24 literarische Leckereien. Alegra Cassano

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24 literarische Leckereien - Alegra Cassano

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war ihre Leidenschaft.

      Eines Tages goss die sparsame Adele die Reste zweier Reiniger zusammen, was eine verheerende Wirkung hatte. Das Fenster im Bad war geschlossen und die Reinigerdämpfe füllten schnell den ganzen Raum. Adele wurde es schwindelig, sie stürzte unglücklich und verstarb auf den frisch gewischten Bodenfliesen, auf denen sich ihr Blut sehr unschön verteilte.

      Thomas und Christina, die beiden halbwüchsigen Kinder Adeles, kamen am Nachmittag nach Hause. Sie wunderten sich zwar, dass die Mutter ihnen nicht öffnete, so wie immer, aber da sie Haustürschlüssel besaßen, ließen sie sich einfach selbst herein. Die Teenager waren sehr hungrig und eigentlich an prompte Bedienung gewöhnt. Da von Mutter Adele aber nichts zu sehen war, bedienten sie sich ausnahmsweise selbst. Der Eintopf hatte genau die richtige Temperatur und die Kinder ließen es sich schmecken.

      Am späten Nachmittag kam Vater Holger müde von der Arbeit nach Hause. Wie immer, hängte er seine Jacke an die Garderobe und rief nach seiner Frau. Als er die Tür des Bades öffnete, gewahrte er das Grauen, war aber so verstört, dass er die Tür einfach zuwarf, den Druck seiner Blase ignorierte und wie ferngesteuert in die Küche lief. Dort sah er das Chaos, dass die Kinder hinterlassen und dass niemand beseitigt hatte. Für ihn war der Tisch auch nicht gedeckt worden und so musste er selbst einen Teller holen und sich bedienen. Während er den, wie immer köstlichen Eintopf in sich hinein schaufelte, wurde ihm bewusst, was er gerade im Bad gesehen hatte.

      Nach dem Essen schlich er sich deshalb zurück zum Ort des Geschehens, um sich zu vergewissern, dass seine Augen ihn nicht getrogen hatten. Da lag Adele in ihrem Blut und gab keinerlei Lebenszeichen von sich. Holger wusste nicht, was er tun sollte. Verstört lief er in das obere Stockwerk, wo die Kinder in ihren Zimmern lärmten, als wollten sie sich gegenseitig an Lautstärke übertreffen. Er wollte ihnen erklären, was mit ihrer Mutter geschehen war, fand aber nicht die richtigen Worte.

      „Kinder, ich muss euch eine traurige Mitteilung machen“, begann er, als er die Aufmerksamkeit seiner Sprösslinge auf sich gezogen hatte. Vier Augen starrten ihn an. Holger begann zu schwitzen. Wie konnte er den Kindern so eine grauenvolle Nachricht überbringen? Er brachte es nicht über sich.

      „Wir können das untere Bad eine Weile nicht benutzen“, fuhr er leise fort. Die Kinder quittierten das mit einem Achselzucken und drehten die Lautstärke ihrer Anlagen wieder auf.

      Holger begab sich kraftlos nach unten und rief die erste Person an, die ihm einfiel, Adeles Schwester Hildegard. Diese kam sofort, besah sich das Unglück und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, dann holte sie rasch Eimer und Lappen und fing an, die Blutlache aufzuwischen. Adele hätte nicht gewollt, dass sie jemand so sah.

      Nach Adeles Tod veränderte sich einiges. Der trauernde Wittwer betrank sich allabendlich und die Kinder zogen sich zurück. Doch eines Abends geschah etwas Seltsames.

      Holger war so betrunken, dass ihm das letzte Weinglas aus der Hand fiel und der rote Inhalt sich auf den weißen Teppich ergoss. Als der Mann von seinem Schlaf erwachte, fand er wohl noch das Glas, das unbeschädigt war, jedoch war kein Fleck zu sehen. Verwundert tastete er den Teppich ab, aber dort fühlte er nichts Ungewöhnliches. Schulterzuckend taumelte er ins Bad. Vielleicht war das Glas ja leer gewesen, oder er hatte Weißwein getrunken.

      Am ersten Tag, nachdem die Kinder wieder zur Schule gegangen waren, stand ein Topf mit Suppe auf dem Herd, als sie zurück kamen. Die beiden wunderten sich, aßen aber mit großem Appetit. Vielleicht hatte ihr Vater ja gekocht, oder eine Nachbarin hatte das Essen vorbei gebracht.

      Die ungewöhnlichen Ereignisse häuften sich!

      Das Bad putzte sich von selbst, Schmutzwäsche war plötzlich sauber und gebügelt, die Betten machten sich jeden Morgen wie durch Zauberhand, Blumen, die niemand goss, gediehen. Holger und die Kinder staunten über diese mysteriösen Vorgänge. Nichts geschah, während sie im Haus waren. Aber wenn sie von Außerhalb zurückkehrten, waren die Wunder vollbracht. Es schien, als wäre Adele zurückgekehrt, um sich weiterhin um ihre Lieben zu kümmern.

      Holger war gerührt und freute sich zugleich. Die Kinder fanden es einfach praktisch, dass sie selbst kaum einen Finger rühren mussten.

      Eines Tages kam Holger früher von der Arbeit nach Hause, weil er sich nicht gut fühlte. Als er die Tür aufschloss, hörte er ein Klappern, das aus der Küche kam. Mit angehaltenem Atem schlich er in diese Richtung. Vielleicht würde er Adele nun sehen!

      Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich zur Küchentür schlich. Doch die Enttäuschung war groß, als der Raum leer war. Jemand hatte hier Vorbereitungen für ein Essen getroffen, das konnte er sehen, denn die Zutaten lagen, teilweise schon geschnitten, da. Offenbar hatte er den Geist seiner Frau vertrieben. Seufzend wandte Holger sich ab und sah aus dem Augenwinkel, wie jemand zur Haustür huschte. Schnell lief er dorthin.

      Hildegards erschrecktes Gesicht starrte ihm entgegen und mit einem Schlag wurde ihm klar, wer sich die ganze Zeit um alles gekümmert hatte.

      „Es tut mir leid“, flüsterte Hilde und sah ihn schmerzerfüllt an.

      Holger schüttelte den Kopf: „Was denn?“

      „Du hast so sehr daran geglaubt, dass sie es war. Ich wollte dich nicht verletzen, indem ich dir die Wahrheit sage.“

      Er nahm ihre Hand und betrachtete sie schweigend. Dann lächelte er: „Danke für alles, Hilde.“

      Markus

      „Ach, Schatz, nun stell dich doch nicht so an. Es wird bestimmt lustig.“

      Seine Mutter hatte gut reden. Sie musste ja auch nicht dorthin, sondern er.

      „Du bist doch ein großer Junge, oder willst du, dass ich mit komme?“, fragte sie nach und er spürte ihre Unsicherheit. Am liebsten hätte er gesagt: „Ja! Komm mit!“, aber dann würden die anderen erst recht über ihn lachen.

      „Die Jenny ist bestimmt auch da, und die Cora“, sagte seine Mutter und zupfte sein weißes Hemd zu recht. Er hatte sich schick machen müssen. Schließlich war das ja eine Weihnachtsfeier.

      „Den Pastor kennst du doch auch“, plapperte sie weiter. Das war nicht das Problem. Er kannte fast alle, die dort auf der Feier sein würden und die kannten ihn.

      Markus trug die Schüssel Salat, die er mitbringen sollte, zum Gemeindesaal. Er hatte ein flaues Gefühl im Magen, so ganz alleine. Als er hinein ging, rutschte er auf dem Schnee aus, der unter seinen Stiefeln auf den Boden schmolz. Er machte eine wilde Verrenkung, fing sich aber wieder und den Salat hatte er auch gerettet. Gelächter schallte ihm entgegen und er bekam einen roten Kopf.

      Vorsichtig ging er weiter und stellte seine Schüssel auf den Tisch, auf dem schon viele andere Speisen standen. Noch bevor er seine Jacke ausgezogen hatte, hörte er spöttische Stimmen.

      „Na? Hat Mutti dich heute fein gemacht?“

      Er sah an sich hinunter. Seine dunkelblaue Cordhose war ganz neu und schön warm. Das weiße Hemd sah so aus, wie das seines Vaters und er war mächtig stolz darauf, genau wie auf die blaue Fliege, die seine Mutter ihm umgebunden hatte.

      „Ja“, sagte er unsicher, weil er nicht wusste, was falsch daran war, wie er herum lief.

      „Da ist ja unser Spasti“, hörte er jemand anderen

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