Julia. Gunter Preuß

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Julia - Gunter Preuß

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geblieben. »Aber ich mag ihn«, entgegnete sie trotzig. »Er ist mein schönster Pullover.«

      Julia hatte sich das Gespräch mit den Eltern ganz anders vorgestellt. Nicht so überstürzt. Sie merkte es Vater doch an: Er war gar nicht in der Stimmung, um über ihre Probleme zu reden.

      »Mädchen, muss man bei dir in letzter Zeit um jedes Wort betteln!«, fuhr der Vater hoch. »Nun mach doch den Mund auf, Tochter!«

      Julia war durch diesen heftigen Ton beleidigt. So sprach der Vater sehr selten zu ihr. Sie wollte gehen. Die Mutter hielt sie am Arm fest. »Du bleibst«, sagte sie. »Bist doch aus dem Trotzalter heraus. Setz dich bitte.«

      Julia setzte sich in den anderen Sessel Nach einer Weile, in der nur Vaters Räuspern und das Ticken der Uhr zu hören waren, begann sie endlich zu erzählen.

      Als sie geendet hatte, ging Julias Vater zu der selbstgebastelten fahrbaren Hausbar, nahm eine Flasche Korn und ein Glas heraus.

      Er setzte sich wieder und sagte: »Na, auf den Schreck muss ich mir einen genehmigen. Rohnke soll weg von euch? So plötzlich? Schließlich ist das achte Schuljahr ein entscheidendes Jahr. Ich werde ... «

      »Hat es geklingelt?«, fragte Julias Mutter.

      Julia hatte nichts gehört.

      Sie sah an der Wohnungstür nach. Frau Saube stand davor. Sie fragte: »Sind deine Eltern jetzt zu Hause, Julia?«

      »Wer ist es denn?« rief der Vater ungeduldig.

      Julia führte Frau Saube in die Stube. Der Vater bot Frau Saube einen Stuhl an. Julia war wütend über die Störung. Sie hatte nun nicht erfahren, was der Vater unternehmen wollte.

      »Trinken Sie ein Gläschen mit, Frau Saube?« erkundigte sich der Vater.

      Frau Saube wehrte ab. Ihr dickes, runzliges Gesicht sah sehr rot aus. Sie hielt den Bogen Papier in den Händen, als wäre er sehr heiß.

      »Was haben Sie denn da?«, fragte die Mutter. »Wollen Sie eine Spende?«

      »Nein, nein. Es ist … Es geht um die Brauerei.«

      Frau Saube stand auf, lief zum Fenster, deutete auf die zwei Schornsteine der Brauerei. »Sie verstänkern die ganze Gegend. Alle Leute aus unserem Wohnviertel schimpfen. Man kann ja überhaupt kein Fenster öffnen. Eine Zeitlang sieht man sich das ja mit an. Aber das ist doch kein Dauerzustand. Wir sind ja ohnehin nicht mit frischer Waldluft gesegnet ... «

      Julias Mutter sah zu ihrem Mann. Sie sagte zögernd: »Ja, und ...? Uns gefällt dieser Zustand auch nicht. Aber mein Mann kann da auch nichts ändern. Er ist nicht die Betriebsleitung.«

      »Unsinn!«, sagte Julias Vater. Er schenkte sich erneut ein. »Betriebsleitung oder nicht, das ist hier völlig egal. Wir brauchen ein neues Kesselhaus. Das ist alles fix und fertig projektiert. Jetzt fehlt uns noch die Baugenehmigung und das Geld. Der Zustand ist doch nicht von Dauer. In einem Jahr kann das schon ganz anders aussehen. Mit der Ölheizung und den neuen Filtern ist das eine ganz andere Sache. Aber sollen wir bis dahin die Produktion einstellen?«

      Frau Saubes Stimme klang jetzt angriffslustig. »Wir können doch nicht Tag für Tag und Nacht für Nacht den Schmutz einatmen.«

      »Himmelkreuzdonnerwetter! Es lässt sich eben nicht alles sofort regeln! Soweit sind wir nun mal noch nicht! Haben Sie denn einen Vorschlag, wie das Problem zu lösen ist?«

      »Das ist wohl mehr Ihre Angelegenheit«, sagte Frau Saube kühl. »Ich habe mit meiner Arbeit, dem Haushalt und den Enkelkindern wirklich genug Sorgen.«

      Julia hatte gehen wollen. Aber das Gespräch war interessant geworden. Sie hätte jetzt auch nicht zu entscheiden gewusst, wem sie recht geben könnte. In der Schule störte sie der Rauch auch. Oft mussten sie die Fenster geschlossen halten. Dann war es wieder unerträglich heiß und stickig in den Klassenzimmern.

      Frau Saube legte den Bogen Papier auf den Tisch. Sie sagte: »Wir, die Hausbewohner, haben eine Unterschriftenliste angefertigt, mit der wir eine umgehende Veränderung dieses unhaltbaren Zustandes fordern. Andere Häuser haben ähnliche Listen aufgestellt.«

      Sie hielt Julias Vater ihren Kugelschreiber hin. »Wenn Sie bitte unterschreiben wollen?«

      Der Vater saß, den Kopf in den Händen, über den Bogen Papier gebeugt. Er las den Wortlaut und die Unterschriften immer wieder durch.

      Er sagte: »Ich kann mich doch nicht gegen meinen Betrieb wenden. Ich kenne doch unsere Schwierigkeiten. Wie die Leute sich das vorstellen: baldigste Veränderung! Das ist auch unser Wunsch. Den meisten Dreck müssen wir doch schlucken, wir, die dort arbeiten.«

      Er schob den Bogen Papier Frau Saube zu und sagte entschieden: »Nein. Ich kann das nicht unterschreiben! Das hieße meinem Betrieb eine unverdiente Ohrfeige geben!«

      »Es ist natürlich leichter, uns, den Hausbewohnern, diese Ohrfeige zu geben!«, sagte Frau Saube. »Das hier ist doch nun wahrhaftig nicht zu viel verlangt - eine Forderung um schnelle Veränderung dieses Zustandes zu unterschreiben!«

      »Sie müssen den Wortlaut schon vollständig nennen«, berichtigte Julias Vater Frau Saube. »Eine Forderung und danach gleich eine Drohung: ... denn ansonsten sehen wir uns gezwungen, bei zuständiger Stelle Beschwerde einzuleiten! Beschweren Sie sich doch! Der Staat wird nun mal nicht vom lieben Gott regiert, sondern von Menschen, die das Menschenmögliche tun können - aber nicht mehr!«

      Frau Saube war aufgestanden. Sie war noch röter im Gesicht, noch zittriger waren ihre Hände. Hastig griff sie nach der Unterschriftenliste und sagte: »Julia, bring mich bitte hinaus.«

      »Einen Moment noch, Frau Saube!«

      Julias Mutter nahm ihr den Bogen Papier aus den Händen. Sie las das Geschriebene, sah dann ihren Mann an und sagte: »Du, Horst, ich weiß doch, dass dich der Rauch genauso stört wie alle anderen auch. Das kannst du doch unterschreiben. Vielleicht lässt sich dadurch manches schneller regeln.«

      »Als ob wir nicht schon alles versucht hätten! Unterschreib du doch, wenn du es für richtig hälst!«

      Julia war überrascht. Die Mutter unterschrieb tatsächlich. Was war nur in sie gefahren? Sie fiel doch damit Vater in den Rücken!

      Julia brachte Frau Saube nach draußen. Dann saßen Julia und ihre Mutter in den Sesseln. Der Vater hockte auf der Liege, rauchte und trank.

      Julia aß vor Aufregung die von Vater mitgebrachten Pralinen.

      Sie konnte das Schweigen kaum ertragen. Draußen war es dunkel geworden. Regen schlug an die Fensterscheiben. Ein Auto hupte.

      Endlich sagte der Vater: »Und ich dachte, wir machen uns einen gemütlichen Abend. Und was ist? Nichts als Theater. Ein verdammtes Trauerspiel. Die eigene Frau bohrt mir die Klinge in den Rücken!«

      So ernst es ihr war; aber Julia musste doch lachen. Der Alkohol ließ Vater wie auf einer Theaterbühne sprechen.

      Die Mutter setzte sich zu ihrem Mann. Sie sagte: »So darfst du das nicht sehen, Horst. Du trinkst jetzt nichts mehr. Wir sprechen morgen darüber.«

      Julia dachte: Und was ist mit mir? Sie stand mit ihrem Problem nach wie vor allein. Das war aber auch ein verflixter Tag heute!

      Die

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