Tattoo. Andreas Richter

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Tattoo - Andreas Richter

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der Lockenkopf mit fester Stimme. »Weißt du, wo wir in der Knasthackordnung stehen werden, wir, die Mädchenmörder? Ganz unten, Mann. Ich schwöre dir, dass deine Fantasie nicht ausreicht, um dir vor-zustellen, was die anderen Knackis mit dir anstellen. Während sie dir Besenstiele in das Arschloch rammen und dich einen Schwanz nach dem nächsten lutschen lassen, werden die Wärter grinsend weggucken, weil viele von denen nämlich auch Töchter haben und dich allein schon deshalb hassen, weil es ihre Tochter hätte sein können. Und wenn du eines Tages aus dem Bau entlassen wirst, dann wirst du ein dauerarschgeficktes Wrack sein, das ungezählte Male hatte Dinge über sich ergehen lassen müssen, die man seinem ärgsten Feind nicht wünscht. Willst du das wirklich alles ertragen, Mann, wirst du das aushalten können?«

      Der Blonde schloss die Augen. Nie zuvor hatte er sich schlechter gefühlt als in diesem Moment. Alles war falsch. Egal wie es weiterging – es ging nur noch ums Verlieren.

      »Aber ich will nicht fortlaufen und mich ständig verstecken müssen«, wimmerte er.

      »Das will ich auch nicht, Mann. Scheiße, im Leben nicht! Und deshalb sage ich dir jetzt, was wir machen: Wir werden uns nicht verstecken, sondern ganz normal weiterleben. Alles bleibt wie es ist, nichts ändert sich.«

      Der Blonde sah verwundert auf. »Was sagst du da? Wie soll das denn funktionieren?«

      »Ganz einfach: Das hier ist nicht geschehen.«

      Der Blonde schluckte. »Wie meinst du das?«

      Der Lockenkopf sagte mit fester Stimme: »Wir streichen die vergangenen zehn Minuten. Es hat sie nie gegeben. Wir waren heute Nacht nicht hier, und das Mädchen ist heute Nacht nicht gestorben.«

      Der Blonde bekam kein Wort heraus. Er starrte den Lockenkopf einfach nur an.

      »Hör' zu, Mann: Das Wichtigste ist, dass niemand erfährt, was hier geschehen ist. Klar? Schnauzehalten ist das oberste Gebot.«

      »Was ist … mit ihr?« Die Stimme des Blonden war kurz vor dem Versagen. Er ahnte die Antwort bereits. Ihm brach der Schweiß am ganzen Körper aus.

      Der Lockenkopf holte tief Luft und sagte: »Es gibt nur eine Formel, die unsere Ärsche rettet, und die lautet: Keine Leiche plus keine Anklage gleich kein Knast.«

      Der Blonde verstand. Seine Gesichtsmuskeln zuckten.

      »Es ist die einzige Möglichkeit, Mann. Uns bleibt keine andere Wahl.«

      »Das können wir nicht machen, auf gar keinen Fall.« Der Blonde schüttelte hektisch den Kopf und kämpfte mit einer Welle Übelkeit.

      »Nein, das geht nicht!«

      »Wir müssen es machen. Oder hast du etwa einen besseren Vorschlag?«

      Der Blonde war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. »Wie stellst du dir das denn vor? Das geht nie gut. Wenn ein Mädchen verschwindet, wird alles in Bewegung gesetzt, um es zu finden. Die Polizei verfolgt die kleinsten Spuren, die graben Landstriche um und pumpen ganze Teiche leer. Die hören nicht auf zu suchen, bis sie das Mädchen gefunden haben, und selbst wenn fast die ganze Welt die Sache längst vergessen hat, suchen und jagen sie weiter, die lassen nicht locker. Alter, wenn wir jetzt noch mehr Scheiß bauen, wird alles nur noch schlimmer. Komm, lass' uns vernünftig sein. Wir gehen zur Polizei und erzählen denen die Geschichte. Wir müssen die Verantwortung übernehmen. Wir können uns nicht drücken, das geht nicht.«

      Der Lockenkopf holte tief Luft und sagte: »Hör' zu, Mann: Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass das Mädchen aufsteht, sich an nichts erinnert und uns fragend ansieht und einfach davongeht. Doch das wird sie leider nicht. Weil sie nämlich tot ist. Und daher spielt es für sie nicht mehr die geringste Rolle, was mit dir und mir passiert. Aber für dich und mich, für uns spielt es sehr wohl eine Rolle, wie es mit uns weitergeht. Ja, Scheiße, wir haben sie getötet. Das ist nicht zu verzeihen, aber sollen wir den Rest unseres Lebens dafür zahlen? Für immer geächtet sein?«

      Der Blonde starrte in die Dunkelheit.

      Der Lockenkopf sagte mit betont ruhiger Stimme: »Hör' zu, Mann, ich sag' dir, was wir machen: Wir werden das Mädchen erst mal verstecken. Gleich hier. Dann gehen wir nach Hause und kommen ein wenig zur Ruhe, fahren uns runter und schlafen ein paar Stunden. Okay? Wenn es hell ist, kehre ich zurück und kümmere mich um sie. Du brauchst nicht dabei zu sein, ich mach' das schon. Klingt das soweit okay für dich?«

      »Alleine?«, fragte der Blonde und sah den Lockenkopf staunend an. »Warum du alleine?«

      »Weil wir auf Nummer sicher gehen müssen. Wenn nur einer von uns beiden hier ist, werden weniger Spuren hinterlassen. Und sollte plötzlich jemand auftauchen, kann einer sich schneller und besser verstecken als zwei. Das ist der Grund.«

      Der Blonde glaubte ihm nicht, doch es war ihm lieber, diese durchschaubare Lüge zu hören als die Wahrheit, dass der Lockenkopf ihm nicht viel zutraute.

      »Was wirst du mit ihr ... machen?«, fragte er.

      »Das weiß ich noch nicht. Ehrlich nicht. Es ist jetzt auch nicht wichtig, Mann. Entscheidend ist, dass das Mädchen niemals gefunden wird.«

      Der Blonde betrachtete die Tote. »Gott, wir machen einen Riesenfehler«, sagte er leise. »Das klappt nicht, am Ende wird es für uns nur noch schlimmer enden.«

      Der Lockenkopf legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich verspreche dir, dass alles gut gehen wird. Ehrlich, Mann. Wichtig ist, dass wir beide dichthalten. Für immer. Also, ich werde gegenüber keiner Menschenseele auch nur ein einziges Wort über diese Nacht verlieren, darauf kannst du dich verlassen. Und was ist mit dir? Schweigst du auch eisern? Kann ich mich auf dich verlassen, mein Freund?«

      Ich bin nicht dein Freund, dachte der Blonde wie betäubt, und nach dieser gottverdammten Horrornacht werde ich es auch niemals sein.

      »Kannst dich auf mich verlassen«, sagte er leise und senkte den Blick. »Zu niemandem ein Wort, niemals.«

      Der Lockenkopf nickte kaum merklich und reichte dem Blonden die Hand, um die Abmachung zu besiegeln.

      Der Blonde schlug ein.

      Und spürte in seinem Innersten, dass er einen unverzeihlichen Fehler beging.

      2.

      Er blickte in den Spiegel und hörte das Lachen. Dieses zynische, spöttische Lachen. Es kam von allen Seiten und drückte wie gewaltige Wassermassen.

      Damals, nachdem er endlich begriffen hatte, was vor sich ging, hatte er es zum ersten Mal gehört. Das lag bereits einige Zeit zurück, aber längst nicht lange genug, um sich nicht daran zu erinnern, dass das Lachen damals genauso geklungen hatte, wie es heute klang. So klirrend kalt und so unumstößlich endgültig.

      Sie betrat das Badezimmer und blieb hinter ihm stehen. Sie betrachtete ihn im Spiegel und las die Wut und Resignation in seinen Augen, sah diesen traurigen Ausdruck, den sie nur zu gut kannte.

      »Wie geht es dir?«, fragte sie.

      »Fantastisch«, knurrte er.

      Sie nahm ihm die Haarbürste ab und legte sie zurück in den Korb aus geflochtenen Wasserhyazinthen, in dem seine wenigen Pflegeutensilien lagen.

      Er

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