Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt. Fritz Krafft

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Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt - Fritz Krafft marixwissen

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von griechischem Denken und griechischer Kultur geprägten Harran, dem griechischen Hellenopolis, durch verschiedene Kulturen geprägt, sich nach einem gründlichen mathematisch-philosophischen Studium in Bagdad mit seinen griechischen, syrischen und arabischen Sprachkenntnissen den sogenannten ›Drei Brüdern‹, den Söhnen des Musa Ibn Schakir, zur Verfügung stellte, die in Bagdad eine Übersetzerschule unterhielten. Thabit ibn Kurra übersetzte hier die Werke griechischer Mathematiker, verfasste aber auch eigene Werke zu Medizin, Mathematik und Astronomie auf der Grundlage der selbst übersetzten und noch nicht übersetzter griechischer Schriften.

      Alhazen ging dann in seinen Schriften erstmals verstärkt kritisch mit diesem Wissen um und gab den physikalischen Wissenschaften damit neue Impulse. In starkem Maße führte er auch das (qualitative) Experiment in seine Physik ein und bewies mittels genial erdachter und durchgeführter Versuche, dass die Erklärungen des Aristoteles nicht immer mit den Naturerscheinungen selbst übereinstimmten. Sein Hauptinteresse galt der Optik: Er hatte eine bessere Kenntnis vom Bau des Auges und vom Sehvorgang als seine Vorgänger, kannte die vergrößernde Wirkung von Linsen, untersuchte die sphärische Aberration und versuchte erstmals, aus der Dauer der Dämmerung, also aus dem Stand der Sonne unter dem Horizont während der letzten Dämmerungserscheinung, die Höhe der lichtbrechenden Lufthülle, später von Willebrord Snellius ›Atmosphäre‹ genannt, zu berechnen. Seine ›Große Optik‹, in der seine neuen Erkenntnisse mit dem antiken Wissen zu einem Handbuch vereint waren, wurde zusammen mit dem Werk über die Dämmerungsdauer, dem ›Liber de crepusculis et nubium ascensionibus‹, gegen Ende des 12. Jahrhunderts in Spanien, wahrscheinlich von Gerhard von Cremona an der Übersetzerschule von Toledo, ins Lateinische übersetzt und 1572 unter dem Titel ›Opticae thesaurus Alhazeni‹ von Friedrich Risner auch gedruckt herausgegeben. Besonders in der Bearbeitung von Roger Bacon und dem schlesischen Optiker Witelo beeinflusste sie stark die abendländische Optik bis hin zu Johannes Kepler.

      Einen ähnlich nachhaltigen Einfluss übten die kosmologischen Ansichten Alhazens aus, denen zufolge die Planetenbewegungen durch das Zusammenwirken mehrerer fester, undurchdringlicher Äthersphären entstehen, wozu er Vorstellungen, die Ptolemaios abweichend von dem System homozentrischer Äthersphären des Aristoteles für ein mechanisches ›Planetarium‹ entwickelt und Thabit Ibn Kurra ausgearbeitet hatte, zu physischen umformte. Diese nicht, wie bei Aristoteles, konzentrisch, sondern entsprechend den mathematischen Modellen unterschiedlich begrenzten Äthersphären gingen dann als ›physikalische‹ Erklärung der Elemente der mathematischen Astronomie in die ›Theoricae planetarum‹ des lateinischen Mittelalters ein, die, parallel zur mathematischen Astronomie der Sphärik tradiert, die astronomischen Vorstellungen bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts mit prägten. Verständlich wird daraufhin, dass Alhazen die ptolemaiische ›Ausgleichsbewegung‹ als unphysikalisch ablehnte und darin eine ungebrochene, aber kaum konsequent bedachte Tradition begründete, die letztlich zwar auf die Kritik von Ptolemaios’ Zeitgenossen Sosigenes zurückgriff, aber bis hin zu Nicolaus Copernicus fortlebte, dessen Ziel ja eine Astronomie ohne dieses Manko ptolemaiischer Astronomie war.

      Averroës

      (eigentlich Abu-l Walid Muhammad Ibn Ahmad Ibn ­Muhammad Ibn Roschd)

      (* 1126 Córdoba, † 10. 12. 1198 Marrakesch [Marokko])

      Ibn Roschd, im lateinischen Mittelalter lateinisiert zu Averroës, studierte Rechtswissenschaft und Medizin in seiner Vaterstadt Córdoba auf der Iberischen Halbinsel, deren südliche Hälfte seinerzeit zum Maurenreich gehörte. 1153 hielt er sich in Marrakesch, der Residenz des Kalifen Abu Jakub Jusuf, auf; 1169 wurde er selbst Kadi in Sevilla und zwei Jahre später in Córdoba, wo auch sein Vater und Großvater Kadi gewesen waren. 1182 ­berief Jusuf Averroës als Leibarzt nach Marrakesch, doch entließ er ihn – vermutlich bereits auf Drängen orthodoxer Theologen – rasch wieder. Auch bei Jusufs Nachfolger Jakub al-Mansur stand Averroës anfangs in hoher Gunst; beide Almohadenherrscher waren Förderer von Philosophie und Wissenschaft. Um so mehr verwundert es, dass der Philosoph schon bald in Ungnade fiel und um 1195 nach Lucena, einen kleinen Ort bei Córdoba, verbannt wurde; dies war jedoch offensichtlich ein Zugeständnis al-Mansurs gegenüber den spanischen Theologen, die orthodoxer als die afrikanischen Muslime und in hohem Maße intolerant waren und Averroës wegen angeblicher Koranfeindlichkeit seiner Philosophie mehrfach angeklagt und verhört hatten. Der Kalif hatte nämlich gleichzeitig die Verbrennung der Bücher des Philosophen mit Ausnahme seiner Schriften zur Heilkunde, Arithmetik und elementaren Astronomie befohlen und einen Glaubenskrieg gegen die Christen in Spanien geführt. Nach Marrakesch zurückgekehrt, hob der Kalif auch den Verbannungsbefehl auf und rief Averroës an seinen Hof zurück. Die wiedererlangte Gunst konnte dieser jedoch nur kurze Zeit genießen.

      Trotz der Arbeitsbelastung verfasste Averroës während seiner Richtertätigkeit seine bedeutendsten Werke, unter anderen ausführliche Kommentare zu sämtlichen Schriften des Aristoteles, die er zum Teil in drei verschieden ausführlichen Fassungen vorlegte (im Mittelalter, dem diese Schriften um 1250 bereits alle in lateinischen Übersetzungen vorlagen, hieß er deshalb schlechthin ›der Kommentator‹) und die von einer fast religiösen Verehrung für Aristoteles getragen sind. Angeregt hatte dieses Kommentarwerk Abu Bakr Ibn Tufail, der vor ihm Leibarzt in Marrakesch gewesen war und auf dessen Einfluss wesentlich die Erneuerung der ›echten‹, unverfälschten aristotelischen Lehren im 12. Jahrhundert zurückgeht. Zur Gruppe um Ibn Tufail zählte auch der Astronom Nur ad-Din al-Bitrudschi (lateinisiert: Alpetragius), der im Zuge dieser Rückbesinnung die aristotelische Himmelsphysik erneuerte und gegen Ptolemaios und seine Anhänger die zur Erde konzentrischen Bewegungen der Planetensphären verteidigte. Seine Schrift ›Über die Bewegungen der Himmel‹, die um das Jahr 1185 entstand, wurde bereits 1217 von Michael Scotus, dem Hofastronomen Friedrichs II. und wohl erfolgreichsten Übersetzer wissenschaftlicher Werke aus dem Arabischen, ins Lateinische übertragen und konnte starken Einfluss auf die Himmelsphysik der Scholastik in Westeuropa bis hin zur Erneuerung der Astronomie ausüben.

      Neben seinem ›Corpus Aristotelicum‹ verfasste Averroës eine Reihe von philosophischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen und medizinischen Werken und verteidigte Wissenschaft und Philosophie gegen die Angriffe, die ihnen von den muslimischen Theologen entgegengebracht worden waren. Mit Averroës starb der letzte Repräsentant der Philosophie und Wissenschaft des Maurenreiches. – Es waren dann besonders seine Lehren von dem anfanglosen Bestehen der Welt und dem Weltgeist oder der Weltvernunft, die sich nicht in der Seele des einzelnen Menschen vervielfältige, vielmehr allen Menschen gemeinsam sei und sich nur vorübergehend mit der Einzelseele verbinde, welche seine Anhänger, die sogenannten Averroisten, und seine Gegner, unter denen vor allem Albertus Magnus und Thomas von Aquino, die den Christlichen Aristotelismus schufen, zu nennen sind, heiße Kämpfe austragen ließen. Eine Folge dieser Lehren war nämlich beispielsweise das Leugnen der Unsterblichkeit der menschlichen Seele. Averroës suchte diese und andere Lehren dadurch mit dem ›Koran‹ zu harmonisieren, dass er dessen Aussagen einen mehrfachen Sinn unterlegte, während einzelne christliche Averroisten dem Konflikt mit dem Wortlaut der Bibel und der herrschenden Theologie dadurch zu entgehen suchten, dass sie davon ausgingen, etwas könne durchaus philosophisch wahr, aber theologisch falsch sein – womit ihnen einerseits die Möglichkeit gegeben war, zur Aussage der Bibel Widersprüchliches oder widersprüchlich Erscheinendes wenig­stens spekulativ zu durchdenken, und andererseits langsam der Boden vorbereitet wurde für die spätere strenge Scheidung der Theologie von Philosophie und Naturwissenschaft. Wegen dieser ›doppelten Wahrheit‹ wurden die averroistischen Lehren und die Averroisten 1270 an der Universität Paris und in der Folgezeit überall nördlich der Alpen verboten; in Italien konnte daraufhin insbesondere Padua zu einer Hochburg des Averroismus werden, der dann noch die methodischen Überlegungen eines Galileo Galilei beeinflussen sollte.

      Robert Grosseteste (Greathead)

      (* ca. 1168 Stradbrook [Suffolk],

       † 9. 10. 1253 Buckden [Buckinghamshire])

      Um die

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