob sie zerreißen wollte.“

      Es folgen Briefe, in denen er sich an seiner eigenen Treue berauscht „Ich will, dass du meine Treue zu dir auch im klaren Licht sehen sollst“, schreibt er seiner Frau am 28.2. 1916. Eigentlich aber sei es ja keine richtige Treue, weil Annie sein „Apfel“ sei, dem demgegenüber die kümmerlichen weiblichen „Kirschen“ vor Ort keinerlei Reiz ausübten. Im Dezember 1915 schildert er seiner Frau in allen Einzelheiten wie er den Avancen einer in ihn verliebten „Frau K.“ widersteht.

      Inzwischen scheiterten weiterhin alle Versuche, Java zu verlassen. Einmal befand sich Dauthendey bereits zehn Stunden an Bord eines Dampfers, der ihn nach Amerika bringen sollte, doch dann musste er doch wieder herunter, am 23.12.16 misslingt ein weiterer Versuch. Die Malaria-Anfälle nehmen zu, die Entkräftung schreitet fort, ebenso die seelische Verwüstung. Als im Frühjahr 1917 die USA in den Krieg eintreten und somit eine Flucht über den Pazifik unmöglich wird, erreicht seine Stimmung einen neuen Tiefpunkt. „Ich habe ein Brett vor der Brust, ein Brett im Magen, ein Brett im Kopf vor Einsamkeit, vor Qual, vor Sehnsucht.“ Auch seine intellektuelle Urteilsfähigkeit wankt. Er gibt sich ganz dem Jammern hin und verliert den kritischen Blick für das, was er schreibt. Er verfasst in einer Art „Schaffensrausch“ „Das Lied vom inneren Auge“ und urteilt: „Es ist glaube ich, das größte Lied, das seit langer Zeit für die Menschheit geschrieben wurde (8.4.17).

      Mittlerweile ist sein körperlicher Zustand besorgniserregend. An seine Frau schreibt er am 8.4. 1917: „Der Arzt sagte mir, bei jeder leichten Erkältung und jeder Überanstrengung, bei jeder seelischen Aufregung bricht die Malaria aus, wenn sie einmal einen Bazillenherd im Körper gebildet hat. Die Herde sind Entzündungen der Milz, die sich dann durchs Blut fortpflanzen und Fieber erzeugen.“ Fast mit einem letzten Schuss Galgenhumor fügt er hinzu. „Aber mach dir keine Sorge, es ist ganz gleich, ich leide nicht mehr, ob ich krank bin oder gesund bin, ich leide immer gleichmäßig an Heimweh. Das ist ein viel stärkeres Leid als die stärkste Malaria.“

      Liest man diesen Briefwechsel nicht ohne Bewegung, wundert man sich, dass es nicht schon früher geschah, aber dann ist es soweit. Am 30.6.1917 überkommt den Freigeist Max Dauthendey im Zenit seiner Heimwehagonie ein persönliches Gotteserlebnis. „Es ist ein großes Wunder geschehen“ notiert er am 30.6.1917. „Ich habe erkannt, dass es einen persönlichen Gott gibt. Die Erkenntnis kam mir, nachdem ich in den letzten Tagen öfter die Psalmen gelesen. Heute las ich den fünfzigsten und den sechzigsten Psalm in meiner Bibel. Und auf einmal stand die Erkenntnis des persönlichen Gottes stark und greifbar vor mir. Wohl dreißig Jahre habe ich hin und her erwogen, nachgegrübelt, die Natur und mich selbst beobachtet und den persönlichen Gott erkennen wollen. Konnte ihn aber nicht glauben. Wie wunderbar überzeugt bin ich nun. In wenigen Wochen bin ich fünfzig Jahre alt. Dies ist mein schönstes Festgeschenk.“ Unwillkürlich fühlt man sich an Gotteserlebnisse wie bei Saulus oder Augustinus erinnert, doch dieser Vergleich zieht nicht. Denn das sogenannte Gotteserlebnis gibt Dauthendey keinerlei Kraft, es ist eine hysterische Einbildung ohne Substanz. Sein körperlicher Verfall schreitet fort, so dass er noch nicht einmal die Kraft besitzt, an seiner eigenen Geburtstagsfeier teilzunehmen.

      Im August 1918 wird der Gelenkrheumatismus so schlimm, dass Dauthendey vor Schmerzen schreit. Die Tropen und das seelische Darben haben seine Knochen morsch gemacht. Die Malaria hat seinen Körper vergiftet. Ein Öffnen der Gallenblase bringt keine Linderung. Am 29.8 1918, zwei Monate vor dem Ende des Weltkrieges stirbt Max Dauthendey. Seine Frau Annie Dauthendey sollte ihn um 28 Jahre überleben. Sie fand ihren Tod im Dresdener Feuersturm im Februar 1945.

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