Anna Q und das Erbe der Elfe. Norbert Wibben
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Im Anschluss an das Essen führt Innocent alle in den Clubraum des Schachteams. Er ist sehr großzügig ausgestattet und in großen Vitrinen sind die gewonnenen Pokale ausgestellt. Hier warten die Spieler, gegen die sie antreten werden. Abschätzende Blicke fliegen hin und her, bevor sich die gegnerischen Jungen und Mädchen begrüßen. Anna sind vom letzten Vergleich die meisten bekannt, doch ihr damaliger Kontrahent Ciaran befindet sich nicht unter ihnen. Ihren suchenden Blick hat Britta offenbar bemerkt.
»Mein Cousin nimmt diesmal nicht teil, er liegt mit einer schweren Erkältung auf der Krankenstation.«
»Das tut mir ehrlich leid. Ich hätte mich gerne erneut mit ihm gemessen.« Brittas Blick ist nicht zu interpretieren. Sollte Anna das ernst meinen, vielleicht, weil sie einmal gegen ihn gewonnen und verloren hat? Dadurch könnte sich das Unentschieden in den Sieg einer Seite ändern. Die Vertrauensschülerin weiß nicht, dass dessen Sieg lediglich durch die Anwendung psychischer Tricks gewonnen worden war. Doch dafür hatte sich Ciaran nachträglich entschuldigt. Anna wäre gern erneut gegen den Jungen angetreten, der eigentlich gut spielt.
In der Nacht träumt Anna erneut die Sequenz, in der sie als weiße Dame in einem Match agiert. Sie wird durch einen vorwärtsziehenden Springer bedroht. Soll sie den gegnerischen Stein durch ihren seitlich von ihm stehenden Bauern schlagen? Sie könnte mit ihm den gefährlichen Kontrahenten wegfegen oder wäre es besser, dem Angriff auszuweichen? Manchmal ist ein Gegenangriff die beste Verteidigung. Wenn sie beides miteinander verbinden kann, wäre das eine verlockende Möglichkeit. Ihr Blick schweift über das Spielfeld. Genau, ist das die Lösung? Sie könnte mit großen Schritten mitten in die gegnerische Verteidigung eindringen und dort sowohl einen Turm als auch den danebenstehenden Springer bedrohen. Der Läufer, der sonst den von ihr anvisierten Bauern schützt, wurde vor zwei Zügen weiter aufs Spielfeld gezogen, wo er scheinbar verloren auf ein Opfer lauert. Sein scharfer Blick jagt Anna einen Schauer über den Rücken. »Irgendetwas stimmt mit diesem Spielstein nicht«, schießt ihr warnend durch den Kopf. Aus einem plötzlichen Entschluss heraus scheucht sie alle Bedenken fort und läuft los. Während sie dem schwarzen Bauern näherkommt, wächst dieser zu riesigen Ausmaßen an. Die Figur erinnert sie an … Bre-epil. Hat sie gerade einen verhängnisvollen Fehler begangen? Und wieso denkt sie an diesen Bergtroll, der ihr und Ainoa im Herbst im Nebelwald gefährlich wurde? Sollte dies eine hellgesehene Sequenz sein? »Halt!«, befiehlt sie und erwartet, dass die Bilderfolge stehen bleibt. Doch gerade in dem Moment, als sie diesen Befehl denkt, änderte sich das Bild. Ihr Blick ruht auf einem bläulichen Ei, in dessen Schale sich ein Loch gebildet hat. Ist es möglich, dass eine mit Krallen bewehrte Hand versucht, die Öffnung zu erweitern? Warum ändert sich nichts? Das wirkt wie eingefroren! Anna weiß die Erklärung im nächsten Moment, sie hat die Sequenz angehalten. »Weiter!« Sofort drängt sich die Krallenhand durch die Öffnung. Ein großes Stück Schale bricht ab und gibt den Blick ins Innere frei. Etwas bewegt sich dort, drängt offenbar hinaus. Dann ist ein ovales Auge zu erkennen, das forschend und offensichtlich vorsichtig in die neue Umgebung blinzelt. Das Mädchen wälzt sich auf seinem Lager und stöhnt leise. Schlüpft dort gleich ein Eisdrache? Das silberne Äußere, das aber auch ein helles Saphirblau sein könnte, scheint darauf hinzudeuten. Doch bevor Anna mehr erkennen kann, wacht sie schweißgebadet auf. Völlige Dunkelheit umgibt sie.
»Wo bin ich? Was hat der Traum zu bedeuten?« Im ersten Moment ist sie versucht, eine Lichtkugel aufzurufen, aber womöglich zeigt sie sich damit einem gefährlichen Gegner. Sie zögert und bemerkt leise Schlafgeräusche. Sollte sie mit Ainoa in einem neuen Abenteuer stecken? Plötzlich kennt sie die Erklärung. Sie schläft zusammen mit Caitlin in einem Besucherzimmer im Internat der Universitätsstadt. Sie bestreiten morgen den ersten Tag des Wettkampfes! Sie atmet erleichtert auf. Eine direkte Gefahr besteht nicht!
Das Bild mit dem Ei, aus dem neues Leben in eine unbekannte Welt drängt, hat sie bereits öfter gesehen, seit sie zum ersten Mal den Anhänger an ihrer Kette berührt hat. Automatisch greift auch jetzt eine Hand danach. Sie beruhigt sich, als sie die drei Zacken fühlt. Warum änderte sich die Schachsequenz in den Anblick eines schlüpfenden Wesens? Sie hatte erwartet, als Dame einen Blick zurück auf Turm, Springer und die anderen Steine zu werfen. So war das beim letzten Mal, als sie diese Bilder träumte. Das wölfische Grinsen auf dem Antlitz des gegnerischen Läufers fehlt ihr, genauso wie die Verwandlung des Königs Gesicht in das von Iain Raven, dessen Mund sich zu einem großen »O« öffnet.
Ein Rätsel
Anna atmet bewusst langsam und beruhigt sich dadurch allmählich. Seit dem ersten Aufblitzen der verschiedenen Bilder an ihrem Geburtstag hat sie mehrfach gegrübelt, was sie zu bedeuten haben. Mit Ainoa hat sie bisher nicht darüber gesprochen. Ob sie einen neuen Kontaktversuch unternehmen soll? Es muss früh am Morgen sein, weil die Sonne die Dunkelheit noch nicht vertrieben hat, doch vielleicht hat sie ja Glück und erreicht die Freundin.
»Ainoa, ich möchte mit dir sprechen.« Anna zuckt erschrocken zusammen, als sie völlig unerwartet die Stimme der Elfe in ihrem Kopf vernimmt, die sofort antwortet.
»Es ist offenbar nicht so früh am Tag, dass du nicht aufgestanden bist, Anna. Ich freue mich, von dir zu hören.«
»Ainoa! Die Annahme ist falsch. Ich liege noch im Bett. Ich hoffe, dir geht es gut. Können wir uns demnächst treffen? Ich möchte gerne deine Meinung hören. Ich sehe immer wieder verschiedene Bilder, die zumindest teilweise hellgesehen sind, für die ich keine Erklärung finde.«
»Das ist kein Problem. Besonders zum Jahreswechsel hatten wir größere Auseinandersetzungen mit den verschiedenen Cythraul …«
»Du meinst, mit Seid Greif?« Annas Einwurf irritiert die Elfe nicht.
»Mit ihm nicht so oft, wie mit seinen Helfern. Sie hielten sich hauptsächlich im Norden auf und versuchten, die ansässigen Bewohner von dort zu vertreiben. – Aber im Moment ist es bei uns überall außergewöhnlich ruhig. Soll ich jetzt gleich zu dir kommen?«
»So eilig ist es nicht. Ich bin mit unserem Schachteam in der Universitätsstadt. Wir bestreiten ab heute einen zweiten Vergleichswettkampf gegen das hiesige Team. – Wir sollten uns treffen, sobald wir zurück sind. Ich melde mich Sonntagabend, einverstanden?«
»Jo. Mach das. Ich werde sofort zu dir kommen. – Ich habe aber eine Frage. Weshalb hast du seit mehreren Wochen nichts von dir hören lassen? Ich habe immer wieder einen Kontakt herzustellen versucht, kam aber nicht zu dir durch. Katherin meint, du würdest irgendeinen Abwehrzauber nutzen oder von jemandem verpasst bekommen haben, obwohl ich das für weit hergeholt halte. Hat sie recht?«
»Ich soll was? Nein, von einem Abwehrzauber weiß ich nichts. – Du wolltest mich mehrfach kontaktieren und bekamst keine Verbindung?«
»Genau so ist es.«
»Ich habe gestern versucht, dich zu kontaktieren, jedoch ohne Erfolg. Ich verstehe das nicht. Katherin meinte doch, wir hätten eine besondere Verbindung zueinander, weil du meine damalige Schwäche mit Beatha und Renovo beseitigtest.«
»Das stimmt. Somit bleibt nur der Schluss übrig, ein magischer Spruch oder etwas anderes stört unsere Kontaktaufnahme.«
»Das ist äußerst seltsam.« Die Freundinnen schweigen, bis sich Ainoa nach längerer Zeit wieder meldet.
»Hörst du mich?«
»Jo!«
»Kannst