Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
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Читать онлайн книгу Unvergängliches Blut - Sammelband - S.C. Keidner страница 31
Taran war verwirrt. Mutter litt so sehr an der Erinnerung an ihren Vater und doch bereute sie es nicht, ihn geliebt zu haben? War die vergangene Liebe so groß, dass sie die Schmerzen wettmachte?
Rodica legte ihre Hand auf die Tarans. »Eines Tages wirst auch du den Richtigen finden. Ich werde Aki sagen, dass wir all dies im nächsten Sommer besprechen, dann hast du genügend Zeit, um dich zu entscheiden. Und nun lass uns essen.«
Kapitel 3
Olwenus Einschätzung war falsch gewesen. Mit den ersten kalten Winden des Herbstes kamen die Wajaren. Das Laub der Bäume hatte sich bunt gefärbt und die Felder waren endlich abgeerntet. Es wurde schneller dunkel und die Siedler, die im Sommer abends lang draußen gesessen hatten, zogen sich immer früher in ihre Hütten zurück. Der kalte Wind schnitt in die Haut und ließ sie die wärmende Nähe der Feuer suchen.
In der Nacht, in der die Wajaren die Siedlung überfielen, träumte Taran von Pferden, von Rappen, Schimmeln, Braunen und Füchsen. Die Tiere jagten durch die Grasländer, die Mähnen und Schweife fliegend, das Stampfen der Hufe dumpf auf dem Boden. Sie stand auf einem Felsen und beobachtete sie, fasziniert von der Kraft ihrer Bewegungen. Die Herde schwenkte ab und galoppierte zum Horizont, an dem sich die Sonne feuerrot zur Erde neigte. Seltsamerweise wurde das Geräusch der Hufe lauter, je weiter sie sich entfernten.
Sie schreckte hoch und sah ihre Mutter wie erstarrt am Feuer stehen. Rodicas aufgerissene Augen spiegelten Entsetzen und Fassungslosigkeit wider.
Ein gellender Schrei ertönte. Hufgetrappel und triumphierendes Gebrüll.
»Lass’ den nich’ entkommen!«
»Her mit dir!«
Schreie. Weinen.
Taran sprang auf, rannte zum Eingang und schlug das Fell beiseite. Feuerschein flackerte auf. Er kam von brennenden Hütten. Unzählige Pferde und Reiter hoben sich als schwarze Schatten vor dem gelben Licht ab. Ein Reiter warf eine Fackel auf eine Hütte. Die trockenen Matten ging sofort in Flammen auf, die sein Gesicht beleuchteten. Es war hart, kantig, mit dunklen Augen. Eine Frau floh aus der Hütte. Der Reiter gab seinem Pferd die Sporen und riss sie zu sich hoch. Cailina. Sie schrie. Der Reiter lachte und verschwand mit ihr zwischen den Bäumen. Taran presste entsetzt die Faust gegen den Mund.
Rodica erwachte aus ihrer Starre. »Wajaren! Wir müssen weg!«
Sie ergriff Tarans Hand und zog sie hastig nach draußen, weg von den Reitern und dem Feuer in die Dunkelheit hinter der Hütte. Sie stolperten über Grasbüschel und tote Äste. Die Kakofonie des Überfalls, Schreie, das Prasseln des Feuers und das Gebrüll der Vampire verfolgten sie unerbittlich. Tarans Nachtkleid verhedderte sich in niedrig hängenden Zweigen und spitze Steine und Dornen stachen in ihre nackten Füße. »Das ist die falsche Richtung!«, keuchte sie. »Da vorne sind die Felsen. An denen kommen wir nicht vorbei!«
Rodica beachtete sie nicht und eilte weiter. Plötzlich standen sie vor den Klippen, die schwarz und unbezwingbar vor ihnen aufragten. Der volle Mond hing über den Felszinnen und schien höhnisch zu ihnen hinunter zu grinsen. Als die Siedler diesen Platz ausgewählt hatten, dachten sie, die Felsen würden Schutz bieten. Für Rodica und Taran waren sie zur Falle geworden.
»Wir kommen nicht weiter!«, rief Taran verzweifelt.
»Gibt es denn gar keinen Spalt, in dem wir uns verstecken können?« Rodicas Blicke irrten über die glatten Steinflächen.
»Nein!«
»Dann müssen wir am Fels entlang in den Wald! Dort können wir uns verstecken!«
»Das geht nicht, Mutter! Das Unterholz ist zu dicht! Wir müssen zurück auf den Pfad!«
»Hier sind noch zwei!« Der frohlockende Ruf ließ sie zusammenfahren.
»Lauf!«, brüllte Rodica und rannte los.
Sie war nicht schnell genug. Der Reiter erschien vor ihnen wie aus dem Erdboden gewachsen. Er sprang vom Pferd und stürzte sich auf Rodica, begrub sie unter seiner riesenhaften Gestalt.
»Mutter!«
Taran schrie auf. Eine kräftige Hand umfasste ihren Oberarm und zog sie auf ein Pferd. Sie schlug nach dem Reiter. Der drehte ihr kurzerhand die Arme auf den Rücken und hebelte sie schmerzhaft nach oben. »Schön brav sein!«, zischte er.
Sie gab die Gegenwehr wimmernd auf. Ihr Fänger lenkte das Pferd zurück zu den brennenden Hütten. Die Siedler waren zusammengetrieben worden. Weinende Kinder krallten sich in die Röcke ihrer Mütter. Viele der Frauen schluchzten, die Männer standen mit versteinerten Mienen da. Die Reiter umkreisten sie wie eine Meute hungriger Wölfe, bereit sich jeden Moment auf sie zu stürzen.
»Was haben wir?« Ein hünenhafter Mann mit schwarzem zum Pferdeschwanz gebundenem Haar war abgestiegen und ging langsam an den Siedlern vorbei. Er trug Lederhosen, schwere Stiefel und ein dunkles Hemd, darüber eine Weste aus Schaffell. Ein Schwert steckte in seinem Gürtel. Nach einer Weile deutete er auf einige der jüngeren Frauen und Männer, unter ihnen Gregorius. »Die da.« Als er sprach, blitzten seine Fangzähne im Feuerschein auf.
Seine Männer packten die so Ausgewählten grob und fesselten sie. Gregorius setzte sich nicht zur Wehr. Seine Züge waren erstarrt. Serpil hingegen, ein schmächtiger Mann, versuchte, schützend vor seine Tochter zu treten. »Nein! Nicht Irma! Bitte, seid gnädig!«, flehte er.
Einer der Reiter knurrte ungehalten und zückte sein Schwert. Es zischte durch die Luft, durchschnitt Serpils Hals. Die Siedler schrien auf, als sein Kopf mit grotesk aufgerissenem Mund ins Gras fiel. Irmas Gesicht verzerrte sich in einem stummen Laut der Fassungslosigkeit und des Entsetzens. Jetzt wehrte sich niemand mehr und auch einige der Männer begannen zu weinen.
»Sollen wir ein paar Kinder mitnehmen, Kemp?«, fragte einer der Reiter.
Die Siedler stöhnten entsetzt auf. Frauen und Männer zogen ihre Kinder noch enger an sich.
»Nein. Die würden uns nur aufhalten und bringen nicht viel ein.« Der Anführer, Kemp, musterte die Siedler weiter. »Die da noch.« Er deutete auf drei Männer, einer davon Cailinas ältester Bruder. »Nicht als Blutsklaven, aber die können arbeiten.«
Ein Reiter kam auf die Lichtung, Rodica vor sich im Sattel haltend. Ihr Kleid war aufgerissen und ihr Körper von Bisswunden übersät. Der Reiter warf sie zur Erde, wo sie leblos und mit seltsam verdrehten Gliedern liegen blieb.
Taran schrie entsetzt auf. »Mutter!«
Kemp beugte sich über Rodica, hob ihren Kopf an und ließ ihn wieder fallen. »Du Schwachkopf!«, fuhr er den Reiter an. »Die hätten wir gut verkaufen können!«
Der Reiter grinste. »Es gibt genug hier, die wir verkaufen können. Ich brauchte etwas Entspannung.« Er fasste sich in den Schritt und machte eine anzügliche Bewegung mit der Hüfte. Die Vampire grölten.
»Mutter! Nein!« Taran bäumte sich auf, doch der Mann hinter ihr ließ sie nicht los. Tränen der Verzweiflung rannen ihr die Wangen hinunter.
Kemp deutete auf sie. »Die kommt auch mit. Sie sieht mir wie eine gute Blutsklavin aus. Das reicht dann für heute Nacht. Für mehr Sklaven haben wir nicht genug Pferde.«