Weihnachten unter Männern. Tilman Janus

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Weihnachten unter Männern - Tilman Janus

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brauchen«, überlegte ich laut.

      Er zuckte mit den Schultern.

      »Wenn ich länger irgendwo bin, kommt bestimmt irgendwann die Polizei drauf«, murmelte er mutlos.

      Ich wusste auch keinen Rat. Wir saßen stumm nebeneinander auf dem Heuballen im leeren Stall. Es gefiel mir, so dicht neben ihm zu sitzen. Ganz unauffällig rückte ich noch ein kleines Stück näher an ihn heran. Er wandte mir plötzlich das Gesicht zu und lächelte. Ich fand sein Lächeln aufregend. Überhaupt fand ich ihn aufregend. Ich hätte mich so gerne an ihn gekuschelt. Ich hatte ganz vergessen, dass ich noch bei Vater im größten Stall mithelfen musste, wo die Mutterkühe standen.

      Plötzlich stand mein Vater im Eingang, stemmte die Hände in die Hüften und guckte mich vorwurfsvoll an. Vater ist ein richtiger Hüne, wirklich zum Fürchten, wenn man ihn nicht kennt. Ich zuckte zusammen, und Tom neben mir erstarrte vor Schreck.

      »Wo bleibst du denn, Tim?«, donnerte Vater los. »Du sitzt hier faul herum? Und wer ist das da?« Er deutete auf Tom, der mit seinen abgerissenen Sachen bestimmt nicht sehr vorteilhaft wirkte.

      »Tom … ein … ein Freund!«, stotterte ich.

      »Seit wann hast du einen Freund? Und wie sieht der aus? Du weißt, dass ich es nicht dulde, dass Obdachlose in den Ställen Unterschlupf suchen. Also raus mit dir, Junge!« Er kam langsam auf Tom zu, bedrohlich wie ein Riese. Tom kroch in sich zusammen.

      »Bitte, lass ihn doch bei uns arbeiten!«, bat ich. »Wir brauchen doch noch jemanden hier. Und Tom hat mir eben schon geholfen. Er kann das gut!«

      »Schluss und aus!«, schnauzte Vater. »Penner können wir hier nicht gebrauchen! Und du komm jetzt endlich, Tim!«

      Ich musste mit. Ich warf Tom noch einen Blick zu, als er aufstand und langsam zum Stalltor ging. Plötzlich war mir, als ob mein bester Freund weggehen sollte. Ich kannte ihn erst so kurz … trotzdem! Mir wurde ganz komisch im Bauch, als Tom nach draußen verschwand. Es war, als ob da ein Loch gerissen worden war. Ich musste mich wohl in ihn verliebt haben, ohne dass ich es gemerkt hatte.

      So lange ich denken konnte, hatte ich mir einen Freund gewünscht, einen Jungen ganz für mich alleine. Fast jede Nacht träumte ich, dass mich dieser Freund nackt in den Armen hielt. Ich spürte seine warme Haut und seine zärtlichen Hände. Seine harte Männlichkeit drückte sich an meine, und jedes Mal ging dann eine feuchte Ladung in meine Pyjamahose. Wenn ich aufwachte, hatte ich immer noch mehr Sehnsucht als vorher.

      In dem Moment, als Tom verschwunden war, wusste ich, dass er so war, wie ich mir einen Freund wünschte. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass er vielleicht keine Jungs mögen könnte. Ich spürte einfach, dass er so war wie ich, ich wusste nicht, warum. Ich hätte am liebsten geheult. Traurig schlich ich hinter Vater her.

      Wir liefen über den Hof zum Mutterkuhstall. Tom war verschwunden.

      Dann ging alles plötzlich ganz schnell. Ich sah Tobias, meinen ältesten Bruder, mit bleichem Gesicht im Hof stehen. Mutter, mit einem Wäschekorb vor dem Bauch, starrte entsetzt in meine Richtung. Vater, der ein Stück voraus war, drehte sich um und schlug die Hand vor den Mund. Und dann bekam ich es endlich mit – Kasimir, unser riesiger Bulle, stürmte hinter mir ganz allein über den Hof!

      Er musste sich aus Tobias’ Hand losgerissen haben, denn die dünne, eiserne Führstange hing noch an seinem Nasenring. Gerade da ratterte ein LKW mit leeren Milchkannen über die Landstraße vor unserem Tor und verursachte einen ohrenbetäubenden Krach. Kasimir warf sich in Panik herum und wollte wohl in seinen Stall zurück. Leider stand ich genau in seiner Bahn!

      Der riesige Fleischberg raste auf mich zu. Ich hörte sein gereiztes Schnaufen und sah schon die blutunterlaufenen Augen dicht vor mir. Ich wollte wegspringen, doch vor Angst stolperte ich und stürzte. Der Boden bebte unter den stampfenden Hufen. Ich lag da wie gelähmt.

      Da sprang wie ein Schatten ein Junge hinter einer Mauerecke vor, erwischte den wilden Stier am Schwanz und zog kräftig daran. Es war Tom!

      Kasimir wendete, dass der Staub hoch aufstiebte. Er fixierte Tom. Seine Flanken hoben und senkten sich, Schaum lief ihm aus dem Maul.

      Blitzschnell sprang Tom auf Kasimirs Kopf zu, todesmutig, und fasste nach der kurzen, eisernen Führstange am Nasenring.

      Kasimir brüllte auf – und dann ließ er sich unter wütendem Schnauben abführen.

      Vater ging auf Tom zu und nahm ihm die Führstange mit Kasimir dran aus der Hand. Ich stand langsam vom Boden auf. Ich sah Vaters Augen, aus denen er Tom ansah – mit schlechtem Gewissen und unendlich dankbar.

      Die übrige Familie umringte uns. Mutter drückte mich an sich. Ich aber hatte nur Augen für Tom. Da drückte Mutter auch ihn an ihren üppigen Busen.

      »Darf Tom hier bleiben?«, fragte ich.

      Vater nickte nur.

      Am Abend saßen wir alle um den schön geschmückten Weihnachtsbaum herum, die Eltern, meine Brüder, ich – und Tom! Es war beschlossene Sache, dass er bei uns bleiben sollte. Vater wollte sich gleich nach den Feiertagen persönlich um den Behördenkram kümmern, damit er nicht mehr ins Heim käme. Ich war so glücklich wie noch nie.

      Tom saß sauber gebadet da und trug Sachen von mir. Er sah wunderschön aus. Seine braunen Augen glänzten, in seinen Pupillen spiegelten sich die Kerzenflammen vom Weihnachtsbaum.

      Es gab Gänsebraten und Klöße. Mutter verteilte die Geschenke. Auch für Tom hatte sie noch etwas organisiert. Es war das erste Mal, dass mir die Geschenke nicht so wichtig waren. Ich wartete nur darauf, dass es Nacht werden würde, denn Tom sollte in meinem Zimmer wohnen!

      Endlich war es so weit. Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich mit Tom die hölzerne Treppe bis zu meiner Dachkammer hinaufstieg. Ich war so aufgeregt. Wie sollte ich anfangen? Sollte ich ihm einfach sagen, dass ich ihn gern hatte?

      »Ich bin so froh heute!«, sagte Tom, als wir im Zimmer angekommen waren. »Mein schönstes Weihnachtsfest! Danke noch mal für alles, Tim!«

      »Und ich erst! Und danke, dass du mich gerettet hast!«

      Tom schüttelte den Kopf. »Das war doch nichts Besonderes. Kasimir hätte dich schon nicht zertrampelt. Ein Tier weicht immer aus, wenn es kann.«

      Ich musste jetzt etwas tun. Ganz leicht legte ich meine Hand auf seinen Arm. Tom lächelte mir zu. Sein braunes, frisch gewaschenes Haar schimmerte im Schein der kleinen Nachtischlampe.

      »Ich … mag dich!«, flüsterte ich so leise, dass er es kaum hören konnte.

      Doch er hörte es. Sein Gesicht wirkte auf einmal abweisend, beinahe erschocken.

      »Das darfst du nicht sagen!«, flüsterte er.

      Es tat schrecklich weh. Er wollte mich nicht! Bestimmt mochte er doch lieber Mädchen. Und ich hatte mich geoutet!

      Rasch wandte ich mich ab. Er sollte nicht sehen, wie enttäuscht ich war.

      Wir schwiegen beide.

      Nach einer Weile sage er leise: »Wenn deine Eltern es merken … dann schicken sie mich wieder fort!«

      Ich drehte mich zu ihm um. Mir wurde heiß.

      »Willst

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