Julia. Gunter Preuß

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Julia - Gunter Preuß

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aber!«

      »Was faselst du denn da?«, wollte Ellen wissen. Sie legte Julia ihre kühle Hand auf die Stirn. »Fühlst du dich nicht gut? Du bist doch nicht etwa krank, Juli?«

      Julia riss sich aus ihrem Selbstgespräch. »Es ist nichts, Ellen. Lass nur, ich bin ganz in Ordnung.«

      Julia bekam nichts mit von Rohnkes Unterricht. Auch über die folgenden Stunden bei Frau Täuscher hätte sie kaum etwas zu sagen gewusst. Eine unerklärliche Unruhe hatte sie erfasst. Sie lag mit sich selbst im Streit.

      Sie atmete tief auf, als der Unterricht beendet war, sie Ellen und ihre Geschwätzigkeit abschütteln und eilig das Schulgebäude verlassen konnte.

      4.

      Julia ging durch den Heuweg. Anfangs schaute sie sich oft um, ob ihr auch niemand folgen würde. Im Schulhaus war ihr Liebscher hinterhergerannt, aber sie war durch die Hausmeisterwerkstatt in die Gartenkolonie entschlüpft. Sie wollte jetzt keine endlosen Diskussionen.

      Ja, was wollte sie eigentlich?

      Julia zog sich an einem Zaun hoch, pflückte einen Apfel. Sie hatte vergessen, sich umzusehen, ob »die Luft rein war«. Aber die Kleingärtner kamen meist erst abends und zu den Wochenenden in ihr Zehnquadratmeterparadies, das sie mit hohen Zäunen und dichten Hecken gegen die Außenwelt abzusperren versuchten.

      Julia störten diese Zäune nicht, im Gegenteil, sie forderten auf zum Drübersteigen. Manchmal kam ihr der Appetit auf einen Apfel nur, wenn er schwer zu erreichen war.

      Vom grauen Himmel senkte sich ein heißer Dunstschleier auf die Gärten. Das Bunt der Blumen flimmerte vor Julias Augen. Es roch nach Rosen, nach trockener Erde und Ruß.

      Julia lief auf eine Wiese, die mitten in den Gärten zum Niederlegen einlud.

      Sie warf ihre Tasche an den Stamm eines Baumes und sah müde zu dem verlassenen Klettergerüst und den Sandkästen. Auch in dem barackenförmigen Flachbau der Gartenkantine war niemand zu sehen.

      Julia wollte allein sein - aber sie hätte jetzt auch gern mit jemandem gesprochen. Mit jemandem, der nicht gleich selber losplapperte, sondern zuhören würde.

      Sie legte sich, den Kopf auf ihre Tasche gebettet, die Beine ins warme Gras gestreckt. Sie schloss die Augen und befahl sich: »Du bist ganz ruhig. Du bist ganz ruhig.« Herr Rohnke hatte diese Methode der Klasse beigebracht. Sie hieß Autogenes Training und sollte ihnen die Angst und die Aufregung vor Prüfungen nehmen.

      Herr Rohnke! Immer wieder: Herr Rohnke!

      Unruhig setzte sie sich auf. Dieser erste Schultag war unerträglich. Die ganze Stimmung war ihr verdorben. Am liebsten hätte sie den Tag mit einem Radiergummi ausgelöscht.

      Julia hörte Stimmen. Sie sah Pit und seinen kleinen Bruder Olaf auf die Wiese treten. Sie stritten, setzten sich in den Sandkasten und ließen den Sand durch ihre Hände rinnen.

      Julia hatte rufen wollen: Hallo, Pit! Aber sie schwieg, versteckte sich hinter dem breiten Stamm des Baumes.

      »Aber du musst ihm gehorchen!«, hörte sie Pit eindringlich sagen. »Er ist jetzt dein Vater ... «

      »Ach - und deiner wohl nicht?« Olafs Stimme klang trotzig. »Du sprichst ja auch nicht mit ihm. Und für die Ohrfeige soll ich wohl noch danke schön sagen, was?«

      Es war eine Weile nichts zu hören. Nur die Hitze knisterte in den Gräsern. Julia wischte sich den Schweiß von der Stirn. Was war denn da passiert?

      Leise sagte Pit: »Schlagen - schlagen darf er dich nie wieder - sonst, sonst ... «

      Olaf weinte. Er stieß mit tränenerstickter Stimme hervor: »Was die nur an ihm findet, die ...!«

      Pits Stimme klang böse. »Spricht nicht so, hörst du! Die - ist deine Mutter. Sie tut alles für uns.«

      »Nichts tut sie! Nichts! Nichts!« schrie Olaf. Julia hörte ihn mit irgendetwas auf die Sitzplanke des Sandkastens schlagen. »Sie gehört zu uns und nicht zu ihm!«

      Die Stille lag heiß und schwer auf Julia. Sie hätte sich am liebsten die Sachen vom Leib gerissen und wäre in eiskaltes Wasser gesprungen, um dieses beängstigende Gefühl des Bedrücktseins abzuschütteln. Sie verstand nicht, was Pit und Olaf so aufregte. Hing es etwa mit dem Vater zusammen, warum Pit so verschlossen, so eigenartig, so allein war?

      Julia wollte nichts mehr hören. Sie wollte weg hier. Unter Menschen. Die Stadt hören, Autos, Straßenbahnen, Stimmen.

      Sie nahm ihre Tasche und ging vorsichtig rückwärts, vom Baum verdeckt, von der Wiese. Als sie hinter der Kantine war, rannte sie, bis sie die Straße erreichte.

      Der Lärm beruhigte sie und lenkte sie ab. Sie fand in ihrer Rocktasche noch zwei Markstücke, kaufte sich dafür Eis und schlang es hinunter.

      An der Kreuzung lehnte sie sich auf das Geländer unter der Ampel. Sie hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen. Zu Hause würde sie auch nur allein sein. Sie könnte an den Auensee baden fahren. Aber dort würde sie Liebscher und den größten Teil der Klasse treffen. Liebscher würde eine Antwort haben wollen. Er würde verlangen, dass sie zurücknehmen sollte, was sie über Herrn Rohnke gesagt hatte.

      Julia beobachtete die Menschen, die beim Grün der Ampel über die Straße hasteten. Bei Rot trippelten sie aufgeregt wartend. Die Ampel konnte sie anhalten und in Bewegung versetzen, ganz wie sie es wollte.

      War nicht Herr Rohnke die Ampel der 8b? Bestimmte er nicht, wann angehalten und wann losgegangen wurde?

      Ein Auto bremste kreischend. Fast wäre es bei Rot über die Kreuzung gefahren. Die Fußgänger sprangen erschrocken zurück. Sie schimpften auf den Fahrer.

      Julia schlenderte nach Hause, erschöpft von diesem ersten Schultag. Schon auf der Treppe hörte sie: Die Eltern waren zu Hause.

      Die Badezimmertür knallte ein paarmal ins Schloss. Gab es etwa Ehekrieg? Gleich am ersten Arbeitstag?

      Julia versuchte, ungesehen in ihr Zimmer zu huschen. Aber da hörte sie Vaters Stimme, kratzig, wie immer, wenn etwas nicht in Ordnung war. »Komm doch mal, Tochter! Kannst dir ganz für umsonst das Theater mit anhören!«

      Julia warf ärgerlich ihre Tasche aufs Bett. Sie mochte nicht, dass die Eltern sich stritten und sie den Schiedsrichter spielen sollte. Sie ging in die Stube, ließ sich in den Drehsessel fallen, brummte »Tag auch« und begann, sich mit dem Sessel nach links und nach rechts zu drehen.

      »Sitz ruhig«, sagte der Vater. »Du drehst noch mal den Sessel durch die Dielen.«

      Er saß groß und schwer auf der Liege. Die muskulösen Arme hatte er auf den Couchtisch gestützt. Die Zigarette in seinen Händen zitterte. Er hatte seinen geliebten abgetragenen Manchesteranzug an, war wie immer schlecht rasiert, und in seinem grimmig-lustigen Gesicht flackerten unruhig die hellen Augen. Das Haar hatte er sich selbst zentimeterkurz geschnitten.

      »Du rauchst zu viel!«, bemerkte Julia angriffslustig. »Deine Hände zittern.«

      Julia drehte weiter ihren Sessel. Der Vater sah auf seine Hände. Er versuchte sie ruhig zu halten.

      Die

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