Die Pyrenäenträumer - Band 2. Wolfgang Bendick

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Die Pyrenäenträumer - Band 2 - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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auf dem Land auszubringen. Ist ja auch (öko)logisch! Leider treibt die ‚Zuschuss-Sucht‘ manche Bauern zu einer schier grenzenlosen Vergrößerung ihrer Betriebe oder zu einer Übermaschinisierung und in die Kreditspirale der Banken, denn immer wird ein Eigenanteil verlangt, den der Bauer oft nicht hat, die Bank aber schon!

      Diese Gedanken kamen meist nur kurzzeitig in den Vordergrund, wenn es darum ging, die Subventionsanträge auszufüllen, was im Februar und März der Fall war. Angeblich wurden diese immer wieder vereinfacht. Doch durch die neuen Formulare konnte man nicht einfach das alte kopieren, und viele, vor allem alte Bauern gaben es auf, nach Subventionen zu fragen. Denn es kam vor, dass einem nicht nur Teile der Gelder gestrichen wurde, weil der neue Antrag nicht mehr mit den Daten des alten übereinstimmte, sondern sogar Strafen berechnet wurden! Anfangs half einem das Amt beim Ausfüllen. Doch musste man dafür in die Departements-Hauptstadt Foix fahren und eine Weile Schlange sitzen. Das gab einem die Gelegenheit, mit anderen Bauern Erfahrungen zu tauschen, vor allem den Unmut über manche Schikanen! Später richtete das Landwirtschaftsamt eine Beratungsstelle für die PAC-Dossiers ein, aber gegen Bezahlung! Leider mussten wir im Laufe der Jahre mit ansehen, wie das Landwirtschaftsamt, das doch im Dienste der Bauern stehen sollte, immer mehr ein Geschäfts-Gebaren an den Tag legte und alle Dienstleistungen ‚rentabilisierte‘ und der humane Aspekt dabei leider verloren ging.

      *

      Machte ich die Käsetour, kam ich manchmal erst später heim. Dann molk Doris die Tiere. Die Schafe waren weniger problematisch, da sie wenig Milch gaben und sich leicht melken ließen. Doch das Melken der Kühe ging in die Knochen! Außer Elie hatten die Milchbauern im Tal Melkmaschinen. In Orgibet hatte einer eine Melkmaschine auf einem Wägelchen, mit zwei Plastikkannen darauf und zwei Melkzeugen. Dieselbe Maschine hatte ein Freund von mir in Deutschland auch. Sie musste sich also bewährt haben! Auf eine Annonce hin fand ich bei einem Bauern, der aufhörte, so eine Maschine, aber mit nur einem Melkzeug. Doch das war uns recht, denn bei vier Kühen müsste des reichen! Wir reinigten sie, schmierten ab und ölten die lederne Kolbendichtung und wechselten die Gummiteile. Es konnte losgehen!

       Bald waren wir mit der Handhabung vertraut. Wir stellten sie hinten zwischen zwei Kühen auf, und nachdem wir die Euter gewaschen hatten, setzten wir sie an. Ein Elektromotor trieb über eine Scheibe ein Pleuel an, das den Kolben in Bewegung setzte, welcher über einen Regelmechanismus Luft aus der Plastikkanne saugte, an der auch das Melkzeug angeschlossen war. Eine Kolbenbewegung entsprach einem Melk-Takt. Der Takt war bei sechzig Saugphasen pro Minute, festgelegt durch die Übersetzung des Motors. Alle vier Zitzen wurden gleichzeitig gemolken. Verschiedene Schräubchen ermöglichten es, ungefähr die Saug- und Massagestärke zu regeln. Die Kühe hatten nichts dagegen, auch wenn sie zu Anfang etwas skeptisch die summende und zischende Maschine betrachtet hatten. Der Behälter fasste 15 Liter. War er fast voll, schaltete man den Motor aus und somit das Vakuum, konnte den Behälter aus dem Gestell nehmen und die Milch durch ein trichterförmiges Sieb, das zusätzlich eine Papier-Filterscheibe besaß, in die Kanne gießen. Am Filter konnte man mit geschultem Auge zugleich feststellen, ob an einem Euter etwas nicht in Ordnung war oder man sie schlecht gewaschen hatte. Den Papierfilter bekam später der Hund.

       Anders als unsere Kühe reagierte Eric, der Käsetechniker! „Was habt ihr denn da gekauft! Das ist eine völlig überalterte Technik, die Euterentzündungen fördert! Es gibt da Maschinen, die euterschonender melken und die genau geregelt werden können! Bei dieser ist das nicht möglich! Auch müsst ihr die Euter erst unmittelbar vor dem Melken waschen, am besten nur die Zitzen, da sonst zu viel von dem festklebenden Dreck gelöst wird, der dann die Zitzen runterlaufen kann. Und nehmt für jede Kuh einen sauberen Lappen, keine Schwämme. Denn wenn eine Kuh etwas am Euter hat, übertragt ihr es sonst auf die nächsten! Am besten sind zwei Eimer: Einer mit den sauberen Lappen in warmem, schwachem Seifenwasser, einen anderen, in den ihr die schmutzigen Lappen hineintut! Und nachher die Lappen gut waschen und ab und zu desinfizieren!“ Wir hatten gedacht, es gut zu machen, aber wir sahen, es gibt immer noch ein Besser! Doch wir taten es, denn bei genauerem Nachdenken war das ja auch logisch! Uns war klar, dass man alles auch auf andere Weise machen kann. Aber hier ging es darum, es optimal zu machen! Bald darauf fand ich einen Eimer mit zwei Abteilungen, der das Ganze noch vereinfachte. Außerdem riet Eric uns, die ersten Milchstrahlen in ein besonderes Gefäß zu melken, da sie oft verunreinigt sind und die Fabrikationsmilch infizieren können. Am besten sind da extra Vormelkbecher geeignet, ausgestattet mit einem schwarzen Sieb, worauf man leicht sehen kann, ob geronnene Milch darin ist, zum frühzeitigen Erkennen von Euterentzündungen.

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      Bei den anderen Bauern, die mit Maschine molken, hatte ich gesehen, dass sie gegen Ende, wenn keine Milch mehr floss, leicht auf das Milch-Sammelstück unter den Zitzenbechern drückten, und die Milch lief erneut. Manche Schlaue legten ein Kilogewicht von einer Waage darauf. So hatten sie es in der Landwirtschaftsschule gelernt! Also machten wir es auch, denn warum auf diese Zusatzmilch verzichten? Je fester man drückte, umso länger kam noch Milch! Doch hatten sich die Erkenntnisse inzwischen erweitert! Wie Eric uns erklärte, ist es seit kurzem ‚out‘, das Melkzeug zu beschweren, da dadurch das Euter gestresst wird, man es zu trocken melkt und die Kuh leicht mit einer Euterentzündung reagiert. Also verzichteten wir auf diese ‚Zusatzmilch‘ und zogen die Gesundheit der Kühe vor.

       *

      Doch merkten wir bald, dass die Maschine nicht immer regelmäßig lief. Irgendwie lief sie bisweilen langsamer, tat sich schwer. Ich sprach mit Jacques darüber, der Elektriker ist. Bisweilen kamen nur knappe 180 Volt bei uns an! Als die vom E-Werk kamen, um den Zähler abzulesen, sprach ich davon. Diese schickten jemanden, der zum Transformator fuhr, der im nächsten Tal stand. Sie meinten, die Entfernung zum Trafo sei zu weit, der müsste näher beim Haus stehen, da die Leitung für 220 Volt zu lang ist. Doch hatten sie bemerkt, dass alle Häuser unseres Weilers auf den zwei gleichen Strippen hingen. Sie setzten also auch die anderen Leitungen unter Strom und schlossen uns so an, dass wir alleine auf einer Zuleitung hingen und das, was die Nachbarn verbrauchten, über einen anderen Draht ging. Auch schickten sie eine Mannschaft vorbei, um die Linie frei zu schneiden, denn bei Sturm berührten oft Äste die Drähte, und der Strom ging kurzzeitig weg oder fiel bald ganz aus.

      *

      Durch unsere Arbeit auf einem Bio-Hof und unsere späteren Erfahrungen hatten wir gedacht, schon einiges zu wissen. Doch langsam wurde uns bewusst, dass Landwirtschaft ein Lehrbuch mit endloser Seitenzahl ist! Eigentlich ist jeder Tag ein neues Kapitel, das sowohl Repetition als auch Neulernen beinhaltet. Das ist wie mit einem Teleskop in das Weltall schauen: Je weiter man blickt, umso mehr eröffnen sich einem unbekannte Gebiete! Sokrates soll gesagt haben, „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“, wir änderten seinen Spruch etwas ab: „Ich weiß, dass ich vieles noch nicht weiß!“ Und vielleicht ist es eben das Immer-neu-Hinzulernen, welches das Leben so interessant macht und welches unser „Heureka!“ hinausschiebt, wahrscheinlich bis zum letzten Atemzug…

      Vielleicht ist es die Nähe der Natur, oder die dauernde Berührung von Leben und Tod, die den Bauern zu einem Philosophen machen. Vielleicht auch das große Maß an Arbeit, welches bedingt, dass man die kurzen Augenblicke der Offenbarung voll bewusst nutzt. Denn vieles sind sich tagtäglich wiederholende Arbeiten, Routine, wie man sagt. Doch diese ‚Galeeren-Arbeiten‘ sind genauso kostbar im Leben, wie die kurzen ‚Highs‘. Oft stellte ich mir bei diesen Arbeiten vor, wie es wäre, wenn ich sie nicht mehr machen dürfte oder könnte. Dann überkam mich eine gewisse Wehmut und ich merkte, dass es gerade diese Arbeiten sind, die einem bewusstwerden lassen, dass man ist! Je mehr man sich quält, umso besser spürt man seine eigene Existenz!

      *

      Waren früher die großen Ereignisse im Jahr der Bauern das Fest der Wintersonnenwende, der Sommersonnenwende und die zwei Tag-und-Nacht-Gleichen, so kam bei uns zwei weitere Tage hinzu: Der 10. November und der 1. Februar. Ab dem zehnten November

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