Charles Finch: Ein verstörter Geist. Thomas Riedel

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Charles Finch: Ein verstörter Geist - Thomas Riedel

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schlechter Witz!«

      Ihr Mann antwortete nicht. Wieder hielt er sein Gesicht mit den Händen bedeckt.

      Ein Windstoß erfasste ein Blatt Papier und ließ es vom Schreibtisch segeln.

      Finch beobachtete es, so als ob er daran interessiert sei, wo es auf dem Teppich landen würde. »Vielleicht ist das kein Witz«, bemerkte er murmelnd, als redete er mit sich selbst.

      ***

      3

      Als Inspector Walsh den Salon betrat, fand er drei Personen vor, die er alle gut kannte.

      Ted Hunter mischte Getränke in einer kleinen fahrbaren Bar, während Harriet Moore, Teds erstgeborene Tante, in einem großen Ohrensessel am Kamin saß.

      Sie war eine dunkelhaarige, drahtige Frau Anfang ihrer Fünfziger. Ihr Rock, der weiße, gestärkte Blusenkragen und die kurze, militärisch geschnittene Jacke, erweckten den Eindruck intelligenter Strenge. In ihren Fingern klickten Stricknadeln, wie in einem automatischen Prozess, der offensichtlich keinerlei Konzentration erforderte. Sie blickte zu Walsh auf, der ein Notizbuch aus der Tasche gezogen hatte, als er ins Zimmer kam. »Müssen Sie sich unbedingt wie ein Polizist verhalten«, fragte sie herrisch.

      »Entschuldigung«, erwiderte Walsh gelassen. »Aber Sie müssen verstehen, dass ich einen Bericht verfassen muss.«

      »Gib dem Mann einen Drink«, wies Harriet Ted an.

      Die dritte Person im Salon war Michael Cleghorn, ein riesiger, zotteliger bernhardinergleicher Mann, dessen Grundstück sich an das der Drakes anschloss. Er war ein Künstler, wenngleich seine Hände groß und unbeholfen wirkten. Aber er verstand es mit einem Pinsel zu zaubern. Auch er war in Woodfield aufgewachsen. Er, Bob Bristow, Ted, Stephen und Marcia waren schon als Kinder immer zusammen gewesen.

      Walsh, der selbst ein Junge der Stadt war und sich in anderen sozialen Sphären bewegte, hatte sie damals alle für ziemlich hochnäsig gehalten. Doch insgeheim hatte er sie bewundert und heute mochte er sie sogar, wenngleich es bei einem förmlichen Sie geblieben war. »Das ist ein verdammter Mist, der da passiert ist«, brummte er.

      Cleghorn hatte sich auf einem Ledersessel ausgestreckt und die Beine über eine Lehne gehoben. Zwischen seinen Zähnen steckte eine robuste, kurvige, langstielige Pfeife. »Ich wünschte, es hätte mich erwischt«, brummte er. »Bob wurde in dieser Welt gebraucht.«

      Ted kam mit einem Drink für Walsh von der Bar herüber. »Cleghorn ist immer so edel«, bemerkte er lächelnd. »Natürlich wünscht sich keiner, dass es ihn erwischt hätte. Aber der Gedanke hat durchaus seinen Reiz.«

      Walsh war an den spöttischen Ton in seiner Stimme gewöhnt. »Ich muss wissen, was passiert ist.«

      Ted zuckte die Achseln und nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel neben dem Aschenbecher vom Tisch. »Das dürfte wohl recht schwer werden, Jim. Immerhin war es stockdunkel. Wir waren alle in einer Gruppe zusammen. Ich denke, Bob trat beiseite, um Marcia oder Harriet auf dem Weg an ihm vorbeizulassen. Er wusste vermutlich gar nicht, wie nahe er dabei an die Kante gekommen ist und verlor den Halt.«

      »Bei Gott, ich werde den Klang seiner Stimme nie vergessen als er fiel«, seufzte Cleghorn. »Er klang wie ein schreiendes Kind.«

      »Hör' auf damit, Mike!«, fuhr Harriet ihn an. »Was macht das für einen Sinn, es immer und immer wieder durchleben zu müssen?«

      »Verdammt, Harriet!«, reagierte Cleghorn aufgebracht. »Ich habe diesen Kerl einfach sehr geliebt!«

      »Das haben wir ja wohl alle, nicht wahr?«, setzte Harriet nach. »Aber ihn geliebt zu haben, wird wohl kaum helfen!«

      »Wollen Sie mir nicht erzählen, wie das mit dem Aufstieg auf den Berg begonnen hat, Ted? Das Ganze von Anfang an?«, fragte Walsh.

      »Da gibt es gar nicht viel zu erzählen«, gab Ted zurück. Er hatte sich auf der Kante des soliden Tisches niedergelassen, und seine Reitstiefel pendelten rhythmisch vor und zurück. »Ich war den ganzen Tag mit Joe Davis unterwegs. Als ich hierher zurückkam, fand ich Marcia, Stephen, Harriet, Cleghorn und Bob draußen auf der Terrasse. Sie alle sprachen über das vermisste Conroy-Kind.«

      »Marcia war bei einem Treffen der Frauengruppe in der Kirche und hatte davon gehört«, warf Harriet ein.

      »Nun, Joe und ich kamen auf dem Weg nach Hause auch an dem Pfad zum Berg vorbei. Ich sah dort ein kleines Kind, das am Ende des Weges spielte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nichts von Conroys vermisstem Jungen, also dachte ich nicht weiter darüber nach. Als ich dann davon erfuhr, fragte ich mich natürlich, ob er es nicht vielleicht gewesen sein könnte. Natürlich stellte sich heraus, dass es nicht so war, aber zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass es wohl Conroys ...«

      »Aber hundertprozentig sicher waren Sie sich nicht«, präzisierte Walsh.

      »Nein. Wie ich schon sagte. Ich wusste nichts vom Verschwinden und war auch nicht gerade besonders aufmerksam. Wir kamen vielleicht fünfundzwanzig, dreißig Yards an ihm vorbei. Er war nur ein kleiner Junge. Als ich es erwähnte, war Stephen recht besorgt und meinte, wir sollten nach ihm suchen.«

      »Wir haben alles um den Pfad herum abgesucht«, meldete sich Cleghorn. »Stephen wusste, dass es nach Einbruch der Dunkelheit gefährlich werden würde, und es war schon spät. Wir waren uns alle einig, nach ihm zu suchen.«

      »Marcia und Harriet haben Sturmlampen bekommen und wir anderen sind mit der Kutsche raufgefahren, soweit wir konnten«, übernahm Ted, der seine halb aufgerauchte Zigarette in den Kamin warf. »Zuerst dachte ich, dass Stephen nicht stark genug wäre, um den Aufstieg zu Fuß zu machen, und ich sagte es auch. Bob meinte aber, dass alles in Ordnung sei.« Er schüttelte unzufrieden über sich selbst den Kopf. »Ich wünschte, ich wäre hartnäckiger gewesen und hätte es ihm ausgeredet.«

      »Warum?«, wollte Walsh wissen.

      »Warum?«, fuhr Ted auf und starrte ihn an. »Um Himmels willen, Jim, du hast ihn da draußen gehört! Sein verrücktes Gerede von Mord!«

      »Er stand natürlich unter Schock«, beschwichtigte Walsh. »Er dachte wahrscheinlich, dass er etwas hätte tun können, um Bob zu retten.« Er sah ihn auffordernd an, unterstrichen von einer entsprechenden Geste seiner Hand. »Erzählen Sie bitte weiter.«

      »Wir haben die Kutsche am Fuß des Weges verlassen und sind losgegangen«, kam Ted seinem Wunsch nach. »Du warst selbst dort oben, Jim. Es gibt ein halbes Dutzend Pfade, die vom Hauptweg abzweigen. Sie kommen alle an der gefährlichen Steilkante raus und Conroys Junge hätte jeden davon genommen haben können. Zumindest mussten wir davon ausgehen. Ich glaube, dass ich mich zuerst von der Gruppe getrennt habe, oder?« Er sah fragend in die Runde.

      Cleghorn nickte zustimmend. »Ich habe den zweiten Abzweig genommen«, brummte er. »Die ganze Zeit über haben wir nach dem Jungen gerufen, aber der hat natürlich nicht geantwortet.«

      »An der nächsten Gabelung habe ich mich von Stephen und Marcia getrennt.« Harriet atmete kräftig durch und unterbrach für einen kurzen Moment ihre Strickerei. »Die beiden sind dann mit Bob weitergegangen.«

      »Bob muss die nächste Abkürzung genommen haben«, meinte Ted. »Als ich an der Schlucht ankam, war er allein dort. Stephen und Marcia tauchten später auf, fast zeitgleich mit Harriet und Cleghorn. Keiner hat ein Anzeichen von dem Kind ausmachen können, also dachten wir uns, dass wir ja eh

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