Was zerfallen und zerfließen wird. Helmut Lauschke

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Was zerfallen und zerfließen wird - Helmut Lauschke

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aus dem Duftkelch mit den Farbfächern der Verzauberung. Sie ist Ausbruch der Freude aus dem Rahmen von Erwartung und Widerspruch durch Zuspruch von Licht und Leben im Kern deiner Selbst.

      Hoffnung ist die Gerade, die sich vom Grund des Menschseins weit in die Höhe streckt und noch weiter ziehen lässt, je nach den Gesichtspunkten und Blickwinkeln aus Einsicht und Vision, was der Mensch ist in der Idee und im Ausdruck von Form und Formung in einer Welt der Skulpturen, Bilder und symphonischen Klänge.

      Hoffnung ist das, was begrifflich wie inhaltlich über den Verstand hinausgeht und mit dem Wechselgang der Atmung einhergeht, als wäre der Atemzug der andere Zwilling der Hoffnung, was beide für die Dauer des Lebens unzertrennbar macht, weil das eine ohne das andere nicht in die Zukunft gehen kann.

      Abgegriffene Mützen heben von den Köpfen

      Der Augenfalter sinkt herab und setzt sich auf das angewelkte Blatt. Die Flügel sind ermattet, verschattet schwindet der Kopf. Dein Blick auf das Blatt nimmt die Stunden vorweg und hält das Staunen in Atem. Du merkst nicht, dass dich ein Mensch anspricht und ein anderer dir die Hand geben will.

      Nicht weit von dir stehen braune Krüge, die nicht mit Wasser gefüllt sind. Die Dämmerung bricht ein, und blass werden Licht und Falter. Fern verklingen Gesänge und die Rufe nach dem Kind. Es bellt der Hund gegen den mild stoßenden Wind und die vorbeifahrende Wolke.

      Weiter weg reihen sich die Urnen, sie werden in Zukunft die Nachbarschaft halten. Aschenpfad und Scherbenplatz, dann der Jugend andere Träume. Hört die Uhren ticken, doch andere sind schon still. Der Blick kann sich durch den Scheibensprung nicht drücken, so wischen Hände den Feuchtbeschlag vom Glas.

      Knoten reißen mit dem Alter in die Jahre, und Mäntel fallen eingerissen von den Haken. Nicht anders geht’s den roten Roben und den Schleifen, wenn es mit neuen schwarzen Schuhen in die neuen Zeiten geht, die mit neuen schwarzen Senkeln verschnürt sind. Alles braucht den Halt, das umso mehr, je dünner der Körper auf mageren Beinen steht.

      Streifen ziehen Vergangenheit nach, und die schiebt andere Streifen vor sich her. Abgegriffene Mützen heben auch in Zukunft von den Köpfen, die ihr Haar in dem, was war, verlieren oder bereits verloren haben. Leben lässt sich nicht erneuern und das schon gar nicht, wenn Menschen steile Treppenstiegen herab oder vom Rand in die Steinbruchtiefen gestoßen wurde. Dann ist die Zerschmetterung mehr oder weniger total.

      Auch wird es Köpfe ohne Mützen geben und das bei härtester Arbeit auf Feldern, Plätzen und Straßen in brennender Sonne oder eisiger Kälte, wenn Füße in zerrissenen Lappen oder abgelaufenen Schuhen stecken. Da zeigen sich die Unterschiede von arm bis erbärmlich, oder von verachtet bis verwahrlost, oder von unverständlich bis zerschlagen.

      In der nackten Armut hängen an den Mützen die letzten Reste einstiger Achtung vor dem Menschen, wenn er noch stehen und sitzen kann. Die Mütze ist Zeichen der letzten Verteidigung menschlicher Würde gegen die Verrohung mit den Faust- und Kolbenschlägen und den Stiefeltritten gegen die verzehrte Körperlichkeit zum finalen Absturz mit der endgültigen Zerschmetterung, als hätte es den Menschen gar nicht gegeben.

      Das Freund-Feind-Gegenüber ist erloschen, das Bewusstsein ist auf dem Weg des stummen Erlöschens. Das Gewissen ist zerbrochen und hängt zerrissen zwischen den Rippen in der Prominenz der ultmativen Verdrängung von Atmung und Herzschlag in der geistigen Entblößung, was schmerzhafter ist als die körperliche Entkleidung.

      Diese Entblößung ist der letzte Differentialschritt der Auflösung durch Zersetzung des menschlichen Seins. Da hat auch der Zweifel jegliche Orientierung verloren, da sich nichts erkennen lässt, was dem Sein oder dem Nichtsein zuzuordnen wäre.

      Was für eine Wucht steckt in dem Gedicht

      Das Gedicht ist einsam, manchmal ist das Gedicht sogar schmerzhaft einsam. Es will unterwegs sein zu den Menschen, dabei stockt es und kehrt weinend zum Dichter zurück.

      Die Menschen hören gar nicht hin noch zu, sie sind mit handfesten Dingen beschäftigt, wofür man sich was kaufen kann. Diesen Menschen steht der Kopf nicht nach Worten, auch wenn sie an den Zeilenenden noch so schön gereimt sind.

      In schmerzhaften Fällen kommt das Gedicht zurück, und der Leser verlangt vom Dichter die Entschuldigung, dass er das Gedicht geschrieben und anderen Menschen vorgelesen oder zugeschickt hat oder in einem Gedichtsband drucken ließ. Der Dichter schaut fassungslos in den Spiegel und fragt sich mit faltiger Stirn, ob er noch derselbe ist wie jener, der das Gedicht verfasste.

      Der Dichter spürt in sich die Sprachverkürzung, dass ihm die Worte wegrutschen, und fasst sich schließlich sprachlos an den Kopf. Er wird zum Kettenraucher und greift zum Alkohol, denn er versteht die Welt nicht mehr. Furchtbare Träume schütteln ihn durch die Nächte, und er gibt das Schreiben auf, weil der Verstand ihm sagt, dass die Menschen seine Gedichte nicht verstehen und nicht lesen möchten.

      Er liest sein Gedicht und denkt über die Entschuldigung nach, die der Leser von ihm verlangt. Das Verlangen nach einer Entschuldigung geht ihm nicht aus dem Sinn, dass er schlaflose Nächte durchschwitzt und durchkämpft und an der Zwickmühle gedanklich verhakt, ob das Gedicht wirklich so schlecht ist, dass er für eines seiner besten hält.

      Dem Dichter fährt das Wort ‘Schizophrenie’ durch den Kopf, dass er sich einen Termin beim Psychologen geben lässt, da er sich nicht sicher ist, ob ihn so ein Ding der Spaltung bereits getroffen hat. Der Psychologe nimmt die Vorgeschichte und vertieft sich im Gespräch in die Persönlichkeit des Dichters. Auf die Frage, warum er dichtet und seine Gedichte den Menschen vorliest und zuschickt, antwortet der Dichter, dass es so, wie es mit dem Verfall der Bildung, Ehrlichkeit und Moral zugeht, es doch nicht weitergehen kann. Auf die Frage, warum er als Dichter so etwas tut, wenn doch die Menschen keinen Wert auf die Wahrheit und die gute Sprache legen, ist dem Dichter die Antwort entfallen.

      Diese Frage auf die Wertlosigkeit der Wahrheit und der Bildung kann der Dichter nicht beantworten. Ihm fehlt schlichtweg die Sprache für die Antwort zur Entgegnung des kulturellen und sprachlichen Verfalls. In der überdurchschnittlichen Geduld des Zuhörens, die als professionelle Geduld die besondere Beachtung und Hochachtung verdient, liest der Psychologe in mehreren Lesezügen das mitgebrachte Gedicht und ist von seinem Inhalt ergriffen. Er selbst spricht das Wort ‘begeistert’ aus, dass ihn beim Lesen das Gedicht getroffen hat.

      Da sich der Dichter weiter im Unklaren fühlt, als sei er auf dem Klärungs- beziehungsweise Aufklärungsweg steckengeblieben, dass keine Besserung bezüglich der Verständlichkeit eintrat, landet der Dichter schließlich in der Psychiatrie, wo ihm der Professor eine schwere Depression mit dem psychiatrischen Spiegel unterschiebt.

      Der Zweifel ist ausgeräumt, welch eine sprachliche Kraft und emotionale Wucht in dem Gedicht steckt, wofür Menschen, auch als Dichter, nicht davor zurückschrecken, sich das Leben zu nehmen.

      Die Rücksprache mit dem Verlangen nach mehr Aufklärung

      Der Schreiber des Gedichtes wird durch die Art des Schreibens dem anderen als Leser gegenüber zur personifizierten und mahnenden Leitgestalt. Es ist das treibende Motiv des Schreibens, auf die Zustände der Zeit mit dem allgemeinen Bildungsmangel und der Scheuklappensicht der Menschen mit der schon krankhaften Ichsucht, den sozialen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten und der Prominenz im Mangel an Menschlichkeit dem Mitmenschen gegenüber mit der erforderlichen Deutlichkeit hinzuweisen.

      Es ist das

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