Spannt die Pferde vor den Wagen!. Hermine Stampa-Rabe

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Spannt die Pferde vor den Wagen! - Hermine Stampa-Rabe страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Spannt die Pferde vor den Wagen! - Hermine Stampa-Rabe

Скачать книгу

schnell von innen auf", sagte er mir.

      Ich versuchte es, aber umsonst. Meine kleinen Finger waren nicht stark genug.

      „Ich kann nicht", sagte ich schon weinerlich, weil ich es jetzt mit der Angst zu tun bekam.

      Nach einer kurzen Pause sagte Vater: "Mini, du brauchst nicht zu weinen. Ich hole dich da gleich wieder heraus. Ich komme durch das Kammerfenster. Du musst noch etwas warten."

      „Ja", sagte ich ganz verängstigt.

      Und tatsächlich hörte ich Vater und Mutter draußen auf dem Hof mit etwas hantieren. Plötzlich erschien am Kammerfenster das obere Ende unserer großen Leiter. Kurz darauf erschien Vater dort oben.

      „Komm her zum Fenster.“

      Ich kletterte auf das Regal und ließ mich gern von ihm durch das Fenster nach draußen ziehen. Natürlich sollte ich den Schlüssel mitnehmen. Vorsichtig kletterte er mit mir die Leiter wieder zurück in den Hof, wo Mutter stand und dafür sorgte, dass diese nicht wegrutschen konnte.

      „Das darfst du aber nie wieder machen", bekam ich nun zu hören. Das versprach ich sofort.

      Wir hatten Glück, dass wir parterre wohnten. Gleich unter unserem Kammerfenster ging die Treppe hinunter zum Keller. Das hatte das Rettungsmanöver etwas erschwert.

      Meine Geschwister waren natürlich auch alle mit auf dem Hof und hatten interessiert zugeschaut. Weil nun alles so glücklich verlaufen war, schlug Vater vor, dass wir wieder an der Leiter turnen durften. Dazu hielten er und Mutter die Leiter von beiden Seiten fest. Das eine Ende stand auf dem Hof und das andere Ende zeigte steil in die Höhe.

      Altersmäßig nacheinander durften wir nun turnen. Rotraut fing als Älteste an. Dann kamen Hermann und Dankwart an die Reihe. Nun durfte ich anfangen. Ich sollte auf der einen Seite der Leiter nach oben klettern, oben auf die andere Seite steigen und wieder herunterkommen. Anschließend kamen meine jüngeren Geschwister Helmut und Friedemann an die Reihe. Bärbel war noch zu klein. Jeder turnte so hoch, wie er es wagte.

      Danach sollten wir uns zwischen den Sprossen hindurch winden, um auf die andere Seite zu gelangen und von dort wieder nach der nächsten Querstrebe hindurch auf die erste Seite und so fort bis zum obersten Ende. Dabei entwickelte ich einen großen Ehrgeiz. Meinen drei größeren Geschwistern wollte ich in nichts nachstehen.

      Nachher, als Vater wieder mit Mutter in die Wohnung gegangen war, lief ich zu unserer Schaukel. Sie stand hinten auf dem Hof. Mein Freund Rudi Münchow war in der Zwischenzeit zu uns gekommen. Er wohnte auch in der Blücherstraße, aber in dem Haus Nr. 7, in dem wir früher wohnten.

      Rudi war mein liebster Spielgefährte. Er kümmerte sich viel um mich, war er doch auch schon fünf Jahre älter als ich. Er hatte dunkle Locken auf dem Kopf. Wenn ich schaukeln wollte, schubste er mich unermüdlich gern und doll an. Wenn ich dann ängstlich rief:

      „Mini fällt, Mini fällt!", dann beruhigte er mich gleich wieder und nahm mich anschließend in seine Arme. Er versprach mir damals, dass er mich später heiraten wollte. Darauf war ich ganz stolz.

      Als wir nach dem Turnen alle zu ihm gehen wollten, stand ein großer Lastkraftwagen mit Anhänger vor dem Haus Nr. 7. Das reizte uns, dort hinaufzuklettern. Meine großen Geschwister waren mit Rudi zuerst oben. Auch ich schaffte es. Plötzlich kam aber der Fahrer aus dem Haus und befahl uns, sofort wieder von dem Wagen zu klettern. Das ging ihm nicht so schnell, wie er es gehofft hatte. Mein Bruder Hermann befand sich noch oben, als er den Wagen startete und fahren wollte. Sofort war ich vorne beim Führerhaus und rief ganz jämmerlich:

      „Du darfst nicht wegfahren. Mein Bruder Hermann ist noch oben!"

      Daraufhin wartete er, bis auch Hermann endlich unten war.

      Als ich später mal wieder von der Schaukel in die Wohnung gehen wollte, schaute ich neugierig rechts durch ein Fenster, das offen stand. In dem Raum dahinter stand eine Frau und wischte sich die Tränen ab.

      Ich fragte sie: „Warum weinst du denn?"

      Da zeigte sie mir die vielen Zwiebeln, die sie schon geschält und geschnitten hatte und die anderen, die sie noch schälen und schneiden sollte.

      „Dabei wirst du später, wenn du mal groß bist und Zubereiten des Essens Zwiebeln schälen musst, auch weinen", sagte sie zu mir.

      Und damit hatte sie auch vollkommen die Wahrheit gesprochen. Heute muss ich beim Schälen meiner Zwiebeln doch noch hin und wieder an sie denken.

      Vom Hof aus konnten wir in unseren Keller kommen. Hier waren ein paar Hühner untergebracht worden, die uns schöne frische Eier legten.

      Als Haustier besaßen wir in den ersten Jahren noch Mutters Lieblingstier: Schnippi, einen Kurzhaardackel. Weil wir aber so viele Geschwister geworden waren, mussten ihn meine Eltern zu einem älteren Ehepaar in gute Hände abgeben. Dort ist er leider später an der Zuckerkrankheit eingegangen, was meine Mutter und uns sehr traurig machte.

      Hin und wieder durfte ich vormittags auch allein zu meinem Vater in das Rathaus gehen. Er saß in einem großen Bürozimmer, in dem noch mehr Tische und Stühle vorhanden waren. Er freute sich immer, wenn ich dort bei ihm auftauchte. Dann brachte er mir viel Papier und Buntstifte und setzte mich an einen freien Tisch. Mit Begeisterung malte ich dort die Blätter voll. Einige Bögen davon mit dem Datum darauf besitze ich noch heute.

      Dort beschäftigte er mich so lange, bis er mittags oder abends nach Hause gehen konnte. War das schön!

      Und an einem Nachmittag ging Mutter nicht zu Oma und Opa Lu, sondern in das Schwimmbad in der Ihna. Es war draußen so herrlich warm, dass mir Mutter mein Lieblingskleidchen anzog. Es war ein gelbes Hängerchen mit Puffärmeln, einem weißen Krägelchen und vielen kleinen bunten Kullern auf dem gelben Stoff.

      Es muss Sonntag gewesen sein; denn Vater kam mit uns mit. Weil ich noch nicht schwimmen konnte, durfte ich nur dort in das Wasser gehen, wo es sehr flach war. Mutter passte sehr gut auf. Aber wie sehr staunte ich, als ich die großen Männer und Frauen so frei im Wasser schwimmen sah. Das wollte ich später auch unbedingt lernen, nahm ich mir vor.

      In diesem Sommer bekam ich Masern und musste das Bett hüten. Draußen schien die Sonne. In der Stube war es sehr warm. Mutter hatte die Gardinen vor die Fenster gezogen, weil mir die Helligkeit in den Augen schmerzte. Mutter stellte mir ein kleines Betttischchen über das Oberbett, stützte mit einem Kissen meinen Rücken ab und gab mir herrlich gezuckerte Erdbeeren. Danach legte sie mir Papier und Buntstifte hin. Bei dieser Beschäftigung vergaß ich alles um mich herum, bis ich müde wurde und zum Schlafen hingelegt wurde.

      Als ich wieder gesund war, gingen Vater und Mutter mit uns sonnabends und sonntags gern in unseren Garten. Dazu mussten wir wieder bis zum Eisturm, an ihm rechts unter den hohen Bäumen des Blücherplatzes quer zur Jungfernbrücke über die Ihna gehen. Anstatt links den Weidensteig zu nehmen, gingen wir geradeaus quer über den Bismarckplatz zur Wiekstraße. Hier hinten befand sich unser Grundstück, wo Vater später ein Haus für uns bauen wollte. Bis jetzt hatte er das Grundstück vorne mit Blumen und Gemüse und dahinter mit vielen Obstbäumen bepflanzt.

      Heute zeigte er uns die neue Gartenlaube, die er gebaut hatte. In ihrem Innern befanden sich rundherum Bänke. In der Mitte stand ein Tisch, von dem wir aßen. Meine Lieblingsblumen waren die weißen Phloxstauden mit dem roten Punkt in jeder Blütenmitte. Und während ich mich gerade an einer Blütendolde erfreute, kam eine für meine Verhältnisse große Heuschrecke auf meinen Fuß gesprungen und biss mich. Mit lautem

Скачать книгу