Mörder im eigenen Dezernat. Denise Remisberger

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Mörder im eigenen Dezernat - Denise Remisberger

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      Der gab keinen Ton von sich.

      Laura rief einen Krankenwagen auf ihrem privaten Handy und wartete, bis er endlich kam, um dann hinter ihm her Richtung Kantonsspital zu radeln.

      Weit war es nicht, und bis sie dort ankam, hatten sie Gregor noch nicht mal auf die Intensivstation gelegt.

      «Sind Sie eine Verwandte?», quäkte ein Pfleger mit der Kaffeetasse in der Hand und einem gelben Wolljäckchen um die Schultern.

      «Geh’n Sie schlafen», rief ihm die hinter der Bahre hereilende Laura zu.

      Laura verkrümelte sich in eine Ecke des freudlosen Raumes, in dem der inzwischen leise stöhnende Gregor untersucht wurde.

      «Er hat eine Stichverletzung, junge Frau», kommentierte der Arzt, indem er sich kurz zu ihr umdrehte. «Allerdings geht sie nicht sehr tief. So wie der Mantel und der gefütterte Nierengurt des Opfers zerschnitten sind, hat sich der Herr hier noch rechtzeitig abgedreht, sodass das Messer, wahrscheinlich ein dünnes Stilett, abgerutscht ist. Nicht, dass er kein Blut verloren hätte, aber das Ärgste war der Schock, der ihn ohnmächtig werden liess, sodass er weder die Blutung stillen noch aus dieser Kälte in den nächsten Hauseingang kriechen und die Ambulanz hätte verständigen können. Sein Blutkreislauf scheint auch im Normalzustand schwach zu sein. Hätten Sie ihn nicht jetzt gefunden, Frau Peter, wäre er erfroren, noch bevor ihn all sein Blut hätte verlassen können.»

      8

      Als Gregor Bohlbrühl erwachte, war alles ungewohnt weiss. Weisses Bettzeug und weisse Wände ohne Bilder oder kostbare Schränke von vor ein paar Jahrhunderten, die den weissen Verputz auf angenehme Weise unterbrochen hätten. Und metallfarben. Bettgestell, Tischchen, beides metallen. Hier sah es aus wie in einem Spital. Also musste er sich wohl auch in solch einem befinden.

      Gregor Bohlbrühl versuchte, sich zu erinnern. Doch es kam ihm nichts in den Sinn. Ausser, dass er die Polizeiwache morgens um kurz vor drei Uhr verlassen hatte, um in seine Altstadtwohnung im obersten Stock zu laufen.

      Gregor Bohlbrühls Herkunft war nicht dieselbe wie die seiner Arbeitskolleginnen und -kollegen. Seine Mutter, Frau Professorin, und sein Vater, der ein Vermögen verdient hatte mit Public Relations, hatten seine Wahl, zur Polizei zu gehen, für ziemlich blöde gehalten.

      Er drückte einmal auf die Klingel über seinem Bett und wartete.

      «Was ist passiert?», fragte er die hereinkommende Schwester mit brüchiger Stimme.

      «Einen Moment bitte, ich hole den Doktor.» Und schon war sie wieder weg.

      Nach etwa einer Viertelstunde stand ein Mann neben seinem Bett, der einen weissen Kittel trug, mit schwarzen Haaren und einer schwarzen Hornbrille, und der sein Sohn hätte sein können.

      «Was ist passiert?», wiederholte Gregor Bohlbrühl mit böser Vorahnung.

      «Sie sind überfallen worden. Jemand hat versucht, Sie zu erstechen. Der Mordversuch ist aber misslungen.»

      «Nicht so schnell, junger Mann», lächelte Gregor, «da müssen erst Beweise her.»

      «Na hören Sie mal. Sie verbluten fast und erfrieren beinahe und liegen jetzt hier in diesem Zimmer und wollen noch mehr Beweise? Hätte Sie Frau Peter nicht sofort gefunden, wären Sie jetzt schon tot.»

      «Frau Peter? Laura hat mich gerettet? Oh. Wo ist sie denn?»

      «Soviel ich mitbekommen habe, ist sie heute Morgen um acht Uhr mit angsterregendem, äusserst grimmig entschlossenem Gesicht aus diesem Zimmer hinausmarschiert, um diesen Fall hier zu lösen, obwohl sie gar nicht im zuständigen Dezernat arbeitet.»

      «Oh. Und ich kann mich an keinen Überfall erinnern.»

      «Das ist nur psychisch. Ihr Kopf ist unverletzt.»

      «Mein junger Herr Doktor, der Körper in allen Ehren. Aber mein Lebensalter hat mich gelehrt, dass die Psyche den Menschen ausmacht. Wenn die Schaden nimmt, kann das ganze Leben aus sein. Wenn die Psyche angegriffen ist, geht der ganze Mensch zu Grunde. Vielleicht langsamer, aber völlig unentdeckt. Und dann wirkt sich ein psychisches Problem auch noch psychosomatisch aus. Und die Überwindung, diesen Sog in die Tiefe zu stoppen, ist wohl das Allerschwierigste auf der Welt.»

      9

      Trevor Engelmann wusste beim besten Willen nicht, wie er Frau Peter anbaggern sollte, ohne Gefahr zu laufen, seinen Job zu verlieren, denn schliesslich war Frau Peter eine Kundin. Als er nun in ihrer Türe stand, mit den neu verkabelten antiken Lampen in einer offenen Kiste, sagte er kein Wort, sondern schaute Frau Peter nur an.

      Laura Peter fühlte sich gleich wunderbar, denn Trevor Engelmann schenkte ihr einen nie mehr aufhören wollenden Blick, der irgendetwas mit seinem Herzen zu tun haben musste.

      «Kommen Sie doch herein, Herr Engelmann.»

      Laura zeigte ihre Freude über das Wiedersehen deutlicher, als ihr lieb war, und führte ihn ins Schlafzimmer, wo die Lampen halt hinmussten.

      Beide vermieden es kategorisch, zum Bett hinüberzuschauen, und fanden es schwierig, die richtigen Worte zu finden, um ein Gespräch zu beginnen. Die Situation wurde richtig peinlich, doch ging Laura weder in ein anderes Zimmer, noch beeilte sich Trevor Engelmann mit dem Zusammenschrauben der Lampen. Ganz im Gegenteil: Das Ganze dauerte volle zwei Stunden, was Trevor Engelmann später seinem Chef so gar nicht erklären konnte.

      10

      Nachdem Polizeichef Gregor Bohlbrühl eine Stunde bei sich zuhause in seinem geliebten Schaukelstuhl gesessen hatte und den vertrauten Anblick aus seinem einen Wohnzimmerfenster auf sich wirken gelassen hatte, konnte er sich langsam entspannen und sich auch zuhause fühlen.

      Er griff in sein holzgeschraubtes Schränkchen, das praktischerweise neben dem Schaukelstuhl auf einer kurzen Bank platziert war, und holte seine Appenzeller Krummpfeife, einen Topf, gefüllt mit erlesenem Tabak, und ein Stopfinstrument daraus hervor, um endlich wieder zu rauchen. Inzwischen erinnerte er sich zwar wieder an den Überfall, doch eigentlich hatte er gar nichts mitbekommen. Fast zeitgleich hatte er jemanden hinter sich und einen scharfen Stich, der sich in eine Rissspur verwandelt hatte, da er sich instinktiv abgedreht hatte, gespürt und eine vermummte Gestalt mit etwas Funkelndem in der Faust wahrgenommen, die weggerannt war.

      Die Tatwaffe auf alle Fälle war nicht liegen gelassen worden.

      11

      Pierre Slagovic, halb Franzose, halb Kroate, eingebürgert in der Schweiz seit seiner Volljährigkeit, besass, trotzdem, dass er bei der Polizei arbeitete oder gerade deswegen, eine blühende Fantasie. Dieser Umstand würde ihm nicht gerade zu einer grossartigen Beförderung verhelfen, doch durfte er sein kreatives Potential wenigstens ausleben im Dienst.

      Pierre Slagovic wurde dazu abberufen, E-Mails an verdächtige Personen zu senden, aber nicht etwa unter der Adresse der Kantonspolizei St. Gallen, sondern unter diversen gefälschten Namen, die ihm zugeteilt wurden. Diese Falschadressen fand er zwar ein bisschen einfallslos, so wie zum Beispiel die auf [email protected] lautende, aber

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