Chicago Affair. Niko Arendt
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„Wo schlafen Sie heute Nacht?“, fragte der Brünette unschuldig. „Soll ich Sie irgendwo absetzten?“
„Ich bin selbst mit dem Auto da.“
„Und der Tank ist bestimmt leer.“
Woher weiß er das bloß? Es war nicht schön, wie dieser Mann ihn durchschaute, während Sean nicht die blasseste Ahnung hatte. Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen. Bourdain war ihm unheimlich.
Mit der freien Hand, die teilnahmslos an seiner Seite heruntergehangen hatte, strich Bourdain über Seans Brust, dem die Nackenhaare zu Berge standen. Sean schielte zu seinem Auto.
„Nein“, sagte er unsicher. Es hörte sich nach einer Frage und nicht nach einer Aussage an.
„Schwach“, konterte Bourdain und mit einem Mal wurde die Situation todernst. „Sie sind erbärmlich. Wenn Sie sich wenigstens das eingestehen würden. Ihre Frau hat Sie ganz schön unter dem Pantoffel, wenn Sie hier auftauchen mit der ernsthaften Absicht auf meine Forderungen einzugehen. Sie haben nicht die Courage ihr die Meinung zu sagen. Aber auch nicht die Gelassenheit, um sich von ihrem Boss vögeln zu lassen. Entscheiden müssen Sie sich aber irgendwann.“
Bourdain wirkte richtig außer Atem.
„Gehen Sie nach Hause, Mr. Grandy. Kommen Sie wieder, wenn Ihnen ein paar Eier gewachsen sind.“
Ein widerlicher, pelziger Geschmack belegte Seans Zunge, während sein Magen revoltierte, als habe er Gift getrunken. Bourdains dunkle Gestalt wurde kleiner. Dann war sie vollkommen aus seinem Blickfeld verschwunden und nur das Echo seiner Berührung blieb warnend zurück.
Kapitel 3
Zerknittert, mit stechenden Rückenschmerzen und steifem Nacken erwachte Sean mit den ersten Sonnenstrahlen. Die Autotür öffnete er unter erheblichen Anstrengungen, hievte den linken Fuß heraus und ließ den Rest von sich herausfallen wie überreifes Obst. Zu mehr war er nicht in der Lage.
Der Asphalt war kalt und binnen weniger Sekunden spürte Sean Nässe durch sein Jackett und seine Hose dringen. Es musste nachts geregnet haben. Er konnte sein Glück kaum fassen. Wenn er schon mal hier unten war, sollte er sich vielleicht gleich auch das Gesicht in der Pfütze waschen.
Stöhnend richtete er sich auf und versuchte den groben Schmutz mit den Händen abzuklopfen, was die feuchten Flecken aber nicht schöner machte. Sein Haar stand wild von seinem Kopf ab, während tiefe Augenringe seine Verwandtschaft zu den Pandabären vermuten ließ. Rote und weiße Striemen zeichneten sich auf seiner Wange ab, da er die ganze Nacht auf irgendwas gelegen hatte, das einen deutlichen Abdruck auf seinem Gesicht hinterlassen hatte.
Sean streckte den Rücken durch, spürte die Wirbel einrasten, dann zog er einmal kräftig an seinem Jackett und machte sich selbstbewusst Richtung Eingangstür. Dort stellte er fest, dass sein Code bereits gesperrt worden war. Niedergeschlagen ließ er den Kopf hängen. Er hatte vor allen anderen ins Büro gehen wollen, damit keiner seinen erbärmlichen Zustand bemerkte. Bourdain war sicherlich schon dort.
Unsicher blickte er durch die Scheibe in die Eingangshalle. Bis auf ein paar Wachmänner, war es noch ausgestorben. Vergeblich versuchte er ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und ihnen pantomimisch zu zeigen, dass er seine Karte vergessen hatte. Sie bemerkten ihn nicht.
Eine unerwartete Berührung an seiner Schulter ließ ihn hochschrecken.
„Was machen Sie hier?“, fragte eine zaghafte Frauenstimme leise.
Sean wirbelte herum. Vor ihm stand eine schlanke junge Brünette in einem grauen Kostüm. Sie saß drei Blöcke von ihm entfernt. Ihr Name war…
„Nancy?“, fragte er unsicher.
„Ja. Sie kennen mich?“
„Ich bin’s. Sean Grandy.“ Sean strich sich durchs Haar und hoffte, dass sie ihn wiedererkennen würde. Einige verhängnisvolle Sekunden verstrichen, in denen sie ihn interessiert musterte.
„Wurden Sie überfallen?“
Sean wollte gerade abwinken, als er sich eines Besseren besann. „Ja. Und die Schweine haben mir auch meine Schlüsselkarte geklaut. Ich muss in mein Büro, um den Zweitschlüssel fürs Auto zu holen. Nachdem sie erkannt haben, was das für eine Rostlaube ist, hatten sie keine Motivation mehr es zu klauen. Die Schlüssel wiedergegeben haben sie mir aber nicht.“
„Oh mein Gott, Sie Ärmster. Wie lange stehen Sie denn schon hier? Haben Sie die Polizei informiert?“
„Das werde ich. Ganz sicher. Aber ich würde doch gerne nach Hause fahren und mich ein wenig frisch machen.“
„Das kann ich verstehen.“ Ihr skeptischer Blick durchbohrte ihn. Er hoffte, dass ihre Gutmütigkeit ausreichen würde, um seiner lahmen Lüge Glauben zu schenken. Das tat sie.
Bevor die Sicherheitsleute ihn bemerken konnten, schlüpfte Sean unauffällig durch die Tür zum Treppenhaus.
Im zweiten Stock verließ Sean das Treppenhaus und nahm den Lift nach oben in die Chefetage. Mit Erschrecken stellte er das Ausmaß seiner nächtlichen Schlafaktion im Auto fest. Aus der verspiegelten Innenverkleidung des Lifts blickte ihm ein Mann entgegen, den er selbst kaum wiedererkannte. Vergeblich versuchte er seine Haare mit etwas Spucke platt an seinen Kopf zu drücken, aber die widerspenstigen Strähnen weigerten sich ihm zu gehorchen.
Das unheilvolle Zing! des Fahrstuhls signalisierte, dass er angekommen war. In der Hölle. Sean atmete zwei Mal tief ein und aus, dann betrat er den Flur.
Augenblicklich flog der Kopf der Sekretärin im Vorzimmer hoch. Noch war praktisch niemand im Gebäude und schon gar nicht unterwegs zum Chef, um ihn gleich morgens zu stören. Bei seinem Anblick rutschte ihr die Brille von der Nase. Sie wirkte wie ein Geier, der gerade ein Stück Aas erblickt hatte. Sean schaffte es ganze drei Meter weit zu kommen, als sie hinter ihrem Schreibtisch hervorsprang und ihm den Weg versperrte.
„Wo wollen Sie denn hin, Mr. Grandy? Sie haben nach Ihrer Kündigung keinerlei Befugnis sich in diesem Gebäude aufzuhalten.“
Sie wusste davon. Selbstverständlich. Schließlich war sie Bourdains persönliche Sekretärin. Aber sie würde kein Hindernis darstellen, dachte er zumindest. Leider irrte er auch diesmal.
Erfolgreich hielt sie ihn mit vollem Körpereinsatz davon ab, sich zur Tür des Büros vorzuarbeiten. Ihre Rechte umschlang seinen Oberarm, während sie übers Headset den Sicherheitsdienst verständigte. Er hatte nur noch wenige Minuten, bevor er sich mit schmerzenden Gliedern auf der Straße wiederfinden würde.
Grob stieß er ihr seinen Ellenbogen in die Brust, was nicht besonders gentlemanlike war, aber ihm gingen die Optionen aus. Schnell riss er die Bürotür auf und wollte gerade im Raum dahinter verschwinden, als die Tür zurückfederte und krachend ins Schloss fiel. Sean spürte den Schlag der Vollholztür an der Wange. Zu seinem Pech hatte er sich gerade nach der Sekretärin umgesehen. Benommen taumelte er zurück.
Im Hintergrund hörte er die schweren Schritte des Sicherheitsdienstes im Flur widerhallen. Nur