Mörder im eigenen Dezernat. Denise Remisberger

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Mörder im eigenen Dezernat - Denise Remisberger

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bist eben ein sensibler Mann.»

      «Und das ist etwas Positives?»

      «Oh, ganz bestimmt. Vor allem für uns Frauen.»

      «Ich heisse Kaspar Senn.»

      Birke richtete ihr inneres Auge auf den Geist und sah den Ablauf seiner Ermordung in ihrem ganzen Zusammenhang in Form eines Bildes, das weitere Bilder in sich barg. Ihr wurde ein bisschen übel.

      «Ich heisse Birke.»

      «Ich brauche deine Hilfe, Birke, um meine Ermordung in ihrer Wahrheit kundzutun.»

      «Das ist eine Riesenaufgabe, mein Lieber.»

      «Ich weiss. Aber die Wahrheit ist das Wichtigste.»

      «Ja, die Wahrheit ist immer das Wichtigste. Ich helfe dir.»

      5

      Der Elektriker ist ziemlich gut aussehend, dachte Laura Peter, als die Firma, die sie angerufen hatte wegen ihrer Lampen, die alle an die Decke sollten, jemanden bei ihr zuhause vorbeischickte. Gross, schwarze kurze Haare und warme dunkle Augen.

      Laura reichte ihm den schweren Kronleuchter, der ins Esszimmer über den Tisch gehängt werden sollte, und schaute dem schönen Elektriker zu, wie er die Leiter erklomm und das Ungetüm an den bunten Kabeln, die aus der Decke hervorquollen, anschloss.

      In seiner Arbeitshose steckten mehr Schraubenzieher, als Laura je auf einmal gesehen hatte. Sonst war er eher wortkarg und schaute sie selten an. Sie schlich trotzdem immer hinter ihm her, auch auf die Gefahr hin, ihn zu belästigen. Schliesslich musste sie ihm zeigen, welcher Lüster in welches Zimmer kam.

      «Diese beiden hier würde ich auch gerne neu verkabeln lassen», sagte Laura in die Stille hinein und deutete auf ihre beiden Jugendstillampen, die provisorisch an der Wand befestigt waren. Die Kabel daran sahen aus wie vom Wetter zerzaust und waren ausserdem zu kurz für die nächste Steckdose, sodass Laura wegen zehn Zentimeter fehlenden Kabels extra ein ellenlanges Verlängerungskabel in die Ästhetik ihres Schlafzimmers hätte bugsieren müssen.

      «Die müsste ich mitnehmen und im Geschäft neu verkabeln, die sind zu speziell, und das nötige Material muss auch zuerst bestellt werden. Will heissen, ich muss wiederkommen.»

      Da er ihr den Rücken zudrehte, sah sie nicht, dass er lächelte. Seine Stimme war kontrolliert und verriet nichts.

      «Ja, natürlich, ist in Ordnung.»

      Auch Laura konnte ausgeglichen tönen, obwohl sie sich darüber freute, dass es noch nicht vorbei war.

      «Wie heissen Sie eigentlich?», wollte Laura wissen, als er eine Stunde später am Gehen war.

      «Trevor. Also, ich meine natürlich, Engelmann.»

      «Trevor Engelmann. Also, Trevor Engelmann, bis bald.»

      «Bis auf bald, ja.» Er lächelte schon wieder, doch diesmal sah sie es.

      6

      Birke drückte sich schlotternd in eine Hausecke gegenüber dem Gebäude der Kantonspolizei, das, passend, im Klosterareal der Altstadt zu finden war. Hier lebten sie auch nach strengen Regeln, die nicht ihre eigenen waren. Fremdbestimmt, sozusagen.

      Kaspar schwebte in ihrer Nähe, um auf seinen Mörder zu zeigen, sobald dieser endlich aus den Büroräumen herauskommen würde.

      «Da, das ist er. Dieser kugelförmige Zwerg dort mit der Hornbrille.»

      Heraus stampfte ein kleiner dicker Mann mit einer strähnigen Frisur auf einem halbkahlen Kopf, eingebettet in zwei heraufgezogene Schultern, mit einem nervösen, ständig das Territorium absuchenden Blick im aufgedunsenen Gesicht.

      «Du meine Güte!», rief Birke aus. «Und dem hast du vertraut?»

      «Ja, ich bin halt so. Ich weiss.»

      «Servus», rief jemand hinter dem Mörder-Fahnder her und wedelte mit einem Blatt Papier in der Luft herum.

      Der Rufer war eigentlich ein angenehmer Anblick: gerader Rücken, muskulös, aber nicht zu viel, eine grauweisse Lockenmähne, die ein interessantes Gesicht umwehte, eine grosse Nase, dichte Augenbrauen und gut sichtbare Wangenknochen. Mund und Augen aber hatten nichts Angenehmes: der Mund war ein dünner verkrampfter Strich, die Augen klein und der Ausdruck darin ein bisschen panisch. Immer voll der Angst, etwas einzubüssen, etwas, das er gar nie verdient hatte und darum auch nicht wirklich besass: die natürliche Autorität in einer Kaderposition.

      «Und der dort ist der Stellvertretende Polizeichef Nulbert Kies. Die beiden haben sich verbündet.»

      «Bei denen in der Aura haben sich ein paar kraterartige Risse gebildet», sandte Birke ihre Beobachtung in Gedanken an Kaspar.

      «Wenn ’s nur das wäre. Sie hecken etwas Konkretes aus, etwas Destruktives. Und es hat mit Beförderung zu tun. Ungerechtfertigter Beförderung, versteht sich.»

      Kaspar konzentrierte sich auf die Gedankengänge des Stellvertretenden Polizeichefs.

      «Nulbert Kies will Polizeichef werden und will dafür Servus Blom benutzen. Er hat ihm gerade versprochen, ihn zu seinem Stellvertreter zu machen, wenn es dann so weit sein wird. Und dann wollen die beiden hier aufräumen. Nicht nur bei der Kantonspolizei, sondern sie fantasieren auch darüber, gleich die ganze Stadt umzukrempeln. Ich sehe sie schon die Grabenhalle schliessen wegen zu rockiger Musik.»

      «So weit dürfen wir es wirklich nicht kommen lassen, Kaspar.»

      «Wir müssen den Polizeichef beschützen; auf den haben sie es zuerst und vor allem abgesehen.»

      7

      Auf dem Nachhauseweg nach ihrem Dienst radelte Laura Peter übers Kopfsteinpflaster, denn auf den St. Galler Strassen wurden sämtliche Fahrräder ignoriert. Irgendwie war es noch nicht ins allgemeine Autofahrerbewusstsein gedrungen, dass es sie überhaupt gab.

      Als Laura vor einem Monat, herkommend vom Bohl, am Café Seeger vorbei zum Bahnhof wollte, also geradeaus in einer Spur, in der auch rechts abgebogen werden durfte, wurde sie übersehen und musste händefuchtelnd ihren Weg erkämpfen, während die Ampel bereits auf Gelb umgeschaltet hatte. In anderen Städten befanden sich rechts auf der jeweiligen Spur die Velowege. Hier gab es sie nur stückweise. Durchgehend waren sie ausschliesslich in der Fussgängerzone auf den Pflastersteinen markiert, sodass die Einkaufstaschen der Lädelnden in den Speichen der Velos ihren Widerstand fanden.

      Aber um diese Zeit, drei Uhr morgens, hallte das metallene Geräusch von Lauras Fahrgestell die Wände der Altstadt hoch vor lauter Leere.

      Als sie um eine Ecke bog, fuhr sie beinahe über ein Paar Beine, das zu jemandem gehörte, der auf dem Boden, an eine Hauswand gelehnt, hockte. Das Kinn des Mannes war auf seine Brust gesunken.

      Laura riss einen Stopp, kniete sich neben den Mann und hob seinen Kopf an.

      «Gregor»,

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