Weihnachten unter Männern. Tilman Janus

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Weihnachten unter Männern - Tilman Janus

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mich dann aus seinen dunklen Augen an. »Ich mag dich … sehr!«, sagte er fast unhörbar.

      Meine Knie wurden so gummiartig wie die eines Vierzehnjährigen. »Ich dich auch!«, gab ich sehr leise zurück. »Aber … deine Frau …«

      Er blickte mich so verliebt an, dass ich ihn auch mit hundert Frauen akzeptiert hätte. »Ich hab doch gar keine Frau! Das Bild in meiner Brieftasche … das ist eine Unbekannte. Ist nur so … damit ich meine Ruhe vor den Mädels habe.«

      Das Weihnachtsbuffet schien plötzlich abzuheben und zu fliegen, und ich mit ihm und Carsten auch, weg, in ein neues Leben. Ich nahm ebenfalls Hasenfilet mit roten Preiselbeeren, und wir aßen gemeinsam und sahen uns dabei tief in die Augen.

       * * *

       Aus: Tilman Janus: Mein schwules Jahr

       Weihnachten auf dem Land

      Die Sache passierte am Morgen von Heiligabend. In der Nacht hatte es Frost gegeben. Deshalb hatte mein Vater zusammen mit meinen Brüdern am Vorabend alle unsere Rinder in die Ställe getrieben. Meistens ist es im Dezember noch nicht so kalt, deshalb waren unsere Tiere noch auf der Weide gewesen. Die große Kälte würde erst im Januar kommen.

      Wir züchten Fleischrinder, und zwar für Bio-Fleisch. Unsere Kühe leben noch ganz natürlich, und sie werden auch nicht künstlich besamt, sondern werden richtig von einem Stier gedeckt. Auch die Kälber dürfen auf der Wiese rumlaufen und müssen nicht in irgendwelchen Mastboxen vegetieren. Wir haben oft Besucher auf unserem Bauernhof. Denen zeige ich dann, wie gut es die Tiere bei uns haben. Ich mache immer den Fremdenführer, obwohl ich erst achtzehn bin. Ich habe noch vier ältere Brüder, und alle arbeiten in unserem Betrieb mit. Mutter hilft auch noch, obwohl sie schon mit dem Kochen und dem Haus genug zu tun hat. Trotzdem schaffen wir die ganze Arbeit kaum.

      Früher hatten wir Milchkühe, aber seitdem die Milchpreise immer weiter sanken, hat mein Vater umgestellt. Unser zartes Steak ist ein Renner geworden. Wir halten rotbraune, echt argentinische Rinder, darauf ist mein Vater sehr stolz. Am allerstolzesten ist er auf unseren Bullen Kasimir. Der ist ein richtiger Muskelberg. Kasimir trägt einen Nasenring, ohne den könnte man ihn gar nicht dirigieren. Er hat ganz schön große Hörner und einen riesigen, langen Hodensack. Alle Kälber, die wir aufziehen, sind die Kinder von Kasimir. Er ist einfach immer geil und kaum zu halten, wenn er eine Kuh sieht. Deshalb steht er im Winter auch in einem der Ochsenställe, im Kuhstall wäre sonst ständig Unruhe. Kasimir springt aber auch auf Ochsen an, wenn man ihn lässt, hab ich bemerkt. Ich würde ihn ja lassen, warum soll Kasimir nicht auch mal Spaß haben. Aber Vater mag das nicht.

      In der kalten Jahreszeit lassen wir die Kühe, Kälber und Ochsen am Tage immer aus den Ständen in einen großen Laufstall. Dadurch bewegen sie sich viel, und das Fleisch wird nicht so fett und schwammig. Ich bin für den kleinsten Kälberstall zuständig, wenn ich nicht zur Berufsschule muss.

      An dem Morgen war ich fast fertig mit dem Rauslassen der Kälber, als ich plötzlich eine Bewegung auf dem Heuboden sah. Erschrocken starrte ich nach oben.

      »He, hallo! Wer ist denn da?«, rief ich.

      Ein verwuschelter Lockenkopf tauchte aus dem Heu auf.

      »Hallo!«, sagte ein Fremder und guckte verlegen von oben herunter.

      »Was suchst du hier?«, fragte ich und versuchte streng zu sein. Die Rinder sind viel wert, und mein Vater achtet immer darauf, dass sich niemand Fremdes in den Ställen einnistet. Man weiß ja nie.

      »Es war so kalt draußen heute Nacht«, sagte der Unbekannte. Langsam tauchte er ganz aus dem Heu auf und kletterte die Holzleiter zu mir herunter. Er war noch ganz jung, ungefähr so alt wie ich, aber etwas größer. Seine Jeans waren zerrissen, und das fleckige, rote Sweatshirt, das er trug, hatte auch schon bessere Tage gesehen. Trotzdem wirkte er nicht wie ein Penner, sondern eher so, als ob er noch vor ein paar Wochen ein richtiges Zuhause gehabt hatte. Er war sehr schlank, und eigentlich sah er ziemlich hübsch aus. Er hatte braune Augen mit ganz langen Wimpern und lockige, braune Haare, in denen jetzt lauter Heuhalme steckten.

      »Mein Vater will nicht, dass hier im Stall Leute übernachten«, sagte ich.

      »Entschuldige. Ich hab nichts anderes gefunden.« Er klopfte den Staub aus seinen Sachen.

      »Hast du keine Familie?«, fragte ich neugierig. Er gefiel mir irgendwie, und ich beschloss, den anderen nichts zu sagen.

      Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hab nur einen Vormund, und der wollte mich in ein Erziehungsheim stecken. Deshalb bin ich weg.«

      »Und hast du denn gar nichts bei dir zum Anziehen?« Ich wunderte mich wirklich ein bisschen, im Winter ohne Jacke und so.

      »Ich hab ein kleines Bündel, liegt noch oben im Heu.« Er streckte und reckte sich und fuhr mit den Händen über sein Gesicht, als ob er sich trocken waschen wollte. »Ihr habt doch Kühe. Ob ich bitte ein bisschen Milch haben könnte?«

      »Die geben keine Milch, wenn sie keine kleinen Kälber haben. Ich hol dir was zum Frühstück.«

      »Dankeschön! Aber …«, er sah mich mit großen Augen an, »sag bitte deinen Eltern nichts. Wenn die Polizei mich findet, muss ich ins Heim.«

      »Schon okay!«

      Ich ließ die letzten Kälber in den Laufstall und setzte mich dann Richtung Haus in Trab. Mutter war gerade in der Waschküche und sah mich nicht. Schnell packte ich Brot, ein Stück Leberwurst, etwas Käse, eine Flasche Apfelsaft und ein Stück Kuchen zusammen und lief wieder zum Stall.

      »Wie heißt du?«, fragte ich ihn, als ich ihm sein Frühstück gab.

      »Tom!«, sagte er und stürzte sich hungrig auf das Essen. »Danke! Ist wirklich nett von dir!«

      Ich kicherte.

      »Lustig! Ich heiße Tim! Meine Mutter schwärmte für „Tim und Struppi“ damals.«

      Tom lächelte mich an. Er war wirklich sehr hübsch. Herzhaft biss er in das Brot und die Wurst. Er hatte schöne, kräftige Zähne. Seine Lippen schlossen sich weich um das Wurstende.

      »So ein tolles Frühstück hatte ich schon lange nicht mehr.« Er wischte sich die Finger an seinem Sweatshirt ab. »Vielleicht kann ich dir was helfen, als Gegenleistung?«

      »Ja, wenn du Lust hast … Ich muss die Stände ausmisten und dann neues Stroh aufschütten und die Futterkrippen füllen für den Abend.«

      Tom half mir, und er stellte sich ganz gut an. Obwohl er so schlank wirkte, hatte er Kraft in den Armen und schwenkte die Mistgabel wie ein gelernter Landwirt. Dadurch war alles viel schneller fertig, als wenn ich es alleine hätte machen müssen.

      »Hast du schon mal auf dem Land gearbeitet?«, fragte ich ihn, als wir uns zusammen auf einen Heuballen setzten und ausruhten.

      »Ja, wenn ich mir ein bisschen was verdienen wollte. Es macht mir auch Spaß, auf einem Bauernhof zu arbeiten. Ich mag die Tiere.«

      »Gehst du nicht zur Schule?«

      »Im Augenblick nicht«, meinte Tom verlegen. »Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann ja nicht ewig so herumziehen.

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