Unvergängliches Blut - Sammelband. S.C. Keidner
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Читать онлайн книгу Unvergängliches Blut - Sammelband - S.C. Keidner страница 29
Er lachte, griff nach ihr und küsste sie. Einer der Viehhirten pfiff und Gregorius ließ sie los. »Wenn wir so weitermachen, sitzen wir noch heute Nacht hier«, sagte er seufzend.
Taran kicherte, beugte sich vor und küsste ihn. »Heute Nacht gibt es hier nur uns und die Sterne«, flüsterte sie.
Seine Augen wurden dunkel. Auch er dachte an die Nächte, in denen sie sich aus der Siedlung geschlichen hatten, das Geräusch ihrer verstohlenen Schritte maskiert vom Wind. Das Rauschen der Blätter über ihnen, als sie sich im Schutz der tief herunterhängenden Äste einer Trauerweide liebten. Der Ruf eines Wolfs draußen in der Steppe, der sie vergessen ließ, dass ihre Familien nicht weit entfernt von ihnen schliefen. »Wir müssen weitermachen!«, sagte er streng. »Und erinnere mich nicht daran, sonst werden wir nie fertig!«
Sie schafften es trotz aller Ablenkungen, die Reparatur der Matten bis zum späten Nachmittag zu beenden. Mit Hilfe eines Pferdes brachten sie sie den Waldpfad hinauf in die Siedlung und legten sie vor die Hütten, wo sie sie am Morgen abgeholt hatten.
Mit einem unauffälligen Blick, um sicherzustellen, dass niemand sie sah, küsste Gregorius sie zum Abschied und verschwand pfeifend in Richtung der Hütte, die er mit seinen Eltern und Brüdern teilte.
Taran ging indessen zu der Kate, die sie mit Rodica bewohnte. Sie stand versteckt am Rande der Siedlung, zwischen knorrigen Eichen, hinter denen die steilen Felsen in den sommerlich blauen Himmel ragten. Als sie den Fellvorhang am Eingang hochband, war sie überrascht, ihre Mutter zu sehen, die an der Feuerstelle einen Kessel mit kochendem Wasser bewachte.
Um das Feuer stapelten sich Töpfe und Schalen, daneben lagerten die Vorräte in einer Truhe mit Eisenbeschlägen. Der Rauch des Feuers zog durch ein Loch im Dach ab. Im hinteren Teil der Hütte lagen ihre Strohsäcke, Felle und Decken, im vorderen Teil gab es zwei Stühle und einen schmalen Tisch aus Holz und Schilfgeflecht. An die Holzgitter, die die Schilfmatten hielten, hatten sie ihre Kleidung gehängt, einfache Kleider und Kittel aus ungefärbter Schafwolle. Im Winter wurden mehrere Lagen an Fellen von innen an den Holzgittern angebracht, um die bittere Kälte fernzuhalten. Im Sommer reichten die Matten, um sie vor Sonne und Regen zu schützen.
»Du bist schon von den Feldern zurück?«
Rodica nickte müde. »Olwenus ist wieder da. Aldo hat für nachher eine Zusammenkunft einberufen und uns früher zurückgeschickt. Ich will die Zeit nutzen, um die Wäsche zu machen.« Olwenus, der Fährtensucher, half den Männern, bei der Jagd das Wild aufzuspüren. Außerdem unternahmen er und seine Söhne regelmäßige Streifzüge durch das Niemandsland, um nach Spuren der Wajaren Ausschau zu halten. Es war gefährlich, aber notwendig, um die Siedlung zu schützen.
Besorgt musterte sie ihre Mutter, die etwas von der Seife aus miteinander verkochtem Öl und Lauge in das brodelnde Wasser gab. Wie an jedem von Tarans Jahrestagen sah Rodica traurig aus. Ihre Augen waren gerötet. »Geht es dir gut?«, fragte sie leise, obwohl sie wusste, wie die Antwort lauten würde.
»Natürlich«, sagte Rodica prompt und richtete sich auf. »Ich bin nur ein wenig müde von der Arbeit und dem Staub auf den Feldern. Komm, jetzt hilf mir mit der Wäsche.«
Taran seufzte resigniert und begann, die Wäsche zu sortieren, die ihre Mutter in den Kessel legte und mit einem Stock umrührte. Sie arbeiteten schweigend, Rodica gedankenversunken, Taran durch den offenen Eingang das Treiben in der Siedlung beobachtend.
Viel passierte nicht. Bis auf ein paar spielende Kinder waren die Siedler vor der Sonne nach drinnen geflüchtet, was keine Wohltat bedeutete. Die Hütten hatten sich in diesen letzten Tagen des Sommers aufgeheizt, doch niemand beschwerte sich darüber. Der Sommer mit den kurzen hellen Nächten und der Winter mit seinen Schneemassen waren die sichersten Zeiten des Jahres. Die Wajaren bevorzugten lange Nächte und freie Pfade für ihre Raubzüge. Sie waren daher eher eine Gefahr im Herbst oder nach der Schneeschmelze.
Sie erinnerte sich mit Schaudern an den letzten Überfall, bei dem zwei Familien verschleppt worden waren. Es war schon dunkel gewesen. Rodica und sie badeten nach der anstrengenden Feldarbeit in dem See, in dessen Nähe sie damals gesiedelt hatten. Die plötzlichen Schreie und die Rufe der Vampire ließen sie sich zitternd vor Angst im Röhricht verstecken. Erst lange, nachdem die Geräusche des Überfalls, das Weinen, Schreien und Stampfen der Pferdehufe verklungen war, wagten sie sich zu den Hütten zurück. Danach hatten sie die Siedlungsstelle aufgegeben und waren hierhergekommen. Irgendwann würden sie wieder losziehen müssen, um den Sklavenjägern zu entgehen.
Ihre Gedanken wanderten zu Gregorius, seinem verschmitzten Grinsen, den blitzenden Augen unter einem Schopf weizenblonder Haare. Es war schön mit ihm, seine lustige Art, seine Küsse, ihre Liebesnächte unten am Bach bei der Trauerweide. Allerdings nagte es an ihr, dass er kein Verständnis für ihre Träume zeigte. Für ihn stand fest, wie sein Leben verlaufen sollte. Er war ein Kleinbauer mit Leib und Seele, wie sein Vater und dessen Vater davor. Er würde sich eine Frau nehmen und mit ihr die nächste Generation seiner Familie hervorbringen, die durch das Niemandsland streifte, Ernten von den kleinen Feldern einfuhr und sich vor den Wajaren versteckte. Ihr fiel es schwer, sich vorzustellen, diese Frau zu sein. Das, was Gregorius wollte, war nicht ihr Leben. Doch was war es dann? Ein Leben in den Städten?
Rodica räusperte sich. »Mach hier weiter. Ich muss zum Melken der Ziegen. Morgen werden wir helfen, das Feld abzuernten. Wenigstens haben wir genug Getreidevorräte für den Winter. Falls wir nicht wieder vor den Wajaren fliehen müssen.«
Sie eilte hinaus, das Gesicht in sorgenvolle Falten gelegt, während Taran sich daran machte, die restliche Wäsche zu kochen und zu schrubben.
Kapitel 2
Die Zusammenkunft fand am Abend auf dem Platz zwischen den Hütten statt, auf den die tief stehende Sonne lange Schatten warf. Die Siedler hatten sich im Halbkreis auf der Erde niedergelassen. Taran saß neben Gregorius, was ihr einen hasserfüllten Blick von Cailina einbrachte. Die Alten und die Fährtensucher nahmen den Siedlern gegenüber Platz. Der Hitze trotzend trug Aldo sein weißes Wolfsfell, das Zeichen des Dorfältesten. Alle anderen waren in ihrer gewöhnlichen Arbeitskleidung erschienen, wollenen Hemden, Hosen, Röcken oder Kleidern und schweren ledernen Stiefeln.
Stille legte sich über den Platz, als Aldo sich erhob. »Ich danke euch, dass ihr gekommen seid«, sagte er. »Wie ihr seht, sind Olwenus und seine beiden Jungs wieder da. Sie werden uns über die Bewegungen der Wajaren berichten. Dann müssen wir entscheiden, ob wir hierbleiben oder noch vor dem Winter weiterziehen.«
Cailinas Mutter sprang auf. »Wenn wir entscheiden, dass wir weiterziehen, dann sollten wir auch entscheiden, ob wir nicht endlich in die Städte gehen.« Einige der Siedler rollten ungehalten ihre Augen, doch Taran hielt die Luft an. Sicher, die Städte wurden immer wieder angesprochen und man hatte sich bisher dagegen entschieden. Aber vielleicht dieses Mal?
»Hier draußen sind wir unsere eigenen Herren!«, sagte Gregorius. »In den Städten werden die Männer gezwungen, den Herrschern als Soldaten zu dienen! Ich will nicht in eine Stadt!«
Viele der Männer nickten zustimmend und Tarans Hoffnungen sanken rapide. Sie machte sich nicht die Mühe, etwas auf Gregorius Einwurf zu entgegnen, sondern warf ihm nur einen entmutigten Blick zu. Gregorius zuckte mit den Schultern.
Wie um dies zu bestätigen, rief eine der Frauen: »In den Städten herrschen Laster und Unzucht! Die Männer vertrinken ihr Gold in den Tavernen! Junge Mädchen verkaufen ihre Körper, um zu überleben!«
Reihum nickten die Köpfe.
Aldo