KOBAS. Jon Pan

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KOBAS - Jon Pan

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unten leben Mäuse und Ratten«, sagte der Mann, der sich sehr unsicher auf den Beinen fühlte.

      »Runter jetzt!« Kobas verlor bald die Geduld.

      Der Mann stieg die schmale Treppe hinunter, wozu er sich mit beiden Händen ständig irgendwo festhielt. Kobas folgte ihm dicht, nahm die Taschenlampe von der Frau entgegen und leuchtete damit den kleinen, niedrigen Keller aus. In einer Ecke stand eine Liege. Die Frau hatte die steile Treppe – die eher eine Leiter mit breiten Sprossen war – ebenfalls hinter sich gebracht, nahm die Taschenlampe wieder an sich.

      Kobas schubste den Mann zur Liege und fesselte ihm Hände und Füße. Die Frau kam mit einer Spritze.

      »Es ist besser, wenn du noch eine Runde schläfst«, bemerkte Kobas.

      »Nein, nicht, bitte nicht«, bettelte van Rooyen. Doch da drang die Nadel schon ein.

      Kapitel 2

      Die letzten Stunden waren für Kobas wie in einem Traum vergangen, nur kälter, unbeteiligter und mechanischer, als etwas, das irgendwie außerhalb seiner sonstigen Person lag. Ihm fehlte der Zugang zu den einzelnen Ereignissen, er schaffte es nicht, mit ihnen innerlich in Berührung zu kommen.

      Dieser traumartige Zustand hatte ganz plötzlich den anderen Film verdrängt. War das gut so? Gar absolut notwendig, um den Plan weiter durchführen zu können? Oder hatte er seine Person schon zum Teil verlassen, um Schritt für Schritt Jan van Rooyen zu werden?

      Soweit war er in seinen Plänen nie gegangen. Ja, es existierte eine Verbindung zwischen ihm und Jan van Rooyen, doch an die wollte, durfte er im Moment nicht denken. Sollte es aber nötig werden, mit der äußerlichen Erscheinung auch das innere Wesen zu wechseln – gut, dann gab es eben eine solche Gesetzmäßigkeit, der sich Kobas offenbar nicht entziehen konnte.

      Etwas wie Angst umkreiste ihn. Sein Blick suchte die Gestalt der Frau, die den Wagen steuerte. Sie hatten van Rooyen in dem Waldhaus allein und gefesselt auf dem Bett zurückgelassen.

      »Hast du ihm nicht zu viel von dem Zeugs gespritzt?«, brach er das Schweigen.

      »Vielleicht werden wir ihn später sowieso umbringen müssen«, sagte die Frau und schaute dabei unbeteiligt auf die Straße.

      Kobas gab ihr darauf keine Antwort.

      »Oder?«, wollte sie von ihm wissen.

      »Ich dachte, du magst ihn irgendwie«, sagte Kobas.

      »Und?«, fragte sie mit kaltem Blick. »Was hat das mit unserem Plan zu tun?«

      Der Wagen hielt vor dem Firmengebäude der Investment, Holding & Immobilien GmbH, kurz IHI genannt. Kobas stieg mit dem Aktenkoffer aus, während Frau Kahn den Wagen parkte. Ohne auf sie zu warten, betrat er das Gebäude mit der verspiegelten Fensterfront.

      Die beiden Damen in der Anmeldung begrüßten ihn freundlich. Außer heute morgen, als er von der Tiefgarage nach oben und durch die Empfangshalle gleich wieder auf die Straße hinausgegangen war, hatte er sich noch nie in diesem Haus aufgehalten. Und doch kannte er sich aus, denn Frau Kahn hatte ihm alles ganz genau aufgezeichnet. Diese Pläne steckten in seinem Kopf. Kein überflüssiger Schritt unterlief ihm. Und wie ihn die Angestellten alle begrüßten – mit so viel Höflichkeit, Respekt, ja, Ängstlichkeit. Hier war er im Reich Jan van Rooyens. Niemand bemerkte den falschen König. Aber es wartete noch einiges auf ihn. Doch er war nicht allein, er konnte auf eine wichtige Vertraute aus diesem Reich zählen.

      Wo blieb sie nur? Nein, kein Warten und Zögern. Das entsprach nicht dem Benehmen von Jan van Rooyen. Der Fahrstuhl spuckte ihn im achten Stock aus. Hier waren die Böden mit Teppichen ausgelegt, die Lichter nicht mehr so grell. Die Begrüßungen blieben dieselben.

      Kobas betrat van Rooyens Büro. Der Raum war groß, und durch eine lange Fensterfront fiel helles Tageslicht. Der aufgeräumte Schreibtisch wirkte keinesfalls einladend. Auch die Stühle sahen nicht aus, als würden sie besonders gerne benutzt. Zwischen diesen Wänden steckte der Zwang von Arbeit, die keine Freude machte. Alles blieb in der oberflächlichen Politur des Äußerlichen stecken. Glänzende Tischplatten, wie aus Fernsehreklamen, dazu Lampenschirme aus farblosem Stoff, wenige Chromteile, die schon eine Spur zu aufdringlich blinkten. Steif senkten sich die zurückgezogenen Vorhänge auf den Boden herab – Ton in Ton, weil es sich so gehörte.

      Lautlos schloss sich die Tür. Kobas stellte den Aktenkoffer ab. Ihm fiel ein Bild an der Wand auf, ein Ölgemälde. Es zeigte eine Windmühle, die gegen einen blau-weißen Himmel aufragte, umsäumt von einem Kornfeld in etwas schmutzigem Gelb.

      Sollte er sich nicht hinter den Schreibtisch setzen? Aber noch konnte er sich nicht dazu überwinden, zögerte. Jan van Rooyen war jeden Tag an diesem Schreibtisch gesessen. Der graue Telefonapparat stand da, stumm, spiegelte sich in der Tischplatte, zwar unscharf, aber deutlich zu erkennen.

      Es klopfte gegen die Tür, nicht laut, sondern zurückhaltend wie all die Begrüßungen, die ihm auf dem Weg nach hier dargebracht worden waren.

      »Ja«, sagte Kobas, und er wusste, dass van Rooyen niemals das Wort »herein» benutzte. Auch mit der Lautstärke durfte er zulegen, denn das war üblich und zudem wegen der isolierten Tür notwendig.

      Frau Kahn trat ein und schloss die Tür gleich wieder hinter sich zu.

      »Na, was sagst du dazu?«, fragte sie nicht ohne Stolz. »Jetzt bist du mitten drin, und niemand hat etwas bemerkt.«

      Kobas war klar, dass das noch nichts bedeutete. Gut, er war mitten drin, er hatte es geschafft, als Jan van Rooyen in van Rooyens Büro zu gelangen. Doch so richtig begegnet war er noch niemandem, von einem Gespräch ganz zu schweigen. Es stand ihm noch viel bevor.

      »Wo ist der Tresor?«, fragte er.

      »Was interessiert uns jetzt der Tresor«, sagte Frau Kahn. »Da ist ohnehin nie viel Geld drin. Vielmehr müssen wir heute schon mit den Transaktionen beginnen.«

      »Ja, Frau Kahn«, antwortete er.

      Sie schaute ihn an. »Du fühlst dich wohl schon ganz als Jan van Rooyen«, stellte sie fest.

      »Ich bitte Sie, mich nicht zu duzen, Frau Kahn«, trieb er das Spiel weiter.

      »Wie Sie wünschen, Herr van Rooyen«, stieg die Frau darauf ein.

      Er nahm den Aktenkoffer, schritt zum Schreibtisch, blickte nochmals zum Bild mit der Windmühle und setzte sich dann, den Aktenkoffer auf den Knien, in den ledernen Direktorensessel.

      Frau Kahn blieb bei der Tür stehen. Sie hatte sich das lange Haar nach hinten frisiert und im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. An einer Zierkette, die sie um den Hals trug, hing eine Lesebrille.

      »Was ist mit den anderen Angestellten aus dieser Etage?«, fragte Kobas.

      »Die beiden Sekretärinnen, die mir unterstehen, sind bei ihrer Arbeit«, sagte Frau Kahn. »Und da ist natürlich Herr Busch, der momentan noch in seinem Büro sitzt. Du weißt ja, was du mit ihm zu tun hast.«

      »Ja«, sagte Kobas, und sein Gesicht war nicht ohne Sorge.

      »Da wird nichts schieflaufen«, versicherte ihm Frau Kahn. »Du bist der einzige, der die Rolle von

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